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Freitag, 14.09.2018

Forschung

Stefan-Engel-Preis für Ingo Menrath und Gudrun Ernst

Prof. Ute Thyen, Angelika Leidner vom Kirchheim-Verlag, Dr. Ingo Menrath, Dr. Gundula Ernst und Dr. Christian Fricke für die Preisjury (Fotos: Thomas Hauss)

Gemeinschaftliches Projekt für Kinder und Jugendliche mit chronischen Erkrankungen und deren Familien

Dr. Ingo Menrath aus der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin Lübeck ist mit dem Stefan-Engel-Wissenschaftspreis 2018 der Deutschen Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin (DGSPJ) ausgezeichnet worden. Der mit insgesamt 5.000 Euro dotierte Preis wurde ihm zusammen mit Dr. Gudrun Ernst von der Medizinischen Hochschule Hannover am 14. September in Leipzig verliehen. Beide haben sich gemeinschaftlich mit dem vom Bundesgesundheitsministerium geförderten Projekt „Fit für ein besonderes Leben - Modulare Schulungsprogramme für Kinder und Jugendliche und deren Familien“ ModuS um die Auszeichnung beworben.

Das Programm richtet sich an Kinder und Jugendliche mit chronischen Erkrankungen, deren medizinischer Behandlungserfolg von einem selbstständigen und kompetenten Umsetzen der Therapien abhängt. Das Programm „ModuS“ zielt darauf ab, auch für weniger häufige bzw. seltene Erkrankungen qualitätsgesicherte Schulungen anzubieten. Eingereicht wurden fünf Publikationen, die beispielhaft das schrittweise und systematische Vorgehen dokumentieren:

  1. Zur Überprüfung der Effektivität des Konzeptes wurde im Rahmen einer bundesweiten multizentrischen Studie zunächst das ModuS-Programm für Asthma auf Gleichwertigkeit mit dem bewährten, im Disease-Management-Programm akkreditierten asthmaspezifischen Programm verglichen.
  2. In einem weiteren Schritt wurde überprüft, ob die Programme für weniger häufige Erkrankungen ebenso effektiv sind wie das Modus Programm für Asthma.
  3. Um Zugangswege von sozial benachteiligten Familien und solchen mit Migrationshintergrund nicht nur zu untersuchen, sondern auch zu verbessern, wurde ein Katalog von Maßnahmen entwickelt, um die Ansprache dieser Familien für und in Schulungen zu verbessern. So wurde beispielsweise das Thema „interkulturelle Kompetenz“ in die Ausbildung von Patiententrainern aufgenommen.
  4. In einem Folgeprojekt wurde die Gruppe der chronisch kranken Jugendlichen untersucht, die für diese Schulungen in der Regel schwer erreichbar sind. 
  5. In einer weiteren Arbeit konnten vergleichbare Effekte auch bei einer von Patienten mit Atresien im Gastrointestinaltrakt nachgewiesen werden.

Das Gutachtergremium hob insbesondere die hohe sozialpädiatrische Relevanz der Arbeiten hervor, die in theoretisch fundierten Konzepten eines generischen Ansatzes für Patientenschulungen begründet sind. Weiterhin wurden die umfassende Evaluation und das qualitätsgesicherte Konzept für Train-the-Trainer-Schulungen lobend herausgestellt. Es handele sich um eine Arbeit zur Nutzbarkeit und Ergebnisqualität für Menschen, die soziale Benachteiligung erleben.

Prävention, Kuration und soziale Integration

Dr. Ingo Menrath absolvierte zunächst das Psychologiestudium in Marburg, studierte anschließend Medizin an der Universität Düsseldorf und arbeite dort auch als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Medizinische Soziologie. Er wechselte dann an die Universitätsklinik Lübeck und ist dort seit 2013 als Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin tätig und führt seit kurzem die Zusatzbezeichnung Kinderendokrinologie und Diabetologie. Dr. Gundula Ernst arbeitet seit dem Psychologiestudium in Braunschweig von 1998-2017 als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Medizinischen Hochschule Hannover im Bereich Medizinische Psychologie und war in dieser Funktion und Tätigkeit entscheidend an der Entwicklung und Evaluation des Programms beteiligt. Seit 2017 ist sie zusätzlich wissenschaftliche Mitarbeiterin in der kinder- und jugendpsychiatrischen Abteilung am Universitätsklinikum Ulm.

Die Deutsche Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin ist eine explizit interdisziplinär orientierte medizinische Fachgesellschaft, deren Aufgabenschwerpunkt in der Wissenschaft von den Einflüssen liegt, welche die Gesundheit und die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen entscheidend bestimmen und ebenso die praktische Umsetzung dieses Wissens in Prävention, Kuration, Rehabilitation und sozialer Integration.

Bedeutender Kinderarzt und Wissenschaftler

Der vom Kirchheim-Verlag gestiftete Preis ist nach dem bedeutenden deutschen Kinderarzt, Sozialpädiater und Wissenschaftler Prof. Dr. med. Stefan Engel (1878 - 1968) benannt. Er wurde von Deutschen aufgrund sei¬ner jüdischen Herkunft geächtet, verfolgt und 1936 ins englische Exil getrieben. Prof. Engel hat die Sozialpädiatrie in der Kinderheilkunde als Auftrag für die kinderärztliche Arbeit in Praxis und Wissenschaft wesentlich geprägt. Er hat die Zeitschrift „Kinderärztliche Praxis“, heute das offizielle Organ der Fachgesellschaft, 1930 mitbegründet und wollte die Kinderärzte damit aufrufen, sich in ihrer Arbeit auch als Sozialärzte für Kinder und Jugendliche sowie ihre Familien verpflichtet zu fühlen.