Deutsche Forschungsgemeinschaft bewilligt 1,38 Millionen Euro für die Etablierung von höchstauflösenden Untersuchungen der Bluthirnschranke am lebenden Organismus – In Europa arbeiten erst drei Arbeitsgruppen mit derartigen Geräten
Die Universität zu Lübeck erhält ein sehr leistungsstarkes Mikroskop für höchstauflösende Bilder aus lebenden Organismen. Antragsteller war Prof. Dr. Markus Schwaninger, Direktor des Instituts für Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Toxikologie, zusammen mit Prof. Dr. Gereon Hüttmann aus dem Institut für Biomedizinische Optik und Prof. Dr. Peter König aus dem Institut für Anatomie.
Das Gerät, für dessen Anschaffung die Deutsche Forschungsgemeinschaft im Rahmen der Initiative "Neuartige, experimentelle Lichtmikroskopie für die Forschung"‚ ca. 1,38 Millionen Euro bewilligte, soll in mehreren Projekten die Erforschung der Bluthirnschranke ermöglichen. Es wird geschätzt, dass derzeit weltweit nicht mehr als ein Dutzend Mikroskope dieser Art für die Bildgebung am lebenden Organismus im Einsatz sind.
Bei dem Gerät handelt sich um ein Superresolutions-Mikroskop, das auch als Nanoskop bezeichnet wird. Aus physikalischen Gründen ist eine Auflösung von Strukturen kleiner als 0,2 Mikrometer (ein Mikrometer oder µm ist ein Tausendstel Millimeter) mit konventioneller Lichtmikroskopie nicht möglich.
Allerdings bewegen sich die Größen vieler biologischer Strukturen, zum Beispiel der Bluthirnschranke, in einem deutlich kleineren Bereich. Durch Anwendung des von Einstein vorhergesagten Effekts der stimulierten Emission, der auch die Grundlage aller Laser bildet, ist es gelungen, diese Grenze der Auflösung nach unten zu durchbrechen. Für die Entwicklung dieser Mikroskopie-Technik, des „Stimulated-Emission-Depletion“ Verfahrens, hat der Göttinger Forscher Stefan Hell 2014 den Nobel-Preis erhalten. In den letzten Jahren konnten mit der STED-basierten optischen Nanoskopie nicht nur histologische Schnitte und Zellen sondern auch lebende Organismen untersucht werden. Dieser Weg soll mit dem neuen Nanoskop weiterbeschritten werden.
Bluthirnschranke in Aufbau und Regulation noch weitgehend unverstanden
In dem Forschungsvorhaben „Intravital nanoscopy for investigating the blood-brain barrier", für das das Gerät bewilligt wurde, geht es um die Untersuchung der Bluthirnschranke in lebenden Organismen. Die Bluthirnschranke ist für die Versorgung des Gehirns mit Nährstoffen verantwortlich und stellt auch eine enge Kommunikation zwischen Gehirn und restlichem Körper sicher. Obwohl die Bluthirnschranke die normale Funktion des Gehirns ermöglicht und an der Entstehung verschiedener Erkrankungen beteiligt ist, ist ihr Aufbau und ihre Regulation noch in weiten Teilen unverstanden.
Das neue Mikroskop besitzt zwei für das Projekt entscheidende Eigenschaften. Erstens erlaubt es die Darstellung sehr kleiner Strukturen in der Bluthirnschranke (ca. 0,08 µm Auflösung). Auf diese Weise wird der Aufbau der Bluthirnschranke erkennbar. Zweitens ermöglicht es Untersuchungen an lebenden Organismen. Dieser Punkt wird es ermöglichen, Veränderungen über die Zeit und Regulation der Strukturen zu untersuchen. Das Projekt wird durch aktive Korrektur von Bildfehlern und andere Verfahren die Bildgebung in lebenden Organismen weiter optimieren.
Neue Technik soll auch weiteren Arbeitsgruppen zur Verfügung stehen
Das neue Mikroskop wird voraussichtlich im September 2019 im Zentrum für Gehirn, Hormone und Verhalten (CBBM) der Universität in Betrieb genommen werden können. Hauptnutzer werden Arbeitsgruppen des Instituts für Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Toxikologie, des Instituts für Biomedizinische Optik und des Instituts für Anatomie sein. Daneben wird die neue Technik auch anderen Arbeitsgruppen auf dem Campus zur Verfügung stehen.
Superresolutions-Mikroskope sind noch nicht weit verbreitet. In Lübeck gab es bisher kein Gerät. Das nächste Superresolutions-Mikroskop steht in Hamburg. Allerdings bietet das Hamburger Gerät wie auch die allermeisten anderen seiner Bauart nicht die Möglichkeit, lebende Organismen zu untersuchen. Dies ist bisher erst drei Arbeitsgruppen in Europa gelungen.
für die Ukraine