Mit der Kampagne „Unsere Uni – unsere Verantwortung“ wollen wir für Gewalt und Diskriminierungen im universitären Alltag sensibilisieren, uns diesen entgegenstellen und Beratungsangebote bekannter machen.
Die Universität zu Lübeck versteht sich als vielfältiger Ort und bekennt sich, auch in ihrem Diversity-Profil und ihrer Diversitätsstrategie, zum Abbau von Diskriminierungen und gleichberechtigter Teilhabe aller. Bestimmte, oft historisch gewachsene Strukturen an Hochschulen begünstigen Diskriminierungen. Diese möchten wir mit der Kampagne benennen und ihnen entgegenwirken.
Von einem diskriminierungsarmen Umfeld profitieren nicht nur Einzelne, sondern die gesamte Hochschule, da Innovationen in einer perspektivreichen und wertschätzenden Umgebung gedeihen können und vielfältige Teams Potenziale wecken und bessere Ergebnisse erzielen.
Aus den Abfragen zu Diskriminierungserfahrungen in den Semesterevaluationen unter Studierenden wissen wir, dass an der Universität zu Lübeck Diskriminierungen in verschiedenen Kategorien erfahren werden.
Die Universität zu Lübeck beteiligte sich außerdem als eine von 46 Institutionen an der europaweiten UniSAFE-Studie. Diese zielte darauf ab, geschlechtsbezogene Diskriminierung und Gewalt an Forschungseinrichtungen zu untersuchen und Gegenmaßnahmen zu entwickeln. 258 UzL-Studierende und 225 Mitarbeitende nahmen 2022 daran teil, mit folgenden Ergebnissen:
- - 59% der Befragten haben Gewalterfahrungen gemacht seit sie an der UzL sind. Dies liegt knapp unter dem EU-Durchschnitt von 62%.
- - Alle Gruppen sind betroffen, Frauen jedoch signifikant häufiger als Männer (63% vs. 49%).
- - Subtilere Gewaltformen überwiegen (psychische Gewalt: 53%).
- - Es wurden auch Angaben gemacht zu: sexueller Belästigung: 23%; physischer Gewalt: 3%, sexueller Gewalt: 1%.
- - Vorfälle geschehen oft im gewohnten Umfeld sowie in Machtgefällen.
- - Betroffene machen nur selten Meldung, oft aus Unsicherheit.
- - Trotz alldem gaben 21% der Befragten an, zu glauben, die UzL habe keinerlei Probleme mit geschlechtsbezogener Gewalt.
Die Motive auf den Plakaten stehen jeweils für einen hochschulrelevanten Kontext: Machtmissbrauch, geschlechtsbezogene Gewalt, Sexismus, Sprache und Hate Speech, Schweigekultur, Diskriminierungen. Wir möchten informieren, aufmerksam machen und Betroffene unterstützen.
Wenn Sie Postkarten, Poster, Sticker oder Social-Media-Vorlagen kostenfrei bestellen möchten, wenden Sie sich bitte an: antidiskriminierung(at)uni-luebeck.de.
Diskriminierung ist die Benachteiligung von Menschen im Zusammenhang mit bestimmten Merkmalen wie Geschlecht, Hautfarbe, ethnischer oder sozialer Herkunft, Alter, Behinderung, Sprache, Religion, Weltanschauung, politischer oder sonstiger Anschauung, Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, sexueller Orientierung. Diesen Merkmalen wird ohne sachliche Begründung eine Bedeutung zugeschrieben, die Menschen im Zusammenhang mit einem oder mehreren dieser Merkmale entweder in eine Gruppe einschließt oder aus einer Gruppe ausschließt.
Diskriminierungen sind stets das Ergebnis gesellschaftlich etablierter Strukturen. Daher sollten sie nicht ausschließlich als individuelles Verhalten betrachtet werden, sondern sind in historisch gewachsene Kontexte eingebettet. Diskriminierungen passieren häufig unbeabsichtigt. Allerdings ist immer die Wirkung auf die Person(en) und nicht die Intention entscheidend. Es ist wichtig, sich darüber bewusst zu werden, dass jeder Mensch, unabhängig seiner persönlichen Situation, in bestimmten Kontexten Diskriminierung erfahren kann, aber auch selbst diskriminieren kann.
Asymmetrische Machtverteilung und Abhängigkeitsverhältnisse erhöhen das Gewaltrisiko. Sie betreffen im Wissenschaftssystem Personen in Prüfungs- und Bewertungssituationen wie Studierende, Auszubildende, Promovierende, befristet Beschäftigte, aber auch Personen mit ungesichertem Aufenthaltsstatus oder weniger Systemwissen. Dem steht eine mitunter starke Bündelung von Entscheidungsbefugnissen von Leitungspersonal gegenüber. Ungünstig wirkt in diesem Gefüge die durch das Missverhältnis von hohem Leistungsdruck bei nicht auskömmlicher Grundfinanzierung von Hochschulen erzeugte Tendenz zur Überlastung. Die Wechselwirkungen zwischen Machtgefällen, Diskriminierung und Sexismus sind vielfältig und haben viele unterschiedliche Ausprägungen. Der offene Brief „Professor*innen gegen Machtmissbrauch“ diskutiert das Thema öffentlich.
Ansprechstellen an der und rund um die Universität zu Lübeck finden Sie auf der Notfallkarte. Es gibt auch die Möglichkeit, Vorfälle anonym zu melden.
Ansprechstellen an der und rund um die Universität zu Lübeck finden Sie auf der Notfallkarte. Es gibt auch die Möglichkeit, Vorfälle anonym zu melden.
Sexismus meint die individuelle und strukturelle Diskriminierung von Menschen aufgrund ihres (zugeschriebenen) Geschlechts. Dazu zählen alle Formen von Abwertungen, Benachteiligungen oder Ausgrenzungen von Personen aufgrund ihres Geschlechts. Diese werden oft durch stereotype Rollenbilder und Vorurteile aufrechterhalten und begünstigt. An Hochschulen reichen Beispiele für individuellen Sexismus vom abwertenden Spruch oder Witz bis hin zu körperlichen sexistischen Handlungen. Institutioneller oder struktureller Sexismus kann an Hochschulen zum Beispiel eine Rolle spielen, wenn es um Stellenbesetzungen von (Führungs-)Positionen, Elternzeit oder Gehälter geht. Sexismus richtet sich meistens gegen Frauen oder gegen Menschen, die nicht der binären Geschlechternorm entsprechen.
Die Universität zu Lübeck ist Teil des Bündnisses "Gemeinsam gegen Sexismus". Ziel des Bündnisses ist es, Sexismus und sexuelle Belästigung zu erkennen, hinzusehen und zu zeigen, wie wir ihm gemeinsam entgegenwirken können.
Sexualisierte Diskriminierung und Gewalt (SDG) ist jedes psychische, physische oder verbale Verhalten mit sexuellem Bezug, dass von der betroffenen Person als grenzüberschreitend, d.h. unerwünscht und entwürdigend/verletzend empfunden wird oder darauf gerichtet ist, diese Wirkung zu erzielen. SDG ist eine spezifische Form der Macht- und Kontrollausübung und des Machtmissbrauchs und hat nichts mit Sexualität als einem grundsätzlich positiv gedeuteten Geschehen zu tun. Täter*innen handeln nicht (nur) aus einer sexuellen Intention heraus und es geht ihnen nicht um konsensualen sexuellen Kontakt. Stattdessen nutzen Täter*innen sexuelle und sexuell konnotierte Äußerungen und Handlungen, um Macht auszuüben. SDG kann auch unbeabsichtigt und von der ausübenden Person unbemerkt erfolgen, wenn die übergriffige Person nicht sensibel mit den Grenzen anderer Personen umgeht. Wann eine Grenze überschritten ist, hängt von der Perspektive der betroffenen Person ab. Quelle: bukof, Kommission Sexualisierte Diskriminierung und Gewalt
Kern des Beratungskonzeptes der Antidiskriminierungsstelle ist es, dass wir uns gegen eine Schweigekultur bei Übergriffen und diskriminierendes, beleidigendes oder unfaires Verhalten richten. Die Antidiskriminierungsstelle steht uneingeschränkt auf der Seite der Personen, die Diskriminierung erfahren.
Unsere Beratung ist uneingeschränkt vertraulich. Sie können sich auch an uns wenden, wenn Sie das Erlebte nicht oder noch nicht einordnen können. Oft ist es hilfreich, sich frühzeitig Hilfe zu suchen und für eine eigene Orientierung zu sorgen.
Generell sind Beratende an der Universität zu Lübeck einer respektvollen und wertschätzenden Haltung gegenüber Ratsuchenden verpflichtet und unterliegen einer Verschwiegenheitspflicht. Die ratsuchende Person bestimmt selbst, was er*sie über die eigene Person und das Beratungsanliegen offenbaren möchte.
Ratsuchende werden dabei unterstützt, relevante Informationen zu erhalten, Ressourcen zu finden und Lösungsstrategien zu entwickeln. Bei persönlicher Betroffenheit oder zu großer Nähe der beratenden Person wird die ratsuchende Person darüber informiert und die Beratung an eine geeignete andere Person bzw. Beratungsstelle delegiert. Die Grenzen dessen, was Ratsuchende über ihre Person oder Beratungsanliegen offenbaren möchten, sind für die Beratenden bindend. Mögliche Lösungswege, Strukturen und Grenzen werden den Ratsuchenden durch die beratende Person transparent gemacht.
Im Verlauf einer Antidiskriminierungsberatung kann sich herausstellen, dass ein formales Beschwerdeverfahren nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz gewünscht oder auch ratsam ist. Hierfür ist dann die AGG-Beschwerdestelle zuständig. Wie ein solches Verfahren ablaufen kann, kann hier nachgelesen werden: exemplarisches AGG-Beschwerdeverfahren.
Schweigekultur meint, dass über bestimmte Themen wie etwa sexualisierte Gewalt oder Diskriminierungen nicht gesprochen wird. Schweigekultur führt dazu, dass Betroffene von sexualisierter Gewalt sich nicht trauen, das Thema bei anderen oder gar in der Öffentlichkeit anzusprechen. Es führt auch dazu, dass diese Themen in der Wahrnehmung gar nicht vorkommen und Betroffene sich mit ihrer Erfahrung alleine fühlen. Schweigekultur schützt die Täter*innen und trägt zur Aufrechterhaltung von Diskriminierung, Missbrauch und Gewalt bei. An Hochschulen kann sich Schweigekultur darauf beziehen, dass sexistisches Verhalten von Mitgliedern der Hochschule nicht angesprochen wird und dass Menschen, die von Diskriminierung oder sexualisierter Gewalt betroffen sind, nicht zugehört wird. Schweigekultur bedeutet auch, dass Diskriminierungen aktiv ignoriert und nicht benannt werden und so Betroffene nicht unterstützt werden.
Gewalt beginnt nicht erst mit Schlägen.
Drohungen, Beleidigungen, Erniedrigungen oder Hänseleien, oft in Form von vermeintlichen Witzen, sind weit verbreitet und oft subtil genug, um nicht sofort als Gewalt erkannt zu werden. Wenn im Internet verbale Gewalt eingesetzt wird, um Menschen herabzusetzen, auszugrenzen und zu beleidigen, spricht man auch von Hate Speech. Beruht dies auf einem tatsächlichen oder zugeschriebenen Gruppenmerkmal (z. B. Geschlecht, Hautfarbe), spricht man auch von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit. Verbale Gewalt ist gefährlich, weil sie die Betroffenen verletzen und einschüchtern kann, das Diskussionsklima schädigt und auch über das Internet eine große Zahl von Menschen verunsichern kann und die Täter*innen zunehmend enthemmt handeln können. Zu einem respektvollen Umgang gehört auch, Menschen mit ihrem gewählten Namen anzusprechen, diskriminierende Begriffe zu vermeiden und eine möglicht sensible und inklusive Sprache zu verwenden, um andere nicht zu verletzen.
Diskriminierungen können unterschiedliche Formen annehmen. Manchmal sind sie auch nicht leicht als solche zu erkennen. Allen gemein ist, dass die Benachteiligung aufgrund eines schützenswerten Merkmals stattfindet. Die Unzulässigkeit einer Benachteiligung aufgrund schützenswerter Merkmale ist im Grundgesetz (Art. 3) und im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz festgeschrieben.
Diskriminierungen können entweder direkt im persönlichen Kontakt mit anderen auftreten (unmittelbare Diskriminierung) oder indirekt, wenn Regelungen oder Entscheidungen eine bestimmte Gruppe benachteiligen (mittelbare Diskriminierung). Menschen können auch gleichzeitig von mehreren Diskriminierungskategorien betroffen sein. Für Personen, die von Diskriminierung betroffen sind, bedeuten diese Erfahrungen individuelle Verletzungen, führen zu (chronischem) Stresserleben und erheblichen Einschränkungen in der Teilhabe. Oft wird den Betroffenen die Schuld für die diskriminierende Situation gegeben, die Erfahrung wird abgewertet oder ins Lächerliche gezogen. Das kann dazu führen, dass Betroffene erst spät oder gar nicht von der Diskriminierung berichten.
Um Vorfälle als Diskriminierung einordnen zu können, helfen folgende Fragen:
1. Liegt eine Benachteiligung vor?
2. Entsteht die Benachteiligung aufgrund eines schützenswerten Merkmals?
3. Gibt es eine sachliche Rechtfertigung für die Benachteiligung?
Eine sachliche Rechtfertigung ist z.B. der Jugendschutz bei der Ausgabe alkoholischer Getränke oder, an der Hochschule, Programme zur Frauenförderung und dass barrierefreie Wohnheimszimmer präferiert an Menschen mit nachgewiesenem Bedarf vermietet werden. Diskriminierung kann sich im Alltag unter anderem durch Witze, Nicht-Beachtung, Ausschluss oder Gewalt zeigen. Beispiele für Diskriminierungen im Hochschulalltag sind unter anderem:
- Ein Kollege erfährt aufgrund seiner sexuellen Identität beleidigende Sprüche oder unangebrachte Anmerkungen, z.B. in Arbeitsmeetings.
- Ein Studierender wird aufgrund seiner Hautfarbe bei Klausuren benachteiligt und hat schlechtere Chancen auf eine gute Note.
- Eine Mitarbeiterin wird aufgrund ihres Geschlechts abgewertet und ihr wird eine Beförderung verwehrt, obwohl sie die erforderlichen Qualifikationen erfüllt.
- Mitarbeitende ohne deutsche Sprachkenntnisse werden von Forschungsprojekten ausgeschlossen, da sie nach Ansicht der Projektgruppe den Prozess verlangsamen würden und so eventuell das Projektziel nicht erreicht werden könnte.
- In der medizinischen Lehre werden Auswirkungen von Krankheiten auf unterschiedliche Hautschattierungen oder Geschlechter nicht berücksichtigt.
- Rollstuhlfahrende Studierende können grundsätzlich an Veranstaltungen in einem bestimmten Hörsaal nicht teilnehmen, da der barrierefreie Umbau aus Kostengründen nicht umgesetzt wird.
Übergriffigen Verhaltensweisen oder Handlungen gemein ist der sexuelle bzw. sexuell konnotierte Bezug, der einseitig von einer Person ausgeht und von der anderen Person als grenzüberschreitend, unangenehm, unangemessen, verletzend oder herabwürdigend empfunden wird, z.B. obszöne Äußerungen, Sexuelle Belästigung, Stalking, aber auch die ungefragte Doppelzimmerbuchung auf Dienstreisen oder eine Einladung in die Privatwohnung zum Besprechen von Prüfungsergebnissen. Die Online-Handreichung der bukof-Kommission „Sexualisierte Diskriminierung und Gewalt an Hochschulen“ bietet viele Orientierungspunkte und Beispiele.
Die Kampagne wurde durch die UniSAFE-AG mit Mitgliedern aus Verwaltung, Wissenschaft und Studierendenschaft erarbeitet. Grafik und Design stammen von Eva-Maria Birkhoff und Alexandra Klenke-Struve. Weitere Informationen finden Sie auf der UniSAFE-Website sowie auf der Website der HRK-Initiative Vielfalt an deutschen Hochschulen. Das Projekt ist Teil der ,Initiative Vielfalt an deutschen Hochschulen‘ der HRK, die aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wird.
für die Ukraine