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Dienstag, 09.11.2021

Veranstaltungen

Abend der Vielfalt 2021

Der bunt erleuchtete Chorraum der Universitätskirche St. Petri. Foto: Guido Kollmeier

"Vielstimmig gegen Hass" - von vielfältiger Toleranz und vom Brücken bauen

Während die Musik durcheinanderwirbelte und das Publikum im Geiste mit auf die Reise nahm, war es in der bunt erleuchteten Universitätskirche St. Petri bis auf die Musik ganz still. „Das war das Ensemble Vagabund. Das Stück hieß turcerska. Das ist rumänisch und heißt übersetzt türkisch", begrüßte Hausherr Pastor Bernd Schwarze die Gäste zu Beginn des Abends der Vielfalt. Und so lebendig wie der musikalische Einstieg sollte es weitergehen. „Vielfalt braucht Diskurs, um sich zu entfalten und sich zu entwickeln. Den wollen wir heute bieten.“, sagte die Präsidentin der Universität zu Lübeck, Frau Prof. Dr. Gillessen-Kaesbach während Ihrer Begrüßung im Namen der drei ausrichtenden Lübecker Hochschulen.

Zum ersten Mal veranstalten die Uni, die TH und die MHL den „Abend der Vielfalt“ gemeinsam. Die Veranstaltung fand unter der Schirmherrschaft und Mitwirkung von Bundespräsident a. D. Joachim Gauck statt.

Seufzend begann der Bundespräsident a.D. Joachim Gauck seinen Vortrag:“9. November und ich bin hier. Natürlich ist dieses Datum ein sehr ambivalentes Datum.“ Der Tag erinnere uns an tiefes Versagen und an wunderbares Gelingen, fügte er hinzu während er die verschiedenen Jahre ansprach, in denen der 9. November eine Rolle spielte. Er erinnerte an die Reichspogromnacht 1938 und den tiefen Fall des Landes, aber auch an die Wiedervereinigung Deutschlands im Jahr 1989, die durch den Mauerfall begann. Toleranz sei für ihn nicht Gleichgültigkeit. Das sei zu einfach. Toleranz sei nicht zwangsläufig auch Anerkennung, führte er weiter aus. Auch Streit sei eine Art von Toleranz, sagte Gauck. Das sei nicht einfach, gehöre zur Toleranz aber dazu. Gerade in Bezug auf die AfD falle es ihm oft schwer, diese Art der Toleranz selbst zu leben. „Tolerieren heißt nicht mögen, sondern es kann auch heißen, dass ich gezwungen bin zu kämpfen“, so Gauck. Der Applaus währte lange nach diesem Impulsvortrag.

Und so waren die ersten Worte des Poetry Slamers Lars Ruppel „Ich fühle mich nicht wohl in diesen großen Fußspuren meines Vorredners.“ Er bringe aber drei Themen mit: sein Leben, die Poesie und Borussia Dortmund. „Das muss Ihnen nicht gefallen, wie wir gerade gelernt haben.“, sagte er schmunzelnd. Vielfalt ist eine Schatztruhe. Sprache der Schlüssel dazu, so rappte Poetry-Slamer Lars Ruppel und erntete viel Applaus für seine gereimte Einstimmung vor der Podiumsdiskussion.

Das Podiumsgespräch war das Herzstück des Abends der Vielfalt, mit prominenten Gästen: Deidre Berger / Vorstandsvorsitzende der Jewish Digital Cultural Recovery Project Stiftung diskutierte mit Joachim Gauck / Bundespräsident a. D. und Giovanni di Lorenzo / Chefredakteur, DIE ZEIT. Gekonnt moderiert wurde das Gespräch von Max Schön, dem Vorsitzenden, Possehl-Stiftung Lübeck.

Brücken bauen kann man lernen, war die erste Feststellung, die den Raum füllte. Und Brücken bauen müssen immer beide Seiten, war die zweite Erkenntnis, die Deidre Berger formulierte. Giovanni di Lorenzo, Chefredakteur der Zeit, wurde von Moderator Max Schön auf seine Kindheit und seine Jahre in Schweden, Italien und Deutschland angesprochen. „Das Gefühl fremd zu sein, ist das Leitmotiv meiner Kindheit und Jugend gewesen“, erzählte er. Deutschland sei in seiner Kindheit und Jugend sehr fremdenfeindlich gewesen, berichtet er. Gauck bezeichnete sich als Mann des gesprochenen Wortes. „Das ist früh in mein Leben gekommen.“ Unrecht ist sehr früh in sein Leben gekommen. Das Pastor-Sein gab ihm Sinn und Halt. Allen dreien ist das Gefühl bekannt, ausgegrenzt zu werden, wird im Laufe der Diskussion klar.

Abgerundet wurde die Diskussion mit einer kurzen Fragerunde aus dem Publikum. Eine Poetische Zusammenfassung, noch einmal Musik und eine Einladung zum Bistro rundeten den Abend ab.

Veranstalter und Podiumsgäste auf einem Bild. Foto: Guido Kollmeier

Gespannt lauscht das Publikum. Foto: Guido Kollmeier

Die Segel in der Universitätskirche St. Petri erstrahlten in vielen Farben. Foto: Guido Kollmeier

Prof. Dr. Gabriele Gillessen-Kaesbach begrüßt die Zuschauerinnen und Zuschauer zum Abend der Vielfalt in der ausgebuchten Universitätskirche. Foto: Guido Kollmeier

v.l.n.r.: Max Schön, Joachim Gauck, Gabriele Gillessen-Kaesbach, Giovanni Di Lorenzo, Deidre Berger, Klaus Puschaddel, Sandra Magens. Foto: Guido Kollmeier

Publikum, Musikerinnen und Musiker. Foto: Guido Kollmeier