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Donnerstag, 30.08.2012

Forschung

Wie Zucker Antikörperfunktionen verändern

Neue anti-inflammatorische Funktionen von Antikörpern entdeckt

Antikörper werden typischerweise als entzündliche Abwehrreaktion des Körpers gebildet, um Mikroorganismen zu erkennen und abzutöten. Bei Autoimmunerkrankungen produziert der Körper häufig Antikörper, die sich gegen körpereigene Strukturen richten und massive Entzündungsreaktionen auslösen.

Zusammen mit Forschern aus Deutschland, Wales, Schottland und den USA fand die Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Jörg Köhl aus dem Institut für Systemische Entzündungsforschung an der Universität zu Lübeck einen neuen Mechanismus, über den Antikörper Entzündungsreaktionen hemmen. Der Schlüssel zu dieser neuen Funktion liegt in der Glykosylierung (Verzuckerung) der Antikörper. Die Lübecker Forscher fanden, dass Antikörper der Klasse IgG1 Entzündungen immer dann hemmen, wenn sie mit einem hohen Anteil von Galaktose verzuckert sind. Der hohe Galaktoseanteil ermöglicht den IgG1 Antikörpern nicht nur die Bindung an IgG Fc Rezeptoren, sondern vernetzt die IgG Fc Rezeptoren mit dem zuckerbindenden Rezeptor Dectin-1.

Dadurch wird ein Signalweg in verschiedenen Zellen des angeborenen Immunsystems angeschaltet, der Entzündungssignale in diesen Zellen blockiert. Tatsächlich konnten die Forscher zeigen, dass die Gabe von hochgalaktosylierten IgG1 Antikörpern die Ausbildung von entzündlichen Hauterscheinungen bei der blasenbildenden Autoimmunerkrankung „Epidermolysis Bullosa Acquisita“signifikant reduziert. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen wurden in der Fachzeitschrift Nature Medicine am 26. August 2012 publiziert.

„Die Befunde verändern unsere Sichtweise über die Funktion von Antikörpern und die Bedeutung von Glykosylierungsprozessen für die Immunregulation“ sagt Prof. Köhl. „Die Möglichkeit des Immunsystems Antikörper mit ganz verschiedenen Glykosylierungsmustern herzustellen, eröffnet viele Möglichkeiten der Immunregulation. In Zukunft wird es wichtig sein, die Mechanismen besser zu verstehen, die die unterschiedlichen Glykosylierungsmuster steuern.“

Es ist seit längerem bekannt, dass Patienten mit bestimmten Autoimmunerkrankungen wie z.B. der rheumatoiden Arthritis im akuten Schub der Erkrankung einen verminderten Anteil von galaktosylierten Antikörpern aufweisen. Der Befund aus der Arbeitsgruppe um Prof. Köhl, dass nur hoch-galaktosylierte Antikörper eine entzündungshemmende Wirkung entfalten, könnte helfen, diese Assoziation besser zu verstehen.

Prof. Dr. Jörg Köhl

nature medicine 26. August 2012