Lübecker Biochemiker und Physiker eröffnen eine neue Möglichkeit
für das maßgeschneiderte Design von chemischen Katalysatoren und therapeutischen Wirkstoffen
Die chemische Oxidation von Kohlenwasserstoffen ist sehr energieaufwendig. So müssen etwa für die Umwandlung des Methans, des Hauptbestandteils von Erdgas, in flüssiges Methanol drastische Reaktionsbedingungen wie hoher Druck und hohe Temperaturen angewendet werden.
In der Natur laufen solche Reaktionen viel schonender ab; sie werden häufig durch eisenhaltige Enzyme katalysiert, die molekularen Sauerstoff (O2) aus der Luft aufnehmen, aktivieren, in atomaren Sauerstoff (O) spalten und diesen dann in die Bindung zwischen Kohlenstoff und Wasserstoff des Kohlenwasserstoffmoleküls einfügen.
Es ist von großem Interesse, das aktive Zentrum solcher Enzyme durch chemische Synthese nachzubauen und so einen Katalysator zu gewinnen, der die Oxidationsreaktionen viel schonender und kostengünstiger durchführt als die derzeitigen technischen Verfahren. Leider sind die entsprechenden Zwischenstufen der Sauerstoff-Aktivierung nur sehr kurzlebig; in den meisten Fällen existieren sie nur für ein paar Sekundenbruchteile. Ihre Strukturen sind daher sehr schwer zu untersuchen.
Es gibt allerdings ein Enzym namens Deoxyhypusin-Hydroxylase (DOHH) aus menschlichen Zellen, welches eine ähnliche Oxidationsreaktion einer seltenen Aminosäure katalysiert - in diesem Fall ist die sauerstoff-aktivierende Zwischenstufe über einige Tage stabil.
Prof. Rolf Hilgenfeld und sein Doktorand Zhenggang Han vom Institut für Biochemie der Universität zu Lübeck haben diese sogenannte Peroxo-Zwischenstufe der DOHH nun kristallisiert und ihre dreidimensionale Struktur aufgeklärt, und Prof. Alfred Xaver Trautwein vom Institut für Physik der Universität Lübeck hat die Wechselwirkungen zwischen Sauerstoff und Eisenatomen im Zentrum des Enzyms spektroskopisch untersucht.
Durch diese Arbeit, die in der aktuellen Online-Ausgabe des Fachjournals "Structure" erschienen ist, wurde zum ersten Mal die Struktur einer biologischen Zwischenstufe dieser Art sichtbar gemacht; damit eröffnen sich völlig neue Möglichkeiten für deren Nachahmung durch chemische Synthese.
Neben dieser Rolle als Modell für kurzlebige Zwischenstufen kommt dem Enzym DOHH auch eine wichtige Funktion bei der HIV-Infektion, bei bestimmten Krebsarten und bei Diabetes zu, so dass die neue Kristallstruktur aus Lübeck nun das maßgeschneiderte Entwerfen von Wirkstoffen gegen eine ganze Reihe von Krankheiten ermöglicht.
Publikation:
Zhenggang Han, Naoki Sakai, Lars Böttger, Sebastian Klinke, Joachim Hauber, Alfred Xaver Trautwein & Rolf Hilgenfeld: Crystal Structure of the Peroxo-diiron(III) Intermediate of Deoxyhypusine Hydroxylase, an Oxygenase Involved in Hypusination. Structure, im Druck. DOI: http://dx.doi.org/10.1016/j.str.2015.03.002
Die gedruckte Ausgabe von Structure mit dieser Publikation erscheint am 5. Mai 2015.
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