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Freitag, 27.09.2019

Forschung

Warum Menschen die Nutzung von Fitness-Trackern beenden

Der Psychologe Prof. Thomas Franke beschäftigt sich mit der Verwendung und Nicht-Verwendung von Fitness-Armbändern (Foto: Uni Lübeck)

Forscher aus Lübeck und Chemnitz haben das veränderte Verhalten untersucht

Fitness-Tracker sind beliebt und sie tragen dazu bei, eigene sportliche Leistungen zu kontrollieren, zur Bewegung zu motivieren und Erfolge mit anderen Menschen zu teilen. Trotzdem legt etwa ein Drittel der Nutzerinnen und Nutzer den Tracker schon nach kurzer Zeit wieder zur Seite. Warum das so ist, haben Prof. Dr. Thomas Franke, Professor für Ingenieurpsychologie und Kognitive Ergonomie am Institut für Multimediale und Interaktive Systeme der Universität zu Lübeck, und Christiane Attig, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Psychologie der Technischen Universität Chemnitz, untersucht.

Es handelt sich um die erste Studie aus dem deutschsprachigen Raum, die systematisch Gründe des Nutzungsverzichts herausarbeitet. Darüber hinaus untersuchte das Forschungsduo, durch welche Nutzungscharakteristika sich ehemalige Nutzerinnen und Nutzer auszeichnen. Zum Beispiel, ob sie das Gerät am Handgelenk ohnehin häufig abgelegt und nur sporadisch genutzt haben. Die Ergebnisse ihrer Untersuchung sind nun im Fachmagazin „Computers in Human Behavior“ erschienen.

Die Forscher haben herausgefunden, welche Gründe besonders sicher zur Beendigung des Nutzens führen. Das heißt, dass diese Gründe für die Nutzerinnen und Nutzer subjektiv besonders schwerwiegend sind. Um diese Fragen zu beantworten, konzipierten Attig und Franke eine Online-Studie auf Basis einer umfangreichen Literaturrecherche.

Motivationsverlust und neue Lebensumstände

Laut Studie, an der 159 ehemalige Tracker-Nutzerinnen und -Nutzer teilnahmen, war ein Motivationsverlust einer der ausschlaggebendsten Gründe für das nicht mehr Nutzen des Armbandes. Darauf folgte die Unterbrechung der Nutzungsroutine, beispielsweise durch Urlaub, Krankheit oder sonstige Änderungen der Lebensumstände, die das Tracken unmöglich oder unwichtig machen. Dazu zählen auch Schwangerschaft oder der Beginn einer neuen beruflichen Tätigkeit. „Jeweils über ein Drittel der Personen gaben außerdem an, dass wahrgenommene Messungenauigkeiten, geringer Tragekomfort sowie ein unattraktives Design dazu beigetragen haben, dass sie ihren Tracker nicht mehr nutzen“, so Attig.

Dabei sei aber nicht jede Nutzungsbeendigung aus negativen Gründen erfolgt. Auch der Umstand, dass die Alltagsbewegung oder der Sport zur Gewohnheit geworden und der Tracker insofern nicht mehr als nötig erachtet wird, habe zu rund einem Drittel der Teilnehmenden zur Beendigung beigetragen.

Schaut man sich die ehemaligen Nutzungsgewohnheiten der Teilnehmenden an, fällt weiterhin auf, dass diese ihr Fitness-Armband im Schnitt intensiv genutzt haben: 97 Prozent nutzten es zur Erfassung ihrer gesamten Alltagsaktivität, 77 Prozent trugen es an sieben Tagen in der Woche und 56 Prozent an mehr als 23 Stunden am Tag. Über 70 Prozent gaben außerdem an, dass sie sich vorstellen können, in Zukunft die Nutzung erneut zu beginnen. Die beiden Forscher hatten sich bereits in einem anderem Projekt damit beschäftigt, ob Schrittzahlmesser die Eigenmotivation beim Sport verringern.

Nachhaltige Tracker-Nutzung

 „Dass so viele Personen angaben, eines Tages wieder mit dem Tracken weiterzumachen, zeigt, dass auch die ehemaligen Nutzenden den Wert eines Fitness-Trackers durchaus weiterhin zu schätzen wissen. Aber es gibt einige Barrieren, die die Ausschöpfung des vollen Potenzials erschweren, und die wir durch diese Studie sichtbar machen konnten“, sagt Prof. Thomas Franke. „Wir schlagen vor, dass das Feedback bedeutsam gestaltet sein sollte. Statt bloßer Zahlen, von denen man sich möglicherweise sogar abhängig macht, sollte der Tracker zurückmelden, welche positiven Auswirkungen die Schritte ganz konkret auf das körperliche und psychische Wohlbefinden haben.“ Mit anderen Worten: Die Rückmeldung des Armbandes soll die Motivation zum Erfassen der Daten aus eigenem Antrieb heraus stärken. „Nicht nur: Was habe ich geschafft, sondern auch: Warum ist es super, dass ich es geschafft habe“, ergänzt Attig. Aber auch eine größere Transparenz hinsichtlich der Messung und der Weitergabe persönlicher Daten, beispielsweise an Krankenkassen oder Anbieter weiterer Apps, sind Ansatzpunkte, um das Tracken attraktiver zu machen.

Im nächsten Schritt wollen die Beiden herausfinden, ob auch die Persönlichkeit der ehemaligen Nutzenden eine Rolle bei der Entscheidung spielt, mit dem Tracken aufzuhören.

Veröffentlichung: Attig, C., & Franke, T. (2020). Abandonment of personal quantification: A review and empirical study investigating reasons for wearable activity tracking attrition. Computers in Human Behavior, 102, 223-237. www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0747563219303127

Multimedia: Im Podcast der Technischen Universität Chemnitz spricht Christiane Attig über die Psychologie von Fitness-Trackern.