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Dienstag, 09.05.2006

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Mal richtig Dampf ablassen - und der Zorn ist verraucht?

Aggressionsforscher Bushman hinterfragt die Katharsis-Theorie

Der Aggressionsforscher Brad J. Bushman berichtet in einem öffentlichen Gastvortrag an der Universität Forschungsbefunde gegen die populäre Katharsis-Theorie, nach der eigenes aggressives Handeln einen "reinigenden" Effekt besitzt (Mittwoch, 31. Mai 2006, 17:00 Uhr, Hörsaal Z3 - Zentralklinikum). Der Glaube an die durchweg positive Wirkung des Dampfablassens ist auch in Deutschland weit verbreitet. Zahlreiche Beispiele finden sich dazu auch in den Massenmedien: So wird in Filmen, Liedern und Werbung die vermeintlich gesunde Wirkung angepriesen, wenn man dem eigenen Ärger mal so richtig "Luft macht".

Aber gibt es Belege für die Richtigkeit dieser populären Theorie, die in der Aggressionsforschung als Katharsis-Theorie bezeichnet wird? Stimmt es, dass eigenes aggressives Handeln aufgestauten Zorn und Aggression effektiv reduziert? Hat gar die Nutzung aggressiver Computerspiele nicht den befürchteten negativen, sondern vielleicht einen, die eigenen Aggressionen hemmenden, Effekt für den Spieler?

Zu diesen Fragen konnte nun mit dem Psychologen Brad J. Bushman von der University of Michigan in Ann Arbor (USA) einer der führenden Vertreter der Aggressions- und Medienwirkungsforschung für einen öffentlichen Gastvortrag an der Universität zu Lübeck gewonnen werden. Prof. Bushman ist durch zahlreiche Publikationen in renommierten Fachzeitschriften international bekannt geworden. Große Aufmerksamkeit erlangte er vor allem durch eine vergleichende Studie, in der Bushman und sein Kollege Craig Anderson eine Beziehung zwischen dem Konsum medialer Gewalt und dem aggressiven Verhalten der Mediennutzer nachweisen konnten.

Im Rahmen des Kolloquiums für Mathematik und Informatik wird Prof. Bushman nun in Lübeck seine Forschungsbefunde zur Katharsis-Theorie darstellen. Mithilfe von Überblicksstudien, so genannten Meta-Analysen, überprüften Bushman und seine Mitarbeiter die Theorie der reinigenden Wirkung, indem sie die Ergebnisse von 165 Studien mit insgesamt 11.362 Teilnehmerinnen und Teilnehmern verglichen. Ihre Befunde - soviel sei hier vorweg genommen - sind eindeutig: es konnten keinerlei Belege für die Gültigkeit der Katharsis-Theorie gefunden werden. Tatsächlich zeigte sich sogar ein deutlicher, die Aggression verstärkender Effekt des "Dampfablassens", der das Feuer des Zorns erst recht entfachte.

Bereits im letzten Jahr stellte Prof. Bushman seine Forschungsergebnisse zu den Auswirkungen des Konsums von Gewalt in den Medien an der Universität zu Lübeck vor. Dass Bushman damit auf großes Interesse an einem hoch aktuellen Thema stieß, belegte der große Andrang des Publikums.

"Die Resonanz auf Prof. Bushmans Vortrag zur Wirkung medialer Gewalt war überwältigend. Er war selbst sehr angetan davon, wie sehr sich die Studierenden und Forscherkollegen, aber auch die Lübecker Bürgerinnen und Bürger für dieses Thema interessierten", berichtet Dr. André Melzer vom Institut für Multimediale und Interaktive Systeme (IMIS).

Bushman habe daher, so Melzer weiter, das Angebot eines erneuten Gastvortrages an der Universität zu Lübeck sofort angenommen. Ihn habe zudem der Lehr-Ansatz beeindruckt, dass sich die Studierenden der Medieninformatik auch mit den Fragen der Medienwirkungen beschäftigen. "Da sie die Medien später in ihrem Beruf selbst mitgestalten werden, müssen wir die angehenden Medieninformatiker bereits im Grundstudium nicht nur an die Technologien, sondern auch an die Fragen der Nutzung und Wirkung der verschiedenen Medien heranführen", erläutert Institutsleiter Prof. Michael Herczeg.

Offenbar gefielen Prof. Bushman aber nicht nur die Universität und ihr Lehr- und Forschungsangebot. Auch die Stadt Lübeck und ihr Umland haben es Bushman wohl angetan. "Er hat mir bereits mitgeteilt, dass er sich wieder auf St. Petri und den Blick über Lübeck freut", so Melzer.

Der Vortrag von Prof. Bushman findet am Mittwoch, den 31. Mai um 17:00 Uhr im Hörsaal Z3 der Universität (Zentralklinikum) statt. Der Vortrag wird in englischer Sprache gehalten. Die Veranstaltung ist öffentlich und der Eintritt ist kostenlos.

Aggressionsforscher Brad J. Bushman

Aggressionsforscher Brad J. Bushman