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Donnerstag, 21.10.2021

Forschung

Long COVID

Mitglieder der Arbeitsgruppe von links nach rechts: Markus Schwaninger, Jan Wenzel, Josephine Lampe, Helge Müller-Fielitz. Foto: Nina Feller

Potentieller therapeutischer Angriffspunkt entdeckt

In einer neuen Studie hat eine Lübecker Forschungsgruppe untersucht, wie COVID-19 auf Endothelzellen im Gehirn wirkt. Zusammen mit weiteren Forscherinnen und Forschern aus Frankreich, Spanien und Deutschland fanden die Lübecker heraus, dass SARS-CoV-2 zu einem Gefäßuntergang im Gehirn führt, der durch die Spaltung eines Proteins namens NEMO vermittelt wird und durch eine spezifische pharmakologische Intervention unterbunden werden kann.

Diese neuen Erkenntnisse über die Wirkung von SARS-CoV-2 auf das Gefäßsystem des Gehirns bieten einen potenziellen therapeutischen Angriffspunkt für Long COVID.

Die Studie unter der Leitung von Markus Schwaninger, Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Toxikologie der Universität Lübeck, zeigt, dass Endothelzellen im Gehirn mit SARS-CoV-2 infiziert werden können, und dass eine solche Infektion zum Zelltod führt. Endothelzellen bilden die innere Schicht aller Gefäße im Körper, wobei die Endothelzellen des Gehirns spezielle Eigenschaften aufweisen, um eine dichte Schnittstelle zwischen Blut und Gewebe, die so genannte Blut-Hirn-Schranke, zu bilden. Im Falle eines Zelltods bleibt lediglich die äußere Hülle der Gefäße übrig, die aber nicht mehr von Blut durchströmt werden kann.

Einsatz hochentwickelter Technik

Die Folgen entdeckten sie in Gehirnproben von verstorbenen COVID-19-Patienten und Patientinnen, und in Zell- und Tiermodellen einer SARS-CoV-2-Infektion. Durch diese Modelle und den Einsatz hochentwickelter Techniken wie Einzelzell-RNA-Sequenzierung, Massenspektrometrie und Super-Resolution-Mikroskopie fanden sie heraus, dass die SARS-CoV-2-Hauptprotease Mpro ein Protein des Menschen, NEMO genannt, spaltet. Dieses Protein ist für das Überleben von Gehirnendothelzellen notwendig; seine Spaltung führt zum Untergang von Blutgefäßen durch sogenannte Nekroptose.

Die Autoren und Autorinnen konnten zeigen, dass die Blockierung der Nekroptose die Durchblutung des Gehirns von Mäusen verbessert. Auf diese Weise könnten Long COVID-Symptome wie das sogenannte Fatigue-Syndrom oder kognitive Beeinträchtigungen, die selbst Kinder und Betroffene mit anfänglich leichten Symptomen betreffen, behandelt werden. Diese wegweisende Studie, die in Nature Neuroscience veröffentlicht wurde, liefert den ersten Beweis für eine direkte Wirkung von SARS-CoV-2 auf die Gefäße des Gehirns und bietet eine neuartige Strategie zur Überwindung neurologischer Folgen von COVID-19.

Originalpublikation:

www.nature.com/articles/s41593-021-00926-1

Wissenschaftlicher Kontakt:

Dr. Jan Wenzel, PhD, Universität zu Lübeck, Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Toxikologie, Center of Brain, Behavior and Metabolism, Ratzeburger Allee 160, 23562 Lübeck, Tel.: 0451 3101 7224, E-Mail: jan.wenzel(at)uni-luebeck(dot)de

Prof. Dr. Markus Schwaninger, Univeristät zu Lübeck, Direktor des Instituts für Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Toxikologie, Center of Brain, Behaviour and Metabolism, Ratzeburger Allee 160, 23562 Lübeck, Tel.: 0451 3101 7200, E-Mail: markus.schwaninger@uni-luebeck.de

Originalpublikation: www.nature.com/articles/s41593-021-00926-1
 

SARS-CoV-2 führte im Gehirn von verstorbenen COVID-19-Patienten sowie in Tiermodellen zum Absterben von kleinen Blutgefäßen, hier beispielhaft dargestellt durch die verbliebene aber nicht mehr durchblutete äußere Hülle (magenta, Kollagen IV)) ohne Endothelzellen (grün, CD31). Quelle: https://www.nature.com/articles/s41593-021-00926-1