Kein guter Tag für Schleswig-Holsteins Hochschulen - Aufhebung der Anwesenheitspflicht gefährdet den Studienerfolg
Prof. Dr. Hendrik Lehnert, der Präsident der Universität zu Lübeck, kommentiert die Verabschiedung des neuen schleswig-holsteinischen Hochschulgesetzes mit Enttäuschung und Kritik. Wie auch die anderen Präsidien der Hochschulen des Landes bedauert er das weitgehende Fehlen erkennbarer wissenschaftspolitischer Zielsetzungen der Regierungsfraktionen, mit denen die Hochschulen gut gerüstet in die Zukunft zu führen wären.
Die Landesrektorenkonferenz hatte zur heute (17. Dezember 2015) erfolgten Verabschiedung des Gesetzes wie folgt Stellung genommen:
"Dies ist kein guter Tag für Schleswig-Holsteins Hochschulen. Die Landesrektorenkonferenz ist enttäuscht von der mangelnden Dialogbereitschaft der Regierungsfraktionen. Eine Kommunikation mit den Universitäten und Fachhochschulen über die kurzfristig aufgenommenen Änderungen hat nicht stattgefunden. Es ist sehr bedauerlich, dass mit dem neuen Gesetz kaum wissenschaftspolitische Ziele verfolgt werden, die die Hochschulen gut gerüstet in die Zukunft führen. Stattdessen werden selbst gut gemeinte Ziele wie beispielsweise mehr studentische Partizipation oder erhöhte Transparenz und Demokratie durch das Gesetz eher erschwert als befördert. Studentische Partizipation wird beispielsweise lediglich im neu eingeführten 'erweiterten Senat' erhöht, der jedoch keinerlei Befugnisse im Bereich Studium und Lehre hat. Transparenz und Demokratie werden durch die deutliche Erweiterung und das öffentliche Tagen der Gremien verhindert, da richtungsweisende Entscheidungen nun hinter verschlossenen Türen vorverhandelt werden. Die Verantwortung für die sehr wahrscheinlich ansteigende Studienabbruchquote als Folge der Abschaffung der Anwesenheitspflicht lehnen wir ab. Wir sind überzeugt davon, dass der Korrekturbedarf des neuen Gesetzes sehr bald offensichtlich werden wird. Es bleibt die Hoffnung, gemeinsam mit den politisch Verantwortlichen im kommenden Jahr wieder gute und konstruktive Lösungen zu finden."
Bereits im Vorfeld der abschließenden Beratung hatte Prof. Lehnert, ebenfalls in voller Übereinstimmung mit den von der Landesrektorenkonferenz vorgetragenen Kritikpunkten, auf das Nachdrücklichste gegen die ohne Absprache noch vorgebrachten Änderungsabsichten der Regierungskoalition für die Novellierung des Gesetzes protestiert. Für die Universität zu Lübeck gefährdet der massive Eingriff in die Gremienstruktur u.a. mit der Schaffung des erweiterten Senates die Arbeitsfähigkeit und die Autonomie der Universität. Die Aufhebung der Anwesenheitspflicht in den Lehrveranstaltungen untergräbt die Anstrengungen der Universität im Bereich der Lehre und gefährdet den Studienerfolg der Studierenden.
Der Transparenzgedanke wird mit dem neuen Gesetz in sein Gegenteil verkehrt, weil die Konsequenzen für die Hochschule nicht bedacht sind. So kann bisher die Hochschulöffentlichkeit an allen Senatssitzungen teilnehmen und ist damit in die Meinungsbildung innerhalb der Universität unmittelbar eingebunden. Sollte zukünftig eine vollständige Öffentlichkeit auch für Nicht-Universitätsmitglieder erzwungen werden, würde dies zur Folge haben, dass kontroverse Themen in einen nicht-öffentlichen Teil der Sitzung verlegt und so unter Ausschluss auch der Hochschulöffentlichkeit behandelt würden. Insgesamt werden die geplanten Änderungen im Universitätsalltag nicht zu mehr Demokratie, sondern zu mehr Bürokratie führen und die Hochschulentwicklung nachhaltig beeinträchtigen.
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Folge 27 zu "Bleibt am Ende nur die Hoffnung?"
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