Mathematiker und Mediziner wollen die Funktionsfähigkeit von Organen aus dynamischen Bilddaten präzise und patientenindividuell beurteilen
Zum einen wird dazu die Funktionsweise zum Beispiel von Niere oder Herz-Kreislaufsystem genau und objektiv berechnet, zum anderen wird eine optimale Therapie abgeleitet und deren Verlauf kontrolliert. Ein ambitionierter Projektantrag des Instituts für Mathematische Methoden der Bildverarbeitung der Universität zu Lübeck wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung erfolgreich bewilligt. Das Team um Prof. Dr. Jan Modersitzki erforscht und entwickelt mathematische Methoden, mit denen aus medizinischen Bilddaten optimale Erkenntnisse abgeleitet werden können.
Die Lübecker Gruppe ist Partner im Verbundprojekt „Dynamische medizinische Bildgebung: Modellierung und Analyse medizinischer Daten für verbesserte Diagnose, Überwachung und Arzneimittelentwicklung (Med4D)“, zu dem neben den Universitäten Lübeck, Münster und Bochum auch die Universitätskliniken Schleswig-Holstein und Münster sowie Industriepartner gehören. Das neue Projekt hat eine Laufzeit von drei Jahren und wird mit ca. 836.000 Euro aus dem Programm „Mathematik für Innovationen in Industrie“ gefördert. Das offizielle Auftakttreffen findet am 20. und 21. Juni statt.
Veränderungen beobachten
Der Stoffwechselprozess eines gesunden Organs folgt spezifischen Mustern. Mittels moderner bildgebender Verfahren - wie z. B. der Magnetresonanztomographie - kann dieser Prozess bei einem Patienten über die Zeit aufgenommen werden. Damit kann prinzipiell festgestellt werden, ob das gemessene Organ diesen Mustern folgt und damit gesund ist oder nicht. Herzschlag und insbesondere Atmung des Patienten verfälschen diese Messung jedoch gravierend. Hier greift die international anerkannte Expertise der Lübecker Gruppe. Mittels komplexer mathematischer Modelle kann die Bewegung bestimmt und die Messung nachträglich korrigiert werden. Weitere mathematische Modelle kommen zum Einsatz, um spezifische Aussagen über die Funktionsweise abzuleiten.
Mathematisch präzise
Mit diesen Modellen können die Forscher den Klinikern dann genaue Informationen darüber geben, in welchem Maße die Nierenfunktion beeinträchtigt ist und insbesondere welche Teile der Niere dies betrifft. Aber auch der Erfolg einer Therapie kann besser beurteilt werden. Bevor die Modelle jedoch auf einem Computer implementiert werden können und zum klinischen Einsatz kommen, müssen sie natürlich erst entwickelt und mathematisch sorgfältig untersucht werden. „Falsche Modelle und Rechenfehler haben in der Medizin nichts zu suchen“, so die Mathematiker.
Kooperationspartner
Neben den Universitäten Bochum, Münster und Lübeck und den Universitätskliniken Schleswig-Holstein und Münster sind auch die Firmen Siemens und Novartis an dem Verbundprojekt beteiligt. Die Industriepartner interessiert vor allem, wie sich zeitabhängige Messungen angemessen mit bildgebenden Verfahren verwerten lassen und wie sich die quantitative Bildgebung für Organe mit Bewegung weiterentwickeln lässt. Auch der Einsatz von quantitativen bildgebenden Verfahren für die Entwicklung von Arzneimitteln ist Teil des Projekts.
Die Projektpartner untersuchen verschiedene Anwendungsaspekte exemplarisch für das Herz-Kreislaufsystem und die Nierenfunktion. Der Lübecker Fokus liegt auf der mathematischen Kopplung von Bewegungen des Patienten und seiner Organe einerseits und Dynamik des Kontrastmittels andererseits. In Zusammenarbeit mit Professor Barkhausen von der Radiologie am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein und Professor Rorvik von der Haukeland Universitätsklinik in Bergen werden Modelle erprobt und bewertet.
für die Ukraine