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Dienstag, 27.03.2018

Studium

The meaning of women’s rights

Frederike Booke, Medizinstudentin an der Universität zu Lübeck, war als eine von zwei deutschen Jugendvertreterinnen im März bei der Frauenrechtstagung der Vereinten Nationen in New York dabei

Sie nahm am 12. März an der Eröffnungsfeier teil und hatte in den folgenden beiden Tagungswochen zahlreiche Gelegenheiten, sich sowohl innerhalb der deutschen Regierungsdelegation wie auch auf UN-Ebene besonders für die Rechte junger Frauen und Mädchen einzusetzen. Hier ihr Bericht:

62. Tagung der Frauenrechtskommission der Vereinten Nationen vom 12. - 23. März 2018 in New York

“A girl born in poverty has a far higher chance of dropping out of school, marrying early, suffering complications during childbirth, experiencing violence and passing this legacy on to her children. Widows, indigenous women, women [living] with disabilities and women who do not conform to gender norms face the greatest challenges of all. By building equality, we give women a chance to fulfil their potential and we also build more stable societies. Women’s participation in decision-making makes peace agreements stronger, societies more resilient and the governments more vigorous. Conversely, attacks on the fundamental rights of women and girls can be precursors to radicalisation and violent extremism.”

Mit diesen Worten eröffnete António Guterres, Generalsekretär der Vereinten Nationen, die 62. Frauenrechtskommission, die zwischen dem 12. und 23. März 2018 in New York tagte. Ich hatte die Ehre, bei der Eröffnungsfeier als eine von zwei deutschen Jugendvertreterinnen anwesend zu sein und mich in den folgenden zwei Wochen für die Rechte von jungen Frauen und Mädchen und ganz besonders für nachhaltige und wirksame Jugendpartizipation innerhalb der deutschen Regierungsdelegation und auf UN-Ebene stark zu machen.

Die Frauenrechtskommission ist eine einmal jährlich stattfindende Versammlung ihrer Mitgliedsstaaten, um über ein vorher festgelegtes Thema zu konferieren – mit dem Ziel, ein in Einigung erstelltes Abschlussdokument mit konkreten Maßnahmen zur Stärkung von Frauen- und Mädchenrechten zu verabschieden. Die diesjährigen Verhandlungen befassten sich mit der Lebenssituation von Frauen und Mädchen aus ländlichen Regionen.

Starke Teilhabe der Zivilgesellschaft

Was die Frauenrechtskommission besonders auszeichnet, ist die starke Teilhabe der Zivilgesellschaft: In keinem anderen Treffen der Vereinten Nationen sind so viele Nicht-Regierungs-Organisationen vertreten, um die Verhandlungen zu begleiten und, wenn möglich, zu beeinflussen. Während der zwei Wochen wurden von Staaten und der Zivilgesellschaft weit über 600 Parallel- und Nebenveranstaltungen organisiert, in denen in Podien und Arbeitsgruppen über die vielen Aspekte von Gender-Ungleichstellung diskutiert wurde, die Frauen an abgeschiedenen Orten besonders trifft.

Obwohl die Geschlechter-Gleichstellung selbst eines der 17 durch die Vereinten Nationen festgelegten nachhaltigen Entwicklungsziele ist, ist es doch zugleich ein Querschnittsthema und stellt damit ein Ziel dar, ohne dessen Erreichung auch alle anderen Ziele der nachhaltigen Entwicklung unerreichbar bleiben. Und so drängte sich mir automatisch die Frage nach der Verknüpfung von Gesundheit und Geschlechter-Gleichstellung auf und daraufhin die Ergründung unserer gemeinsamen, damit einhergehenden Verantwortlichkeit, an der Machtschraube der Gleichstellung zu drehen:

Wie können wir als Vertreter*innen junger Menschen, wie können wir als Vertreter*innen einer Vielfalt von Frauen, wie können wir als Medizinstudierende und als Ärzt*innen der Zukunft dazu beitragen, dass das Geschlecht nicht länger Einfluss nimmt auf die Chancen, die Rechte und den Wert einer Person?

Als Studierende und Universität soziale Verantwortung übernehmen

Der höchst erreichbare Standard körperlicher und geistiger Gesundheit und dafür ein uneingeschränkter Zugang zu Gesundheitsversorgung ist ein von allen UN-Mitgliedsstaaten anerkanntes Menschenrecht. Doch auch in Deutschland ist 2018 noch ein Jahr, in der Diskriminierung, Gewalt und soziale bzw. finanzielle Abhängigkeit diesen Zugang erschwert oder sogar unmöglich macht. In dem umfassende Gesundheitsaufklärung und die Ermächtigung zu einem gesunden Leben besonders den Frauen fehlt, die durch soziale Benachteiligung, durch mangelnde Bildungschancen oder durch digitale, infrastrukturelle oder geografische Abgrenzung ohnehin systematisch übersehen werden. In dem für viele Frauen ihre sexuelle Selbstbestimmung und ihr Recht der autonomen Entscheidung, wann und wie viele Kinder sie haben möchten, alles andere als selbstverständliche Begriffe sind. Und in dem, auch wenn Geschlechter-sensitive Medizin mehr Aufmerksamkeit gewinnt, die Medizin doch innerhalb ihrer Hierarchien und ihrer gelehrten Inhalte weiterhin an männlichen Maßstäben gemessen wird.

Es wird also Zeit für uns als Universität und als Studierendenschaft, soziale Verantwortung im Sinne der Gleichstellung zu übernehmen. Es ist unsere Chance, Gesundheitsversorgung uneingeschränkt zugänglich zu machen und dafür zu sorgen, dass unsere Ausbildung und spätere Praxis auf die vielfältigen Gesundheitsbedürfnisse der Bevölkerung zugeschnitten sind, die wir versorgen.

Das diesjährige nach langen Verhandlungen verabschiedete Abschlussdokument der Frauenrechtskommission enthält das Wort „Gesundheit“ 58 Mal auf insgesamt zwanzig Seiten. Es sind Verpflichtungen niedergeschrieben, um unter anderem reproduktive Rechte und die Selbstbestimmung einer jeden Frau zu festigen, mütterliche Sterblichkeit drastisch zu senken, die ärztliche Belegschaft und Verteilung zu verstärken, umfassende Sexualaufklärung holistisch umzusetzen und staatliche Hilfe für junge Schwangere und Mütter bereitzustellen.  Doch alle erklärten Ziele der Vereinten Nationen bleiben leere Versprechen, solange sie nicht vom internationalen Verhandlungstisch zu lokalen und nationalen Entscheidungstragenden fortgetragen werden und auf diese Versprechen konkrete Handlungen folgen. Ich hoffe, dass die Universität zu Lübeck sich als wichtiger Entscheidungsträger weiterhin auf die Seite der Gleichstellungs-Agenda stellt, sich aktiv für die Eliminierung aller Diskriminierung und für Chancengleichheit einsetzt und dabei trotz seiner städtischen Lage die vielen Frauen und Mädchen aus den umliegenden ländlichen Regionen nicht aus den Augen verliert.

„We know the meaning of women’s rights. We just need action.” – Phumzile Mlambo-Ngcuka, UN Women Executive Director

Medizinstudentin Frederike Booke

Die deutsche Regierungsdelegation bei der Frauenrechtstagung der Vereinten Nationen (Fotos: Frederike Booke)

Treffen mit Phumzile Mlambo-Ngcuka, UN Women Executive Director (Mitte)