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Dienstag, 23.07.2019

Forschung

Magnetischen Nanopartikeln beim Wachsen zusehen

Am Institut für Medizintechnik wird ein neuartiges Tracer-basiertes, bildgebendes Verfahren für die Medizin erforscht, das die Radiologie revolutionieren könnte

Die kontrastgebenden magnetischen Nanopartikel, die als Tracer verwendet werden, entstehen in einer chemischen Synthese. Dies konnte erstmals in einer neuen Fachveröffentlichung gezeigt werden, die am 22. Juli in der renommierten Wissenschaftszeitschrift „Nature – Scientific Reports“ erschien. Ein Tracer (engl. trace = Spur) ist eine künstliche Substanz, die nach Einbringung in den lebenden Körper am Stoffwechsel teilnimmt und darüber unterschiedlichste Untersuchungen ermöglicht oder erleichtert. Wegen der minimalen Stoffmenge werden dabei die Körperfunktionen nicht gestört.

Das seit 2007 am Institut für Medizintechnik erforschte Bildgebungsverfahren Magnetic Particle Imaging (MPI) nutzt die einzigartigen magnetischen Eigenschaften von gerade einmal 0,00001 mm großen Eisenoxidpartikeln, um dreidimensionale Bilder aus lebenden Organismen zu erzeugen. Die winzigen Magnetpartikel, die etwa 50mal kleiner sind als die Wellenlänge des sichtbaren Lichtes, werden dazu mit unbedenklichen Magnetfeldern angeregt. Dabei geben die Partikel charakteristische elektromagnetische Signale ab, aus denen dreidimensionale Bilder berechnet werden können. Die Methode sticht besonders durch ihre Echtzeitfähigkeit heraus und ist dabei nicht auf gesundheitsschädliche radioaktive Strahlung angewiesen.

Auf diesem Gebiet ist es einem Forscherteam des Institutes für Medizintechnik kürzlich gelungen, die magnetische Partikel-Spektroskopie (MPS), eine relativ neue Messtechnik zur Bestimmung der magnetischen Eigenschaften dieser Eisenoxidpartikel, entscheidend weiterzuentwickeln. Bisher konnten die Eisenoxidpartikel nur nach dem Syntheseprozess gemessen und analysiert werden.

Die neuartige „in-situ magnetische Partikel-Spektroskopie“ (INSPECT) macht es möglich, die Partikel während der gesamten Synthese zu analysieren und die Syntheseparameter zu optimieren (Abb. 1). Von der Partikelgenese über das Wachstum bis zur stabilen kolloidalen Suspension können die Nanopartikel in Echtzeit überwacht werden. Im Rahmen einer alkalischen Fällung konnte die Änderung der magnetischen Eigenschaften der Eisenoxidpartikel während der Keimbildung und Wachstumsphase der Synthese demonstriert werden. Das Gerät ist in der Lage, die Änderungen der Amplituden- und Phasenspektren und damit auch der Hysterese aufzuzeichnen. Damit ist es ein leistungsfähiges Werkzeug zur Vertiefung des Verständnisses der Dynamik der Nanopartikelsynthese.

Die Möglichkeiten, die sich aus der Optimierung der Partikelsynthese für die biomedizinische Forschung ergeben, reichen von einer schonenderen Diagnostik bis hin zur Verfolgung einzelner Zellen in Forschungsfragestellungen. In der Perspektive auf die klinische Anwendung von Magnetic Particle Imaging ergeben sich damit neue Möglichkeiten nicht nur zur Diagnostik, sondern auch bei der Aufklärung grundlegender biologischer Prozesse im Körper.

Publikation:
Ankit Malhotra, Anselm von Gladiss, André Behrends, Thomas Friedrich, Alexander Neumann, Thorsten M. Buzug und Kerstin Lüdtke-Buzug: „Tracking the Growth of Superparamagnetic Nanoparticles with an In-Situ Magnetic Particle Spectrometer (INSPECT)”, Nature – Scientific Reports, DOI: 10.1038/s41598-019-46882-6 (Link: www.nature.com/articles/s41598-019-46882-6).

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Abb. 1: Das magnetische Moment der dritten, fünften, siebten und neunten Harmonischen im Vergleich zur Zeit des gesamten Syntheseprozesses. Der Syntheseprozess kann in drei verschiedene Intervalle unterteilt werden. Das erste Intervall ist die Keimbildungsphase, in der im Laufe der Zeit nur eine geringe Veränderung der magnetischen Eigenschaften zu erkennen ist. Es folgt eine plötzliche Wachstumsphase. Das letzte Intervall ist die Wachstumsphase, hier findet ein langsames lineares Partikelwachstum statt, das in ein statisches Verhalten übergeht. In dieser Phase wird der Syntheseprozess gestoppt.

Abb. 2: Ankit Malhotra (links) ist Doktorand in der Forschungsgruppe Biochemical Engineering, die von Dr. Kerstin Lüdtke-Buzug (rechts) im Institut für Medizintechnik der Universität zu Lübeck geleitet wird. Im Fokus ihrer Arbeitsgruppe liegt die Entwicklung neuer Tracer für bildgebende Verfahren.