Neue Ergebnisse der Lübecker Arbeitsgruppe zur Systemischen Entzündungsforschung in "Nature Immunology" veröffentlicht
Wie das Komplementsystem Teile des erworbenen Immunsystems reguliert, haben jetzt Wissenschaftler des Exzellenzclusters Entzündungsforschung gemeinsam mit Forscherinnen und Forschern aus England und Frankreich aufgedeckt. Diese Befunde zeigen erstmals die Interaktion des Komplementregulatorproteins CD46 und des Notch-Liganden Jagged 1 auf T-Lymphozyten und ihre fundamentale Bedeutung für die Aktivierung und Regulation dieser Zellen bei Infektionen. Die Studie wurde am 21. Oktober 2012 online im Fachmagazin "Nature Immunology“ veröffentlicht.*
Das Komplement- und das Notch-System sind Teile des angeborenen Immunsystems, die wichtige Funktionen in der Infektabwehr und der Differenzierung und Homöostase von Zellen des Immunsystems vermitteln. CD46 wurde ursprünglich als ein humanes Komplementregulatorprotein beschrieben, das körpereigene Zellen vor einer Attacke des Komplementsystems schützt. Darüber hinaus wurde kürzlich gezeigt, dass CD46 für die Differenzierung von T-Lymphozyten zu Interferon-gamma (IFN-γ)-produzierenden Effektorzellen und, in der Folge, ihre Umwandlung zu Interleukin-10 (IL-10) produzierenden regulatorischen T-Lymphozyten von entscheidender Bedeutung ist. Ähnlich wurde auch für das Notch-System gezeigt, dass es zur Differenzierung von T-Lymphozyten in verschiedene Effektorzellen beiträgt.
Die jetzt in „Nature Immunology“ veröffentlichten Befunde zeigen erstmals, dass das Komplement- und das Notch-System nicht getrennt agieren, sondern gemeinsam und synergistisch zur Differenzierung von T-Lymphozyten zu IFN-γ-produzierenden Effektorzellen führen. In diesem Kontext hat Dr. Christian Karsten aus der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Jörg Köhl am Institut für Systemische Entzündungsforschung (ISEF) der Universität zu Lübeck und des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, auf molekularer Ebene gezeigt, dass CD46 mit dem Notch-Liganden Jagged 1 auf naiven humanen T-Lymphozyten assoziiert ist und dass es nach Aktivierung der T-Lymphozyten zu einer Herunterregulation von CD46 kommt, gekoppelt mit einer dominanten Interaktion von Jagged 1 mit Notch 1. Die Forscherinnen und Forscher aus England und Frankreich konnten zudem zeigen, dass diese Regulation der Interaktion von Notch 1 mit seinen verschiedenen Liganden auf T-Lymphozyten durch CD46 von entscheidender Bedeutung für Differenzierung von T-Lymphozyten in IFN-γ bzw. IL-10 produzierende T-Lymphozyten ist.
Die medizinische Bedeutung dieser neuen Befunde wird durch die Beobachtung der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unterstrichen, dass T-Lymphozyten von Individuen mit einer Defizienz des CD46- oder des für Jagged 1 kodierenden JAG1 Gen nach Aktivierung kein oder kaum IFN-γ produzieren. Diese drastische Verminderung der erworbenen Immunantwort ist assoziiert mit wiederkehrenden Infektionen des Ohrs oder der Lunge. Tatsächlich fungiert CD46 als Rezeptor für eine Reihe von humanpathogenen Viren und Bakterien wie z.B. das Masernvirus, Herpesvirus 6, Adenoviren sowie Streptokokkus pyogenes, Neisseria gonorrhoeae und meningitidis. Die Beantwortung der Frage, ob diese Pathogene die neu beschriebene Interaktion von CD46 mit Jagged 1 im Rahmen der Infektion modulieren, bietet viel Raum für zukünftige Studien.
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* The CD46-Jagged1 interaction is critical for human TH1 immunity (Gaëlle Le Friec, Devon Sheppard, Pat Whiteman, Christian M Karsten, Salley Al-Tilib Shamoun, Adam Laing, Laurence Bugeon, Margaret J Dallman, Teresa Melchionna, Chandramouli Chillakuri, Richard A Smith, Christian Drouet, Lionel Couzi, Veronique Fremeaux-Bacchi, Jörg Köhl, Simon N Waddington, James M McDonnell, Alastair Baker, Penny A Handford, Susan M Lea & Claudia Kemper)
für die Ukraine