Antibiotikum Azithromycin hilft Dauerausscheidern des EHEC-Ausbruchsstamms O104:H4
Der mit 10.000,- Euro dotierte Wolfgang-Stille-Preis (Wissenschaftspreis) der Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie (PEG) wurde in diesem Jahr zu gleichen Teilen an zwei Arbeitsgruppen aus Lübeck und Bonn mit herausragenden Ergebnissen verliehen.
Prof. Dr. med. Johannes Knobloch aus dem Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene sowie Dr. Martin Nitschke und Dr. Friedhelm Sayk, Medizinische Klinik I, des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, und ihre Arbeitsgruppe erhalten den Preis für ihre Arbeit „Association Between Azithromycin Therapy and Duration of Bacterial Shedding Among Patients With Shiga Toxin-Producing Enteroaggregative Escherichia coli O104:H4“.
Die von der interdisziplinären Forschergruppe vorgelegte Arbeit beschreibt einen neuen Therapieansatz zur antibiotischen Eradikation von Dauerausscheidern Shiga-Toxin produzierender Escherichia coli (STEC). Im Frühsommer vergangenen Jahres ereignete sich in Norddeutschland ein großer Ausbruch mit dem bisher selten isolierten Erreger STEC O104:H4. Im Gegensatz zu vorangegangenen Ausbrüchen waren überwiegend erwachsene Patienten mit einem hohen Anteil von hämolytisch-urämischen Syndrom (HUS) betroffen. Im Rahmen einer experimentellen Therapie mit dem Monoklonalen Antikörper Eculizumab bei schweren Verlaufsformen von HUS wurde das Antibiotikum Azithromycin als Meningitisprophylaxe eingesetzt.
Die Lübecker Forschergruppe konnte durch engmaschige Überwachung der Ausscheidungsdauer des Ausbruchsstamms STEC O104:H4 in einem Patientenkollektiv von 65 Patienten beobachten, dass die Meningitisprophylaxe mit Azithromycin über 14 Tage zu einer signifikanten Verkürzung der Ausscheidungsdauer des Ausbruchsstamms führte. Viele der nicht mit Azithromycin therapierten Patienten hatten eine Ausscheidungsdauer von über 30 Tagen.
Auf Grund dieser Beobachtungen wurde Patienten, welche durch die Ausscheidung von STEC O104:H4 in ihrem beruflichen und privaten Umfeld stark eingeschränkt waren, eine Dekolonisationstherapie mit Azithromycin über drei Tage angeboten. Bei 15 Patienten konnte die Forschergruppe zeigen, dass der Erreger innerhalb von wenigen Tagen nachhaltig aus dem Darm eliminiert wurde, ohne dass Zeichen einer klinischen Verschlechterung beobachtet wurden. Alle Patienten konnten in ihren normalen Alltag zurückkehren. Die Ergebnisse der Studie wurden im März 2012 in The Journal of the American Medical Association (JAMA) veröffentlicht.
Aus dem Institut für Medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Parasitologie der Medizinischen Fakultät der Universität Bonn wurde der Preis Dr. rer. nat. Sabine Specht stellvertretend für die Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Hoerauf für ihre Arbeit „Doxycycline Improves Filarial Lymphedema Independent of Active Filarial Infection: A Randomized Controlled Trail“ zuerkannt.
Der von Pfizer Pharma Deutschland gestiftete Preis erinnert an den Infektiologen und früheren Vorsitzenden der PEG, Professor Dr. Wolfgang Stille (1935-2004). Die Preisverleihung fand im Rahmen der 23. Jahrestagung der PEG am 12. Oktober 2012 im Deutschen Hygiene-Museum in Dresden statt. Die PEG würdigt mit dem alle zwei Jahre verliehenen Preis herausragende Forschungsarbeiten auf den Gebieten Infektiologie und Medizinische Mikrobiologie. Die Begutachtung der eingereichten Arbeiten erfolgt von einem aus fünf Fachkollegen/innen zusammengesetzten Gutachtergremium.
Die PEG ist mit ca. 850 Mitgliedern die größte deutschsprachige Fachgesellschaft auf dem Gebiet der Infektionskrankheiten und ihrer Therapie. Die Gesellschaft trägt den Namen des Mediziners und Nobelpreisträgers Paul Ehrlich, der die wissenschaftliche Chemotherapie begründet hat.
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