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Sonntag, 12.04.2015

Lehre

Antrittsvorlesung: Rehabilitation und Arbeit

Prof. Dr. Matthias Bethge

Antrittsvorlesung von Prof. Dr. phil. Matthias Bethge am 28. April (17 Uhr c.t., Hörsaal T1, Transistorium)

Rehabilitation ist neben Prävention, Akutversorgung und Pflege eine der vier großen Gesundheitsstrategien. Ihre Bedeutung wird in den kommenden Jahren angesichts alternder Belegschaften und des sich für die sozialen Sicherungssysteme ungünstig entwickelnden Altersquotienten noch zunehmen. Rehabilitationsforschung ist daher unverzichtbar für universitäre Forschung und Lehre.

Rehabilitative Versorgung, die auf Verbesserung und Wiederherstellung von Erwerbsfähigkeit gerichtet ist, steht vor der Herausforderung, Problemlagen frühzeitig zu erkennen, um dann zielgruppenspezifisch den Zugang zu evidenzbasierten Versorgungsangeboten zu ermöglichen. Die Antrittsvorlesung wird danach fragen, welchen Beitrag eine rehabilitative Versorgungsforschung dazu leisten kann. Mögliche Antworten werden entlang von fünf Funktionen skizziert, die Versorgungsforschung wahrnehmen kann (Beschreibungsfunktion, Erklärungsfunktion, Gestaltungsfunktion, Begleitungsfunktion, Belegfunktion). Aus diesen Überlegungen lassen sich sechs Herausforderungen für zukünftige Forschungsaktivitäten ableiten.

Erstens muss rehabilitationswissenschaftliche Forschung einen Fokus auf Rehabilitationsbedarf und Rehabilitationszugang legen. Bedarfsgerechter Zugang ist nicht nur ein Menschenrecht, sondern auch ein wesentlicher Moderator für wirksame Versorgung.

Zweitens ist rehabilitative Versorgungsforschung angesichts des komplexen in der International Classification of Functioning, Disability, and Health beschriebenen Behinderungsmodells auf einen interdisziplinären Zugang angewiesen. Neben einer medizinischen Perspektive braucht rehabilitative Versorgungsforschung angesichts der Bedeutung personaler Kontextfaktoren auch psychologische und pädagogische Expertise. Die Relevanz des sozialen Kontextes verweist zudem auf die Notwendigkeit einer sozialwissenschaftlichen Auseinandersetzung.

Drittens muss rehabilitationswissenschaftliche Forschung den gesamten Rehabilitationsprozess fokussieren, um entlang dieses Prozesses offene Versorgungsfragen zu identifizieren und neue Lösungsstrategien zu entwickeln.

Viertens braucht Rehabilitation, die auf Erwerbsfähigkeit und Teilhabe gerichtet ist, funktionierende Schnittstellen in die sozialen Lebenswelten der betroffenen Personen, d. h. auch in die Unternehmen, und gute regionale Netzwerke der an der Versorgung beteiligten Akteure.

Fünftens gilt es da, wo randomisiert kontrollierte Studien nicht möglich sind, Längsschnittdatensätze aufzubauen, die mit entsprechenden Methoden zur Bewertung von Programmeffekten genutzt werden können. Dabei sind auch administrative Daten zu integrieren.

Sechstens braucht rehabilitationswissenschaftliche Forschung eine internationale Perspektive. Zum einen lassen sich globale Herausforderungen identifizieren, die sinnvoll nur gemeinsam und transnational zu bewältigen sind. Zum anderen sind Stärken, aber auch Grenzen des eigenen Systems oft erst im Vergleich zu erfassen.

(W2-Stiftungsprofessur für Rehabilitation in der Arbeitswelt)

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