Entzündungsforscher sind den Ursachen schwerwiegender Transfusionskomplikationen auf der Spur
Forscher des Exzellenzclusters Entzündungsforschung haben einen neuen Mechanismus entdeckt, der zur Entwicklung von transfusionsassoziierter akuter Lungeninsuffizienz (TRALI) führt. Das berichtet das Wissenschaftsmagazin "Journal of Experimental Medicine" in seiner Novemberausgabe (J. Exp. Med. 2011, 208: 525). Zusammen mit Forschern aus den USA und den Niederlanden entdeckte der Lübecker Immunologe Prof. Dr. Jörg Köhl, dass sogenannte HLA Antikörper, die häufig im Spenderplasma von Frauen zu finden sind, das Komplementsystem aktivieren und dass diese Aktivierung ursächlich zur Ausbildung der endothelialen Schrankenstörung und zur Lungeninsuffizienz führt.
TRALI ist eine schwerwiegende Komplikation nach Transfusion von Plasma, häufig mit fatalem Ausgang. Die Erkrankung entwickelt sich relativ rasch und äußert sich als plötzliche Atemnot, häufig mit Blutdruckabfall und Temperaturanstieg. In Industrienationen ist TRALI die häufigste Transfusions-assoziierte Todesursache. In Deutschland liegt die TRALI-Inzidenz nach Gabe von gefrorenem Frischplasma (FFP) bei 1:66000 mit einer Mortalität von 18%. FFP von zumeist weiblichen Spendern kann Antikörper gegen humane Leukozyten Antigene (HLA) oder humane Neutrophilen Alloantigen (HNA) enthalten, die im Rahmen von Schwangerschaften erworben wurden. Die therapeutischen Optionen sind begrenzt und reichen von Sauerstoffgabe bei leichten Formen bis hin zur mechanischen Beatmung bei lebensbedrohlichen Formen.
In einem experimentellen Modell zur TRALI fand das Forscherteam, dass ein monoklonaler Antikörper gegen HLA der Klasse I an das Lungenendothel bindet und in der Folge das Komplementsystem aktiviert. Das Komplementsystem ist ein wichtiger Teil des angeborenen Immunsystems und spielt eine wesentliche Rolle bei der Infektabwehr. Wenn es allerdings, wie beim TRALI, ungewollt in hohem Maße aktiviert wird, kann es u.a. durch das Spaltprodukt C5a stark entzündliche Wirkungen entfalten. Genau dies fanden die Wissenschaftler in ihrem TRALI Modell. Das nach Komplementaktivierung entstandene C5a band an im Blut zirkulierende Monozyten, aktivierte diese und führte zur Freisetzung von reaktiven Sauerstoffmetaboliten, die die Endothelzellen schädigten und in der Folge zum Lungenödem führten.
Diese neuen Erkenntnisse könnten einen neuen therapeutischen Ansatz in der Behandlung von TRALI eröffnen. Durch die spezifische Blockade der Interaktion von C5a mit seinem Rezeptor auf Monozyten könnte die Zellaktivierung verhindert werden. Tatsächlich wurde im Labor von Prof. Köhl im Rahmen anderer Forschungsarbeiten eine solcher C5a Rezeptor Blocker entwickelt. Ob die Blockade des C5a Rezeptors tatsächlich eine neue therapeutische Option bei der TRALI sein wird, müssen zukünftige Studien zeigen.
für die Ukraine