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Freitag, 15.09.2017

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Thema Sucht

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Forschung - Psychologie - Therapie

Öffentliche Lesung am 18. September: "Dunkelblau - Wie ich meinen Vater an den Alkohol verlor"

Suchterkrankungen zählen zu den häufigsten psychischen Erkrankungen in Deutschland: 1,8 Millionen Menschen gelten als alkoholabhängig, gut 500.000 Menschen sind glücksspielsüchtig, etwa 560.000 Menschen onlineabhängig. Die Auswirkungen von Suchterkrankungen auf das soziale Umfeld, Hilfen bei suchtmittelabhängigen Kindern und Jugendlichen sowie Internet-, Alkohol- und Glücksspielsucht sind die Schwerpunkte des 10. Deutschen Suchtkongresses, der vom 18. bis zum 20. September 2017 an der Universität zu Lübeck stattfindet.

  • Angehörige der Universität können sich vor Ort auch tageweise zu einer reduzierten Gebühr (90 Euro, 60 Euro für Studierende) für den Kongress registrieren.

Die Deutschen Gesellschaft für Suchtpsychologie (dg sps) und die Deutsche Gesellschaft für Suchtforschung und Suchttherapie (DG-Sucht) veranstalten den Kongress. Es ist die größte Veranstaltung zum Thema Abhängigkeitserkrankungen in Deutschland. Aktuelle Entwicklungen und Forschungsergebnisse werden in Lübeck vorgestellt und diskutiert. Insgesamt bietet der Kongress mit 40 Symposien, insgesamt 159 Vorträgen, sechs Plenarvorträgen mit zum Teil internationalen, hochkarätigen Wissenschaftlern, einer öffentlichen Lesung und einer Posterausstellung die Möglichkeit, sich über den aktuellen Stand in Suchtforschung und Suchtbehandlung zu informieren und auszutauschen.

Die beträchtlichen gesundheitlichen Auswirkungen von Suchterkrankungen auf das soziale und familiäre Umfeld der Suchtkranken sind in den vergangenen Jahren zunehmend in den Fokus der Forschung geraten. Klinisch weisen Angehörige Suchtkranker einen schlechteren allgemeinen Gesundheitszustand und häufiger Depressionen auf. Der Deutsche Suchtkongress rückt deshalb das Thema „Angehörige“ in den Mittelpunkt.

„Wissenschaftlich geprüfte Behandlungskonzepte haben bislang kaum Einzug in die Suchtkrankenversorgung gefunden. Die Versorgungsangebote in Deutschland sind unterfinanziert und lückenhaft, die Hilfesysteme sind unzureichend vernetzt. Dringend geboten sind ein besseres Verständnis der Situation Angehöriger und die Schließung der Versorgungslücke. Im Rahmen des Deutschen Suchtkongresses werden nationale und internationale Befunde zur Situation Angehöriger u.a. in einem internationalen Symposium des Addiction and the Family International Networks AFINet vorgestellt“, erläutert Kongresspräsident Dr. Gallus Bischof.

Weiterer Kongressschwerpunkt ist das Suchtverhalten bei Kindern und Jugendlichen. Neue Suchtformen wie der Konsum von E-Shishas, synthetische Drogen und Stimulanzien wie Crystal-Meth geben Anlass zur Sorge. „Neben häufig beklagten Schnittstellenproblemen an den Übergangsbereichen von behördlicher oder institutioneller Zuständigkeit mangelt es in vielen Regionen Deutschlands an speziellen Betreuungs- und Behandlungsangeboten für Kinder und Jugendliche. In manchen Regionen fehlt ein entsprechendes Angebot vollständig“, erläutert Prof. Rainer Thomasius vom Universitätskrankenhaus Eppendorf in Hamburg und Präsident der DG-Sucht. Im Rahmen des Deutschen Suchtkongresses werden Lösungsansätze zu diesem Thema und aktuelle Forschungsdaten zum Suchtverhalten bei Kindern und Jugendliche vorgestellt.

Weiteres Thema sind Abhängigkeiten von digitalen Medien. Schädlicher Gebrauch und süchtige Nutzung nehmen hier vor allem bei jüngeren Menschen deutlich zu und stellen eine neue Herausforderung für Gesellschaft, Beratung, Behandlung und Prävention dar. „Es gilt, weiterhin den Jugendschutz bei besonders suchtgefährdenden Spielen oder anderen Anwendungen anzupassen. Suchtgefahr wird hierbei bislang jedoch noch gar nicht berücksichtigt. Wir beobachten auch neue Suchtgefahren im Bereich der sozialen Netzwerke, vor allem bei Frauen. Dieses Feld ist relativ wenig erforscht. Auf dem Deutschen Suchtkongress in Lübeck werden Befunde präsentiert, wie diese Süchte entstehen können, wie man sie behandelt und wie man vorbeugen kann“, erläutert Dr. Hans-Jürgen Rumpf, Past President der DG-Sucht.

Der Deutsche Suchtkongress in Lübeck richtet sich nicht nur an ein Fachpublikum. Der Journalist und Publizist Dominik Schottner liest im Rahmen einer Öffentlichen Lesung am 18. September 2017 aus einem Buch „Dunkelblau“ und berichtet über seine Erfahrung mit einem alkoholkranken Vater

Statements anlässlich der Pressekonferenz am 4. September 2017 in Hamburg zum Programm des 10. Deutschen Suchtkongresses (18.–20. September 2017, Lübeck)

  • Auswirkungen von Suchterkrankungen auf das soziale Umfeld - Dr. Dipl. Psych. Gallus Bischof, Kongresspräsident:
    „Die beträchtlichen gesundheitlichen Auswirkungen von Suchterkrankungen auf das soziale und familiäre Umfeld der Suchtkranken sind in den vergangenen Jahren zunehmend in den Fokus der Forschung geraten. In Deutschland haben nach den Ergebnissen einer Repräsentativerhebung 9,5 Prozent der erwachsenen Bevölkerung mindestens einen Familienangehörigen mit bestehender Suchterkrankung, weitere 4,4% hatten in der Vergangenheit einen Angehörigen mit Suchterkrankung.
    Klinisch weisen Angehörige Suchtkranker einen schlechteren allgemeinen Gesundheitszustand und häufiger Depressionen auf. Neben unmittelbaren Folgen des Suchtverhaltens erleben Angehörige die Sorge um den Suchtkranken als sehr belastend. Die gesellschaftliche Stigmatisierung von Suchterkrankungen stellt einen weiteren bedeutsamen Stressor auch für Angehörige dar. Besonders hohe Belastungen finden sich bei Eltern suchtkranker Kinder und bei Partner/inn/en.
    Wissenschaftlich geprüfte Behandlungskonzepte für Angehörige haben bislang kaum Einzug in die Suchtkrankenversorgung gefunden. Die Versorgungsangebote in Deutschland sind unterfinanziert und lückenhaft, die Hilfesysteme sind unzureichend vernetzt. Dringend geboten ist ein besseres Verständnis der Situation Angehöriger und die Schließung der Versorgungslücke. Im Rahmen des Deutschen Suchtkongresses werden nationale und internationale Befunde zur Situation Angehöriger u.a. in einem internationalen Symposium des Addiction and the Family International Networks AFINet vorgestellt.“

  • Internetabhängigkeit - PD Dr. phil. Hans-Jürgen Rumpf, Past President der DG-Sucht:
    „Die Nutzung des Internets gehört für uns alle zum Alltag, erleichtert uns Vieles und schafft für uns neue Möglichkeiten. Neben den Annehmlichkeiten verändert die Internet- undSmartphone-Nutzung allerdings auch unsere Kommunikation und unser Nutzungsverhalten von digitalen Medien. Diese Nutzung ist bei einem relevanten Anteil der Bevölkerung als problematisch anzusehen, bei einem weiteren Teil treten negative Konsequenzen auf (schädlicher Gebrauch) und 1 bis 2 Prozent der Bevölkerung leiden unter einer süchtigen Nutzung. Internetabhängigkeit ist insbesondere bei Heranwachsenden allerdings deutlich häufiger (etwa 4 bis 5 Prozent bei den 14 bis 16-Jährigen) und die Zahl der Gefährdeten liegt noch einmal um das Dreifache höher. Weiterhin weisen aktuelle Zahlen darauf hin, dass das Problem möglicherweise größer wird, also die Zahl der Betroffenen in den letzten Jahren angestiegen ist und weiter steigen könnte.
    Diese Situation stellt eine neue Herausforderung für die Gesellschaft, insbesondere aber für die Beratung, Behandlung und Prävention dar. Die Störung ist noch nicht ausreichend erforscht und technische Neuerungen ermöglichen auch neue Formen des problematischen oder süchtigen Verhaltens. Es gilt weiterhin den Jugendschutz bei besonders suchtgefährdenden Spielen oder anderen Anwendungen anzupassen. Suchtgefahr wird hierbei bislang jedoch noch gar nicht berücksichtigt.
    Auf dem Deutschen Suchtkongress kommen renommierte nationale und internationale Experten zusammen, die die aktuelle Forschung präsentieren und diskutieren. Dabei wird es um verschiedene Formen gehen, wie z.B. Computer- und Internetspielabhängigkeit oder die Sucht im Bereich der sozialen Netzwerke. Letztere ist bei Frauen auf dem Vormarsch und noch vergleichsweise wenig erforscht. Es werden Befunde präsentiert, wie diese Süchte entstehen können, wie man sie behandelt und wie man vorbeugen kann, damit sich Sucht gar nicht erst entwickelt.

  • Präventions- und Behandlungsansätze für suchtgefährdete und von Suchtstörungen betroffene Kinder und Jugendliche - Prof. Dr. med. Rainer Thomasius, Präsident DG-Sucht:
    „Substanzgebrauch und riskante Konsummuster bei Kindern und Jugendlichen sind aktuelle Themen. Die Zahlen zum Tabakrauchen sowie zum regelmäßigen Konsum alkoholischer Getränke sind in den vergangenen zehn Jahren in dieser Altersgruppe zwar zurückgegangen, doch immer noch sind viele junge Menschen durch den Kontakt mit psychotropen Substanzen gefährdet. Neue Konsum- und Suchtformen geben Anlass zur Sorge: der Gebrauch von E-Shishas, das Rauschtrinken, der Konsum neuer synthetischer Drogen und deren Inverkehrbringen über das Internet, marktträchtige Aufbereitungen von Stimulanzien wie Crystal-Meth sowie eine beträchtliche Anzahl von jungen Betroffenen mit nicht stoffgebundenen Süchten, insbesondere mit internetbezogenen Suchtstörungen.
    In Deutschland greifen bei der Beratung, Betreuung und Behandlung von suchtgefährdeten Kindern und Jugendlichen üblicherweise verschiedene Maßnahmen der Jugendhilfe, Suchtkrankenhilfe, Schülerhilfe, Straffälligenhilfe, Polizei und Selbsthilfe mit den Angeboten der suchtpsychiatrischen und psychotherapeutischen Versorgung ineinander. Neben häufig beklagten Schnittstellenproblemen an den Übergangsbereichen von behördlicher oder institutioneller Zuständigkeit mangelt es in vielen Regionen Deutschlands an speziellen Betreuungs- und Behandlungsangeboten für Kinder und Jugendliche; in manchen Regionen fehlt ein entsprechendes Angebot vollständig.
    Suchtgefährdete und -kranke Minderjährige werden in Suchthilfeeinrichtungen für Erwachsene nicht adäquat versorgt. Notwendig ist ein eigenes Beratungs- und Behandlungssetting, das dem jeweiligen Entwicklungsstand des Jugendlichen mitsamt dessen schulischen und pädagogischen Voraussetzungen sowie dem vielfach bestehenden kinder- und jugendpsychiatrischen Behandlungsbedarf Rechnung trägt. Im Rahmen des Deutschen Suchtkongresses werden aktuelle Forschungsdaten zu innovativen Präventions- und Interventionsansätzen für riskant Alkohol und Drogen konsumierende Kinder und Jugendliche sowie für Jugendliche mit internetbezogenen Suchtstörungen vorgestellt.“

Pressekontakt:
Thomas Waldner
Universität zu Lübeck
Stabsstelle Kommunikation
Projektleitung Crossmediale Kommunikation
Ratzeburger Allee 160, 23562 Lübeck
Tel. +49 451 3101 1079
E-Mail: thomas.waldner@uni-luebeck.de

Prof. Rainer Thomasius, Dr. Gallus Bischof und Dr. Hans-Jürgen Rumpf (v.l.n.r.) auf der Vorab-Pressekonferenz