Der Hendrik-Lehnert-Preis für studentisches Engagement im Jahr 2018 ging an Elena Spall und die Initiative Future EDM sowie an Philip Queßeleit für sein Engagement in den Gremien unserer Universität
Die Wurzeln unseres Vereins Future EDM keimten, als ich mit 17 Jahren einem Impuls folgte, meine Sommerferien in Afrika zu verbringen. Um genau zu sein, während eines Praktikums in einem Kinderkrankenhaus in M’bour, einer Küstenstadt im Senegal. Trotz der schockierenden Armut, die man im Alltag z.B. durch bettelnde Straßenkinder nicht übersehen konnte, prägte mich nachhaltig vor allem die Großzügigkeit der Senegalesen und die Begegnung mit einer Kinderkrankenschwester namens Sophie N’diaye. Sie hatte das Doppelte meines damaligen Taschengeldes für die Ernährung ihrer ganzen Familie zur Verfügung und gab trotzdem den Großteil davon an Bedürftige in ihrem Viertel ab. Zu sehen, wie viel man mit einfachen Mitteln verändern konnte, motivierte mich, mich nach Rückkehr für Kinder im Senegal einzusetzen.
In den ersten Jahren belief sich das vor allem auf medizinische Akuthilfe. Da es mir um eine möglichst nachhaltige Entwicklung im Senegal geht, wurde mir klar, dass dies am ehesten durch eine Förderung der Selbstbestimmung der Jugend durch Bildung und Gesundheitsprävention möglich ist. Mit dieser Idee fand ich an der Uni Lübeck gleichgesinnte und neugierige Kommilitonen, und gemeinsam gründeten wir 2014 Future EDM. Wir schätzen die Zusammenarbeit auf Augenhöhe mit unserem Partnerverein im Senegal, der von Sophie N’diaye gegründet wurde.
Seit unserer Gründung konnten wir zusammen schon einiges bewirken wie z.B. den Aufbau eines Bildungszentrums, Finanzierung von 30 Schulpatenschaften, Sprachförderung von 80 Straßenkindern, Vorbereitung von 70 Kindern auf die Grundschule, ein Spendenerwerb von ca. 120.000 Euro und die Ausbildung von 300 jungen Senegalesen zu Gesundheitsbotschaftern.
Dieses aktuellste Projekt steht unter dem Motto ›Gesundheit durch Bildung‹ und schult freiwillige Jugendliche aus dem Senegal über vier Wochen in den Grundlagen der Sexualkunde, Prävention von Krankheiten und Hygiene. Anschließend reisen sie in ländliche Gebiete und geben dort Seminare für Gleichaltrige, um ihr erlerntes Wissen weiterzutragen. Dieses Projekt basiert auf einem Schulungskonzept von UNICEF,
US-Aid und dem senegalesischen Gesundheitsministerium und konnte bereits über 40.000 Senegalesinnen und Senegalesen landesweit erreichen.
Warum ich mich seit so langer Zeit ehrenamtlich engagiere? Diese Frage wird für mich immer wieder beantwortet, wenn ich alle zwei Jahre in den Senegal fliege und dort die Dankbarkeit der Jugendlichen erlebe, die wir unterstützen können. Ich bin mir bewusst, dass unser Wirken nicht die Welt verändern wird, aber wenn sich die ganze Welt für die Menschen ändert, die wir mit unserem Wirken erreichen, ist das doch ein guter Anfang.
Elena Spall
Schon zu Schulzeiten war ich nie der Mensch, der den Mund gehalten hat und alles über sich ergehen ließ. Meinen Lehrerinnen und Lehrern habe ich sehr klar vermittelt, dass ich bestimmte Dinge ungerecht oder sinnlos fand. Als Klassensprecher erweiterte ich dies auf die Strukturen meines Gymnasiums und probierte die verschiedenen Möglichkeiten des Engagements aus. Dabei habe ich auch unbeliebte Aufgaben nicht gescheut. Da mir die Arbeit in der Schülervertretung sehr gut gefallen hatte, war schon während meiner Abizeit klar, dass ich mich auch in der Studierendenvertretung engagieren würde. Dementsprechend habe ich etwas überambitioniert in meiner eigenen Vorwoche mitgeholfen, Veranstaltungsequipment abzubauen und dabei Menschen ausgefragt, was man in der Studierendenvertretung so machen kann.
Die anfallende Arbeit in einer Studierendenvertretung ist vielseitig und schafft dadurch viele Optionen des Engagements. Hinzu kommt, dass kaum Themen oder Bereiche existieren, die bereits so ausgefüllt sind, dass sie nicht mehr offen sind für neue Menschen oder Ideen. Das gibt allen die Möglichkeit, sich auszuprobieren und Erfahrungen zu sammeln. Für meine persönlichen Erfahrungen in der Studierendenvertretung bin ich sehr dankbar. So wurden mir die Finanzen einer Körperschaft mit knapp einer Million Euro Jahresumsatz anvertraut, was ein großes Paket an Verantwortung mit sich brachte. Zudem durfte ich an Vertragsverhandlungen teilnehmen, die das Leben tausender Menschen beeinflussen werden, und das möglicherweise über Generationen hinweg. Ehrlicherweise muss man sagen, dass der Umfang dieser Vertragsverhandlungen auch für die Studierendenvertretung etwas Besonderes und eine seltene Chance war. Es waren Vertragsverhandlungen mit einem Volumen von 16 Millionen Euro pro Jahr, mit unbegrenzter Laufzeit und der Herausforderung der Vereinbarkeit diverser Interessen und sogar einer Landesförderung. Nun beende ich demnächst mein Studium und kann von mir behaupten, dass ich solche Erfahrungen noch vor dem Eintritt in die Arbeitswelt gesammelt habe. Sicherlich ist der Alltag in einem Unternehmen etwas anders als der Alltag an der Uni. Aber ich bin zuversichtlich, dass es Erfahrungen sind, die mir künftig helfen werden.
Für die Universität zu Lübeck wünsche ich mir, dass die Anzahl der Professoren und Professorinnen steigt, die ernsthaft versuchen, die Wünsche der Studierenden umzusetzen. Das ist etwas, was ich in meiner Zeit in der Studierendenvertretung teilweise vermisst habe, weil es eher darum ging, wie man die professoralen und nicht die studentischen Vorstellungen umsetzen kann. Dabei sollte die Universität doch ein Raum sein, der die Studis optimal mitnimmt, um dadurch langfristig Menschen hervorzubringen, die unsere Gesellschaft verbessern. Darüber hinaus würde es mich freuen, wenn es in den nächsten Jahren, wie es in Flensburg bereits der Fall ist, auch studentische Senatsvorsitzende geben würde, da ich dies für einen progressiven Schritt in Richtung einer Universität halte, die für Studis optimiert ist.
Niemand ist perfekt, und so hat nicht nur die Universität zu Lübeck Baustellen, an denen es zu arbeiten gilt, sondern auch ich habe Baustellen, an denen ich arbeiten muss. Dabei glaube ich, dass mein Studium und insbesondere die Arbeit in der Studierendenvertretung viel dazu beigetragen haben, dass ich an mir arbeiten konnte. Auch glaube ich, dass ich für die Zukunft einiges mitnehme, um weiter an mir arbeiten zu können. Zudem kann ich trotz meiner bestehenden Kritik an einigen universitären Strukturen von ganzem Herzen sagen, dass ich mich sehr wohl gefühlt und ich es nie bereut habe, mich damals für die Universität zu Lübeck entschieden zu haben.
Philip Queßeleit
Kommentare