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Dienstag, 10.01.2012

Universität

Neuordnung der Universitätsmedizin

Gemeinsame Präsentation des Konzepts am 10. Januar in Kiel

Universitäten Kiel und Lübeck legen gemeinsames Konzept vor – Umsetzung der Empfehlungen des Wissenschaftsrates

Die Universitäten Kiel und Lübeck legen ein gemeinsames Konzept für eine zukunftsfähige Neuordnung der Universitätsmedizin in Schleswig-Holstein vor. Sie kommen damit den Empfehlungen des Wissenschaftsrates, des wichtigsten wissenschaftspolitischen Beratungsgremiums in Deutschland, vom Juli 2011 und den entsprechenden landespolitischen Weichenstellungen nach. Die Präsidenten der beiden Universitäten, Prof. Dr. Gerhard Fouquet (Kiel) und Prof. Dr. Peter Dominiak (Lübeck), stellten das Konzept am 10. Januar auf einer Pressekonferenz in Kiel vor.

Mit ihren Vorschlägen reagieren die Universitäten auf die gegenwärtige Situation der schleswig-holsteinischen Universitätsmedizin, die durch eine wirtschaftlich defizitäre Krankenversorgung, einen erheblichen Investitionsstau und die Unterfinanzierung von Forschung und Lehre gekennzeichnet ist. Um die Spitzenposition der medizinischen Forschung im bundesweiten Wettbewerb zu erhalten, das Medizinstudium langfristig in der Spitzengruppe deutscher Universitäten zu positionieren und den Investitionsstau, der die Leistungsfähigkeit von Forschung, Lehre und Krankenversorgung bedroht, so schnell wie möglich zu beseitigen, halten die Universitäten Kiel und Lübeck eine organisatorische Erneuerung der Universitätsmedizin im Lande für erforderlich. 

Anlässlich der Vorstellung des Konzeptes sagte Prof. Dr. Gerhard Fouquet: „Mit dem von uns vorgeschlagenen Modell kann die Hochschulmedizin in Schleswig-Holstein ihre Stärken und Leistungen besser entfalten als zuvor. Zumal es die Kritik des Wissenschaftsrates am bisherigen Modell aufgreift und weitgehend auflöst. So kann die Universitätsmedizin zum Wohle des Landes und seiner Menschen zum Motor für Innovationen in Forschung, Entwicklung und in der Gesundheitswirtschaft Schleswig-Holsteins werden“. 

Prof. Dr. Peter Dominiak sagte: „Die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und Universität zu Lübeck schaffen mit den präsentierten Eckpunkten die Voraussetzung, die Empfehlungen des Wissenschaftsrats zur Neuordnung der Universitätsmedizin in Schleswig-Holstein für die Zukunft erfolgreich zu gestalten. Die Umsetzung der Eckpunkte gewährleistet die öffentlich-rechtliche Trägerschaft der Krankenversorgung und die zügige Umsetzung des Masterplans ‚Bau‘ an beiden Standorten.“

Für die Stärkung der Spitzenforschung in der Universitätsmedizin soll die Medizin stärker als bisher in die beiden Universitäten integriert und ein neuer institutioneller Rahmen geschaffen werden. Die zentrale Empfehlung des Wissenschaftsrates, den beiden Standorten Kiel und Lübeck mehr eigenständige Profilbildung zu ermöglichen, wird durch den vorliegenden Vorschlag aufgenommen und konkretisiert.

Die Eckpunkte der Neuordnung sind:

  1. Entstehung von zwei wissenschaftlich eigenständig agierenden Universitätsmedizinstandorten mit jeweils eigenen Klinika und Vorständen. In den Vorständen wird ein stimmberechtigtes Mitglied für den Bereich Forschung und Lehre verankert, um die vom Wissenschaftsrat als mangelhaft kritisierte Interaktion zwischen Forschung, Lehre und Krankenversorgung zu verbessern. 
  2. Zusammenfassung der beiden Klinika in einer übergreifenden Holding, um bereits erzielte und künftig erzielbare wirtschaftliche Synergiepotentiale einer standortübergreifenden Zusammenarbeit in den Bereichen Krankenversorgung und Verwaltung zu sichern. Die Holding wird von einem Strategievorstand geleitet, der sich aus den Mitgliedern der beiden Klinikvorstände zusammensetzt. Diese Struktur gewährleistet, dass beide Klinika miteinander verbunden bleiben und koordiniert zusammenarbeiten. 
  3. Sowohl die Holding als auch die Klinika sind in der Rechtsform der Anstalt des öffentlichen Rechts organisiert. Damit wird auch weiterhin die öffentliche Trägerschaft der Krankenversorgung in Schleswig-Holstein gewährleistet. 
  4. Während sich die Holding strategischen Fragestellungen sowie der Koordination der gemeinsamen Tochterunternehmen, der übergreifenden Einrichtungen der Krankenversorgung und der Verwaltung widmet, sind für das operative Geschäft vor Ort ausschließlich die beiden Klinikvorstände zuständig.
  5. Alle bestehenden Tochtergesellschaften und campusübergreifenden Einrichtungen des UKSH sowohl in der Krankenversorgung als auch in der Verwaltung werden in der Holding angesiedelt. Weitere gemeinsame Einrichtungen können hinzukommen, wenn es sich fachlich und wirtschaftlich anbietet. Die in den vergangenen Jahren vom UKSH erzielten Synergieeffekte werden auch zukünftig ausgeschöpft. 
  6. Die beiden Universitäten nehmen wieder mehr Verantwortung für die Steuerung der Medizin wahr. Die Landesfinanzierung für Forschung und Lehre in der Medizin (derzeit rund 120 Millionen Euro jährlich) erfolgt deshalb in Zukunft direkt an die Universitäten Kiel und Lübeck. In die nächsten Zielvereinbarungen zwischen Land und Universitäten wird die Medizin mit aufgenommen – als Basis für die Finanzzuweisungen des Landes. 
    Nur Zuschüsse, die unmittelbar der Krankenversorgung dienen (so genannte Trägerkosten, bestimmte Investitionen), werden den beiden Kliniken direkt zugewiesen und im Landeshaushalt getrennt von der Finanzierung von Forschung und Lehre ausgewiesen. Die so verstärkte Verantwortung der Universitäten wird u.a. dazu beitragen, die sehr erfolgreiche interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen der Medizin und anderen universitären Disziplinen in den Lebenswissenschaften zu optimieren. 
  7. Die Universitäten koordinieren stärker als bisher ihre wissenschaftliche Zusammenarbeit. Hierfür wird ein Koordinationsgremium gebildet, das die Zielvereinbarungen zwischen Land und Universitäten für den Bereich der Medizin miteinander abstimmt sowie den Aufbau gemeinsamer wissenschaftlicher Einrichtungen und Forschungsprogramme initiiert und koordiniert. Dieses Gremium sowie die eigene Budgetverantwortung der Universitäten machen den Medizin-Ausschuss in Zukunft entbehrlich. 
  8. Die Universitäten gründen gemeinsam eine Exzellenzakademie, in der sie - beginnend mit dem Exzellenzcluster „Entzündung an Grenzflächen“ - exzellenten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern dauerhaft attraktive Rahmenbedingungen wie eine nachhaltige Finanzierung für Spitzenforschung in Schleswig-Holstein schaffen wollen. 

Mit der von den Universitäten Kiel und Lübeck einvernehmlich entwickelten Konzeption liegt erstmals ein gemeinsam getragenes Organisationskonzept für die Universitätsmedizin vor, das im politischen Raum konsensfähig ist. Damit schafft es eine zentrale Voraussetzung für den schnellstmöglichen Beginn der dringend erforderlichen baulichen Sanierung. 

Das Konzept setzt darüber hinaus ein Signal des konstruktiven Miteinanders zwischen den beiden Universitäten und unterstützt maßgeblich die anstehende Wiederbegutachtung des gemeinsam mit dem Forschungszentrum Borstel getragenen Exzellenzclusters „Entzündung an Grenzflächen“.  

Die Struktur der zukünftigen Universitätsmedizin bleibt mit diesem Konzept öffentlich-rechtlich. Damit wird der derzeitige politische Konsens in dieser Frage unterstrichen und eine Akzeptanz des Konzepts auch bei Personalvertretungen und Gewerkschaften ermöglicht. 

Das Modell der UKSH-Holding erhält die standortübergreifenden Synergien in den Bereichen der Krankenversorgung und Verwaltung und hat somit gegenüber dem derzeitigen Fusionsmodell keine nachteiligen wirtschaftlichen Folgen. Es ist vielmehr zu erwarten, dass die künftige engere und bessere Koordination zwischen Krankenversorgung sowie Forschung und Lehre die strategische Entwicklung und Profilbildung der beiden Universitätsmedizinstandorte und damit auch deren wirtschaftliche Leistungsfähigkeit stärken wird. 

Das Konzept wird dazu beitragen, den beiden universitären Medizinstandorten mehr dezentrale Verantwortung, Initiativkraft und Strategiefähigkeit zu geben – ohne dabei die Vorteile einer übergreifenden Holding zu beseitigen. Damit wird die Universitätsmedizin ihre zentrale Rolle als Motor für Innovationen in Forschung und Entwicklung sowie in der Gesundheitswirtschaft Schleswig-Holsteins verstärkt wahrnehmen können. 

Organisationsmodell für die Neuordnung der Universitätsmedizin in Schleswig-Holstein