An der Harvard University wurde einer der diesjährigen Ig-Nobelpreise an eine Lübecker Forschergruppe verliehen
Die Ig-Nobelpreise sind Kult: Seit 26 Jahren wird dieser Preis für kuriose Forschung an der Elite-Universität Harvard verliehen, drei Wochen vor den „echten“ Nobelpreisen. Einer davon ging am 22. September 2016 nach Lübeck - an das Forscherteam um Prof. Dr. Christoph Helmchen an der Universitätsklinik für Neurologie in Lübeck. Die Ärzte machten eine simple, aber wirkungsvolle Entdeckung: Sie fanden heraus, dass ein Hautjucken auf der rechten Seite des Körpers auch gelindert werden kann, wenn de facto die andere, linke Seite an der entsprechend homologen Körperstelle gekratzt wird.
Mit diesem Ansatz wird das Gehirn durch visuelle Trugwahrnehmungen überlistet. Es funktioniert aber nur dann, wenn die betroffene Person die gespiegelte Extremität als die juckende empfindet. Dazu haben die Autoren in einer Reihe von Experimenten mit Spiegelbildern die Wahrnehmung kongruenter und nicht übereinstimmender sensorischer Wechselwirkungen (prurizeptiv, visuell und taktil) variiert, um die Spezifität des Effektes zu überprüfen. Der Spiegeleffekt trat nur auf, wenn der Proband die gekratzte (nicht juckende) Extremität visuell (durch Spiegelungen) als die juckende erlebte. Offenbar trickst das seitenverkehrte Spiegelbild unser Gehirn so aus, dass es auf das Kratzen an der nicht betroffenen Seite reagiert. Diese Art der Therapie soll den Forschern zufolge auch umgekehrt funktionieren. Klinischer Vorteil könnte für Patienten mit umschriebenem Juckreiz auf entzündeten Hautstellen (z.B. Neurodermitis) die Juckreizlinderung durch Kratzen ohne weitere Verletzung der entzündeten Haut sein.
Neben Christoph Helmchen waren auch dessen Kollegen Dr. Carina Palzer, Prof. Dr. Thomas Münte, Prof. Dr. Silke Anders und Dr. Andreas Sprenger von der Universität zu Lübeck an dem Projekt beteiligt. Das Ergebnis ihrer Arbeit: "Itch Relief by Mirror Scratching" ("Jucklinderung durch Spiegelkratzen"; PLoS One 8 (2013)) hat die Juroren des Ig-Nobelpreises überzeugt. Andreas Sprenger war zu der Gala nach Boston gereist und nahm die Auszeichnung entgegen. "Man kann sein Gehirn austricksen", sagte der Diplom-Psychologe bei der Preisverleihung.
Der Preis macht die Wissenschaftler weltweit bekannt. In den USA berichteten viele große Zeitungen über ihre Entdeckung. Auch die britische BBC vermeldet diesen neuen Therapieansatz. In einem Fernsehbeitrag des Norddeutschen Rundfunks demonstrierte Prof. Silke Anders den Versuchsablauf.
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