Lübeck, Borstel und Cincinnati kooperieren bei Promotionsmöglichkeiten zu Allergien und Infektionen auf hohem fachlichen Niveau
Der Bewilligungsausschuss der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) hat in seiner Sitzung am 9. November 2012 die Einrichtung des Internationalen Graduiertenkollegs (IGK) „Immunregulation der Entzündung bei Allergien und Infektionen“ beschlossen. Sprecher des IGK 1911 ist Prof. Dr. Jörg Köhl, Direktor des Instituts für Systemische Entzündungsforschung an der Universität zu Lübeck. Das Graduiertenkolleg wird ab dem 1. April 2013 für viereinhalb Jahre mit mehr als vier Millionen Euro gefördert.
Graduiertenkollegs bieten Doktorandinnen und Doktoranden die Chance, in einem strukturierten Forschungs- und Qualifizierungsprogramm auf hohem fachlichem Niveau zu promovieren. Sie dienen damit der weiteren Stärkung des wissenschaftlichen Nachwuchses in Deutschland. Die DFG hat insgesamt 23 neue Graduiertenkollegs eingerichtet. Neun davon sind international. Das IGK „Immunregulation der Entzündung bei Allergien und Infektionen“ ist das erste in Schleswig-Holstein.
Allergien und Infektionen sind Erkrankungen von enormer medizinischer und sozio-ökonomischer Relevanz. Das Immunsystem spielt eine wesentliche Rolle bei der Auseinandersetzung mit Infektionserregern und der Entwicklung von allergischen Erkrankungen. Interessanterweise werden sowohl Infektionserreger als auch Allergene gemeinsam durch das angeborene Immunsystem erkannt. Während dies im ersten Fall zu gewollten und sinnvollen Entzündungsreaktionen führt mit zumeist erfolgreicher Elimination des Infektionserregers, kommt es im zweiten Fall zu einer Immunantwort des erworbenen Immunsystems, die in eine ungewollte Entzündungsreaktion einmündet.
Viele der humoralen und zellulären Mechanismen, über die Entzündungsreaktionen nach Erreger- oder Allergenkontakt vermittelt werden, sind überraschend ähnlich. Bisher sind die beiden Themenbereiche zumeist isoliert betrachtet worden. Das jetzt von der DFG geförderte Graduiertenkolleg zielt darauf ab, Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Entzündungsreaktionen bei allergischen und infektiösen Erkrankungen besser zu verstehen. Ein besseres Verständnis dieser Immunmechanismen hätte enorme Bedeutung für die Prävention und /oder Therapie infektiöser und allergischer Erkrankungen.
„Das IGK wird getragen von sieben Wissenschaftlern und drei Nachwuchswissenschaftlern aus dem Institut für Systemische Entzündungsforschung sowie den Instituten für Anatomie und der Medizinische Mikrobiologie und Hygiene der Universität zu Lübeck, die im Zentrum für Infektions- und Entzündungsforschung (Z.I.E.L.) zusammenarbeiten, und vier Wissenschaftlern des Leibniz-Forschungszentrums Borstel“, erläutert Prof. Köhl. Die Wissenschaftler aus Lübeck und Borstel arbeiten im Graduiertenkolleg (engl.: International Research Training Group) zusammen mit zehn Wissenschaftlern von der Universität und dem Kinderkrankenhaus in Cincinnati (Ohio, USA).
Gemeinsam bilden sie den strukturellen Rahmen für ein Ausbildungsprogramm, in dem dreizehn Studierende innerhalb von drei Jahren die Qualifikation Dr. rer. nat. bzw. Ph.D. erwerben können. Zusätzlich fördert das Programm zwei promovierte Medizinerinnen und/oder Mediziner und sechs Medizinstudierende mit Interesse an der Thematik des Kollegs. Die Mediziner können im Graduiertenkolleg in einem „Fast track“ die Dr. rer. nat. bzw. Ph.D. Qualifikation erwerben. „Mit dieser Fördermöglichkeit wollen wir auch junge Mediziner für eine wissenschaftliche Laufbahn begeistern“, hebt Prof. Köhl hervor.
Das Forschungsprogramm wird ergänzt durch ein gemeinsames, strukturiertes Qualifizierungskonzept und die grenzüberschreitende Betreuung der Promovierenden mit definierten Ausbildungsmodulen, die koordinierte, wechselseitige Forschungsaufenthalte beinhalten. „Im Vorfeld des Kollegs haben in den letzten zwei Jahren schon acht Studenten aus Lübeck und Borstel Partnerlabore in Cincinnati und zwei Studenten aus den USA Partnerlabore in Lübeck und Borstel besucht“, erklärt Prof. Köhl.
Als Teil des Qualifizierungskonzeptes des Graduiertenkollegs wird nun jeder Studierende sechs bis zwölf Monate im korrespondierenden Partnerlabor forschen. Weiterhin beinhaltet das Programm ein IGK-spezifisches Seminar, das Gastwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler integriert, gemeinsam durchgeführte Kurse, ein jährliches mehrtägiges Treffen (retreat), ein internationales Symposium sowie individuelle Ausbildungsmodule und ein individuelles Mentorenprogramm. Die jährlichen Retreats werden zusammen mit dem in Cincinnati bereits seit 2004 etablierten „Immunobiology Graduate Program“ wechselseitig in Deutschland und in den USA durchgeführt.
Das Graduiertenkolleg arbeitet zudem mit der Firma Euroimmun zusammen, um den Studentinnen und Studenten Einblicke in das Arbeitsfeld von Wissenschaftlern in einer international agierenden Biotec Company zu ermöglichen. Das strukturierte Ausbildungs- und Forschungsprogramm soll den Promovierenden innerhalb von drei Jahren die notwendigen Fähigkeiten vermitteln, um für den nationalen und internationalen Arbeitsmarkt gerüstet zu sein.
„Die erstmalige Förderung eines Internationalen Graduiertenkollegs durch die DFG in Schleswig-Holstein ist ein fantastischer Erfolg für unsere Universität, der den Forschungsschwerpunkt ‚Infektion und Entzündung‘ nachhaltig stärken wird“, hebt Prof. Dr. Peter Dominiak, Präsident der Universität zu Lübeck, hervor. „Das Graduiertenkolleg stellt eine wichtige thematische Ergänzung des Exzellenzclusters ‚Entzündung an Grenzflächen‘ dar, dessen Weiterförderung für vier Jahre die DFG im Sommer bewilligt hat. Zudem wird es weiter zur Integration der Forschung auf den Gebieten Allergie und Infektion zwischen den Standorten Lübeck und Borstel beisteuern und damit deren Beiträge zu den vorhandenen Konsortien in den Deutschen Zentren für Lungenforschung (DZL) und für Infektionsforschung (DZIF) sowie dem Sonderforschungsbereich/Transregio 22 ‚Allergische Immunantworten der Lunge‘ in Marburg, Lübeck/Borstel und München unterstützen.“
für die Ukraine