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Donnerstag, 26.02.2015

Historie

Gedenkstein für die Opfer der Euthanasie

"Ein Findling, der gestern seiner Bestimmung übergeben wurde, erinnert an das grauenvolle Schicksal der deportierten Patienten." (Lübecker Nachrichten vom 25. März 1983; Foto: Kranz-Pätow)

Ein dunkles Kapitel aus der Vorgeschichte der Universität wurde 1983 aufgearbeitet. Den Anstoß dazu hatten die Studierenden mit der Ringvorlesung „Medizin und Nationalsozialismus“ gegeben

Darin erinnerten sie im Wintersemester 1981/82 an die Verschleppung von 605 Patientinnen und Patienten der damaligen Heilanstalt Strecknitz am 23. September 1941. „Für die meisten war es ein Weg ohne Wiederkehr“, heißt es auf dem Gedenkstein, der im März 1983 auf dem Gelände der Universität in der Nachbarschaft der psychiatrischen Klinikgebäude enthüllt wurde und dort auch heute liegt.

Die Deportation der letzten Kranken auf Befehl der nationalsozialistischen Regierung war zugleich das Ende der 1912 gegründeten Heilanstalt Strecknitz. Auf dem Lübecker Güterbahnhof bot sich am frühen Morgen dieses regnerischen Septembertages „ein entwürdigendes Bild. Hunderte von Menschen, schwankend, kaum gehfähig, bis zur Lächerlichkeit unter viel zu große Hüte und in viel zu bunte und total unpassende Kleidung gezwängt, wankten in bereitstehende Eisenbahnwaggons, um eine Reise anzutreten, von denen die meisten nicht mehr zurückkommen sollten“, heißt es in dem Artikel der Lübecker Nachrichten „Zum Gedenken an den massenhaften ‚Gnadentod‘“ vom 25. März 1983.

Die Patienten aus Strecknitz wurden nach Hessen gebracht und dort auf die Anstalten Eichberg, Herborn, Weilmünster und Scheuern verteilt. „Diese sog. Zwischenanstalten sind zu diesem Zeitpunkt wegen der vorübergehenden Schließung der Vernichtungsanstalt Hadamar rettungslos überfüllt. Dies bewirkt zusammen mit der systematischen Unterversorgung an Nahrungsmitteln und Beheizung ein massenhaftes Sterben: In Weilmünster und Eichberg, wo über 80 % der Strecknitzer Patienten untergebracht waren, starben bis Ende 1943 400 von 546 Patienten, am Ende des Krieges lebten dort noch 49 Kranke aus Strecknitz“, schrieb Peter Delius, AStA-Mitglied und Mitinitiator der Ringvorlesung, in seiner Dissertation („Die Lübecker Heilanstalt Strecknitz und ihre Auflösung im Jahre 1941. Aktenauswertung, Augenzeugnisse und Angehörigengespräche. Ein Beitrag zur Sozial- und Wirkungsgeschichte der Psychiatrie im Nationalsozialismus“, Lübeck 1985; hier: S. 148 f).

Die nun leer stehenden Gebäude der Heilanstalt Strecknitz wurden von der militärisch organisierten Bautruppe „Organisation Todt“ mit der Begründung fehlender Lazarettkapazitäten als Ausweichkrankenhaus requiriert. In der Folge wurden sie zu dem insgesamt 1.400 Patienten fassenden „Krankenhaus Ost“ ausgebaut.

An dem neuen Gedenkstein sprachen 1983 der Direktor der Klinik für Psychiatrie, Prof. Dr. Horst Dilling, und der Präsident der damaligen Medizinischen Hochschule Lübeck, Erhard D. Klinke. Er wies auf die, damals wie heute, leidvollen Beispiele von Deportation und Ermordung in vielen Teilen der Erde hin. „Sie zeigten, wie leicht ideologische Verblendung zur Unmenschlichkeit führe und wie wichtig es sei, dem zu begegnen“, zitiert ihn der Zeitungsartikel.

Die Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit in der Lübecker Psychiatrie wurde fortgeführt, unter anderem mit der auf einer Dissertation basierenden Buchveröffentlichung von Kathrin Schepermann und Horst Dilling: „Schicksale Psychiatrischer Patienten der Lübecker Heilanstalt Strecknitz im Dritten Reich“ (Veröffentlichungen zur Geschichte der Hansestadt Lübeck, herausgegeben vom Archiv der Hansestadt, Reihe B Band 38, Schmidt-Römhild, Lübeck 2005).

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Ebd.