Genaue Bestimmung der inneren Abmessungen einzelner Moleküle
Forscher des Instituts für Physik der Universität zu Lübeck waren an einer weltweiten Studie mit 20 Laboratorien beteiligt, die eine Methode etabliert und standardisiert hat, um exakte Abstände innerhalb einzelner Biomoleküle bis auf ein Millionstel der Breite eines menschlichen Haares zu messen. Die im Wissenschaftsjournal Nature Methods veröffentlichte neue Methode (1) stellt eine wesentliche Verbesserung einer Technologie namens Einzelmolekül-FRET (Förster Resonance Energy Transfer) dar, bei der die Bewegung und Wechselwirkung von fluoreszenzmarkierten Molekülen auch in lebenden Zellen in Echtzeit verfolgt werden kann. Bisher wurde die Technologie vor allem dazu verwendet, Veränderungen in relativen Abständen zu erfassen - zum Beispiel, ob sich die Moleküle näher oder weiter auseinander bewegt haben.
FRET funktioniert ähnlich wie Näherungssensoren im Auto: Je näher das Objekt ist, desto lauter oder häufiger werden die Pieptöne. Statt auf Akustik zu setzen, basiert FRET auf Fluoreszenz, einem Phänomen, das zum Beispiel von der Überprüfung der Echtheit von Geldscheinen bekannt ist. Bei FRET an einzelnen Molekülen werden abstandsabhängige Veränderungen des von zwei Farbstoffen emittierten Fluoreszenzlichts von empfindlichen Mikroskopen erfasst. Die Technologie hat die Analyse der Bewegung und Wechselwirkungen von Biomolekülen revolutioniert. So konnten die Forscher um Prof. Christian Hübner vom Institut für Physik der Uni Lübeck bereits 2007 zum ersten Mal zeigen, dass Eiweißmoleküle ständig in Bewegung sind, und dass diese Bewegung für ihre Funktion entscheidend ist. (2)
Verfeinerung der Methode
Bisher war jedoch umstritten, ob auch absolute Abstände mit dieser Methode exakt und zuverlässig bestimmt werden können. Also ob jemand 5 Zentimeter kleiner ist als eine andere Person oder eben genau 170 Zentimeter groß ist. Durch die Zusammenarbeit der 20 an der Studie beteiligten Labore, die von Thorsten Hugel von der Universität Freiburg initiiert wurde, konnte die Methode so verfeinert werden, dass Wissenschaftler mit unterschiedlichen Mikroskopen und Analysesoftware die gleichen Entfernungen auch im Sub-Nanometerbereich erreichten.
"Diese absolute Abstandsinformation kann nun genutzt werden, um gemeinsam mit den klassischen strukturbiologischen Methoden, also der Röntgenkristallographie und der Kernspinresonanzspektroskopie, noch besser zu verstehen, wie die molekulare Maschinerie in unserem Körper funktioniert, um letztlich auch ganz neue therapeutische Ansätze entwickeln zu können" sagt Professor Hübner. "Beide Methoden sind an unsrer Universität in den Instituten für Biochemie und Chemie bestens etabliert, so dass die Voraussetzungen, diese ambitionierten Ziele zu erreichen, besser nicht sein könnten."
1. Nature Methods, Volume 15, pages 669–676 (2018)
2. Nature, Volume 450, pages 838–844 (2007)
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