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Dienstag, 09.06.2015

Historie

Altstadtsanierung schafft neues Studentenwohneim

"Urgemütlich sind die geschmackvoll skandinavisch möblierten 'Buden'" (Lübecker Nachrichten vom 27. Juni 1974; Foto: Pätow)

Im Juni 1974 konnte das sanierte, über 500 Jahre alte v.-Wickede-Stift in der Glockengießerstraße seiner neuen Nutzung übergeben werden

Dreizehn moderne Appartements waren in dem zuvor vom Verfall bedrohten, denkmalgeschützten Gebäude entstanden. "Die Hansestadt ist mit dem, was sie erbte, nicht immer nur glücklich geworden, manches war und ist auch eine Last", sagte Sozialsenator Kaske beim Rundgang durch die eindrucksvolle neue Anlage. Tatsächlich hatte sich bei der Renovierung des Stifts, das vom Sozialamt in der Sammelstiftung Lübecker Wohnstifte verwaltet worden war, erheblicher Sanierungsbedarf gezeigt. Dies betraf alle tragenden Holzbalken, die teilweise ausgewechselt werden mussten, und die seitlichen Brandmauern.

Dafür gab es aber auch positive Überraschungen für die Denkmalschützer und Kunsthistoriker. An den Seitenwänden im Erdgeschoss wurden gotische Bogennischen freigelegt, die zweifellos in die Zeit des ersten Baues der Stiftung im 14. Jahrhundert weisen. 1337 war das Grundstück von einem Gheradus de Odeslo gekauft, 1397 eine wohltätige Stiftung für die ordensähnliche Glaubensgemeinschaft der Beginen eingerichtet worden.

"Über Beginen habe ich mich im Lexikon informiert", sagte der Geschäftsführer der Lübecker Siedlungs-Gesellschaft, Wischmeyer, bei der Besichtigung. "Das waren Frauenvereine zum gemeinsamen andächtigen Leben, ohne Klostergelübde." Dabei drehten sich die Gäste schmunzelnd zu den Studenten um, und die Studenten schmunzelten zurück, berichteten die Lübecker Nachrichten.

Seinen Namen trägt das Stift nach dem 1491 verstorbenen Ratsherrn Johannes von Wickede, der zum Verwalter des Armenstifts wurde und es durch verschiedene Zuwendungen förderte.

Einhellige Begeisterung, so der Zeitungsartikel, herrschte über die geschmackvolle Einrichtung der Studentenzimmer, über die lichte, skandinavisch möblierte Eingangshalle und über das ehemalige Abstellgebäude im Innenhof, das jetzt zum Gemeinschaftsraum mit einer rustikalen Bar hergerichtet war. "Schon nach einigen Jahren wird man nicht mehr danach fragen, wieviel die Sanierung eines denkmalgeschützen Gebäudes gekostet hat, sondern sich einfach daran freuen, dass ein Teil historischer Altstadtsubstanz erhalten blieb", sagte Wischmeyer.

Das traf und trifft zu: Die Sanierung des Wickede-Stifts erwies sich als vorausschauend und nachhaltig. Die Appartements sind auch heute noch Studentenwohnheim.

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Lübecker Nachrichten vom 27. Juni 1974