Zusammenspiel zwischen Genetik und
Darmmikrobiom bestimmt die Anfälligkeit
Multiple Sklerose (MS) ist eine Autoimmunerkrankung des Nervensystems von der ca. 2,3 Millionen Menschen weltweit betroffen sind. Im Verlauf der Erkrankung greift das Immunsystem die elektrische Isolationsschicht von Neuronen an und es entstehen Entzündungsherde in Gehirn und Rückenmark, die mit der Zeit zu schwerwiegenden neurologischen Symptomen führen können. Die genauen Ursachen von MS sind bisher noch nicht geklärt. Neben einer Veranlagung im Erbgut werden Virusinfektionen oder auch Umwelteinflüsse für MS verantwortlich gemacht. So gibt es Immer mehr Hinweise, dass das Mikrobiom des Darms, sprich die Zusammensetzung der Bakterien, die dort leben, eine Rolle bei Autoimmunerkrankungen spielt und auch für MS ursächlich sein könnte.
Dieser Frage ist ein deutsch-amerikanisches Team unter der Leitung von Dr. Krementsov der University of Vermont in Zusammenarbeit mit Prof. Hauke Busch und Dr. Axel Künstner vom Institut für experimentelle Dermatologie der Universität zu Lübeck nachgegangen, indem sie das Zusammenspiel zwischen Genetik und Darmmikrobiom bei der Entwicklung von MS in Mäusen untersuchten. In ihrer Arbeit haben sie gezeigt, dass Mäuse je nach genetischer Ausprägung eine unterschiedliche Anfälligkeit für MS haben, die gleichzeitig vom Darmmikrobiom und dem Stoffwechsel beeinflusst wird. Hierfür wurde ausgehend vom Mikrobiom eine Vorhersage über die Stoffwechselprodukte der Bakterien gemacht. Nicht nur wurden in den Mäusen unterschiedliche Mikrobiota festgestellt, sondern es konnten auch zwei Stoffe, Propionsäure und Bytorate mit der Schwere der Erkrankung in Zusammenhang gebracht werden.
In Mäusen, die auf Grund ihres Erbguts besonders schwer von MS betroffen waren, fanden die Wissenschaftler vermehrt die Bakterienart Lactobacillus reuteri. Diesen Zusammenhang bestätigten die Wissenschaftler mittels Mikrobiomtransfer. Mäuse ohne eigene Darmflora erhielten entweder normales Darmmikrobiom oder ein Microbiom, das mit Lactobacillus reuteri angereichert war. Im letzten Fall zeigten die Mäuse in der Tat eine stärkere Ausprägung von MS.
Dies ist weltweit die erste Studie, die einen Zusammenhang zwischen Mikrobiom, Genetik und Multipler Sklerose in der Maus nachweisen konnte. „Unsere Studie zeigt, wie wichtig es ist, verschiedene Faktoren für die Entstehung und den Verlauf von komplexen Erkrankungen wie MS zu berücksichtigen.“, sagt Dr. Künstner, der leitende Bioinformatiker der Studie. „Insbesondere die Ernährung, die letztlich unser Darmmikrobiom steuert, kann ein wichtiger Faktor für die Prävention und der Behandlung von MS sein, was der Medizin neue Hoffnung für Therapien gibt.“
Die Ergebnisse dieser Studie sind auf der Webseite des renommierten Journals Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) veröffentlicht.
‘Interactions between host genetics and gut microbiota determine susceptibility to CNS autoimmunity’ Theresa L. Montgomery, Axel Künstner, Josephine J. Kennedya Qian Fang, Lori Asarian, Rachel Culp-Hill, Angelo D’Alessandro, Cory Teuscher, Hauke Busch, and Dimitry N. Krementsov. PNAS. DOI: doi.org/10.1073/pnas.2002817117
Hauke Busch und Axel Künstner
Kontakt:
- Prof. Hauke Busch: hauke.busch@uni-luebeck.de
- Prof. Dimitry N. Krementsov: dkrement@uvm.edu
- Dr. Axel Künstner: axel.kuenstner@uni-luebeck.de
für die Ukraine