Prof. Dr. David Bundle zu Gast am Lübecker Institut für Chemie
Prof. Dr. David Reginald Bundle von der University of Alberta in Edmonton, Kanada, ist zu einem Forschungsaufenthalt an der Universität zu Lübeck. Prof. Bundle, Forschungspreisträger der Alexander von Humboldt-Stiftung, arbeitet vom 15. Februar bis 3. März 2006 am Lübecker Institut für Chemie (Direktor Prof. Dr. rer. nat. Thomas Peters). Beim Humboldt-Forschungspreis handelt es sich um die höchste wissenschaftliche Auszeichnung, die ein ausländischer Wissenschaftler in Deutschland erhalten kann. Im Rahmen dieser Auszeichnung plant Prof. Bundle im Verlauf des nächsten Jahres mehrere Forschungsaufenthalte in Lübeck und Hamburg. Er wird sich bei seinen Aufenthalten insbesondere um die Anwendung der hochauflösenden Kernresonanzspektroskopie auf Fragestellungen aus dem Bereich immunologisch relevanter Kohlenhydratstrukturen widmen.
Am Donnerstag, dem 23. Februar 2006, hält Prof. Bundle in der Universität zu Lübeck einen Vortrag zum Thema "The Prospects for a Conjugate Vaccine Against Candida albicans" (15.30 Uhr, Hörsaal V 2).
Prof. Bundle ist seit 2002 Direktor des Alberta Ingenuity Centre for Carbohydrate Research, einem mit $ 2.000.000 pro Jahr geförderten Forschungszentrum an der University of Alberta in Edmonton. Darüber hinaus ist er Inhaber einer Vielzahl wissenschaftlicher Auszeichnungen und Ehrungen wie dem Roy L. Whistler Award (1988), dem RU Lemieux Award (2000) und dem 2005 verliehenen J. Gordin Kaplan Award. 1995 wurde er zum Fellow of the Royal Society of Canada ernannt. Dieses Jahr erfuhr Prof. Bundle mit der Verleihung des Claude S. Hudson Award in Carbohydrate Chemistry durch die American Chemical Society eine der weltweit höchsten Auszeichnungen auf dem Gebiet der Glycowissenschaften.
Prof. Bundles wissenschaftliche Karriere führte ihn über mehrere Stationen an die University of Alberta, wo er seit 1993 auf einem endowed chair als "Lemieux Professor of Chemistry" in der Faculty of Science tätig ist. Zusätzlich ist er assoziiertes Mitglied der Faculty of Medicine. Prof. Bundle hat im Laufe seiner wissenschaftlichen Karriere mehrere außergewöhnliche Beiträge zur immunologischen Bedeutung der Kohlenhydrate geleistet. Dieses spiegelt sich unter anderem in höchstrangigen Publikationen wie z.B. in Science, Nature und in den Proceedings of the National Academy of Sciences wider. Insgesamt zeigt das Publikationsverzeichnis an, dass auch die übrigen Publikationen in hochrangigen wissenschaftlichen Journalen zu finden sind.
In den letzten Jahren haben die Arbeiten von Prof. Bundle zu hochaffinen Kohlenhydrat-Protein-Wechselwirkungen Aufsehen erregt. Prof. Bundle und seine Mitarbeiter haben ein hochwirksames kohlenhydratbasiertes Molekül, das sie "Starfish" genannt haben, entwickelt. Solche Moleküle haben eine millionenfach bessere Wirkung gegen bakterielle Toxine, wie dem Shiga- und dem Choleratoxin. Erkrankungen basierend auf diesen Erregern sind weltweit jährlich für Millionen von Todesfällen verantwortlich. Mit dieser Forschung gibt es erstmals einen therapeutischen Ansatz, die toxische Wirkung der Bakterieninfektion zu bekämpfen. Diese Arbeit wurde in dem naturwissenschaftlichen Journal Nature, das im naturwissenschaftlichen Bereich das höchste Ansehen genießt, veröffentlicht (Nature (2000) 403, 669-672).
Der innovative Charakter von Prof. Bundles Forschung zeigt sich darin, dass er bereits vor über zwanzig Jahren erkannt hat, dass die Kombination von Chemie, Biochemie, Immunologie und Strukturbiologie wesentliche neue Impulse beim Verständnis molekularer Interaktionen liefern kann. Es ist ihm gelungen, Methoden von der synthetischen Kohlenhydratchemie über immunologische und mikrobiologische Techniken bis hin zu biophysikalischen Verfahren wie NMR und Röntgenstrukturanalyse miteinander zu verknüpfen, um die Erkennung von Kohlenhydratantigenen durch entsprechende Antikörper nicht nur immunologisch sondern auch molekular funktional aufzuklären. Er war und ist mit diesem integrativen Forschungsansatz ein Vorreiter.
Die gleichzeitige Verfügbarkeit synthetischer Kohlenhydratantigene und monoklonaler Antikörper ermöglichte beispielsweise 1991 die erstmalige detaillierte 3D Strukturanalyse eines Antikörper-Kohlenhydratantigen-Komplexes mit Hilfe der Kristallstrukturanalyse (Science (1991) 253, 442-446). Diese Studien waren der Auftakt zu einer Reihe vielbeachteter Arbeiten, die ebenfalls die strukturelle Aufklärung von Kohlenhydrat-Antikörper-Komplexen mit Hilfe der Kristallstrukturanalyse aber auch der hochauflösenden NMR-Spektroskopie zum Ziel hatten. Aufgrund ihrer herausragenden Bedeutung für das grundlegende Verständnis der biophysikalischen Natur von Kohlenhydrat-Protein-Wechselwirkungen generell sind die Ergebnisse dieser Untersuchungen Gegenstand vieler Übersichtsartikel gewesen. Für das Feld der Glycobiologie haben die Bundleschen Arbeiten ein experimentell abgesichertes Fundament geschaffen, auf dem die molekulare Spezifität von Kohlenhydrat-Protein-Wechselwirkungen verstanden werden kann.
Neben diesen strukturell orientierten Studien standen auch immer Arbeiten im Mittelpunkt, die auf die Entwicklung neuer, kohlenhydratbasierter Vakzine abzielten. Diese Aktivitäten führten auch zu einer Reihe von Patenten, die die Tragweite der wissenschaftlichen Arbeiten deutlich unterstreichen. Im Zusammenhang damit ist eine wissenschaftliche Hauptstoßrichtung in der Arbeitsgruppe von Prof. Bundle derzeit die Weiterentwicklung des außerordentlich erfolgreichen Multivalenz-Konzeptes, das zu der Entwicklung von "Starfish" geführt hat. In allen Projekten ist es aber sicherlich generell die chemische oder chemoenzymatische Synthese biologisch aktiver Glycostrukturen gewesen, die erst die weitreichenden biologischen Aussagen ermöglicht hat.
In Verbindung mit einer breiten und methodisch äußerst anspruchsvollen Palette biophysikalischer Techniken wie beispielsweise der NMR-Spektroskopie, der Kristallstrukturanalyse und der Mikrokalorimetrie einerseits und ausgeprägter immunologischer Expertise z.B. auf dem Gebiet der monoklonalen Antikörper andererseits sind so international weit beachtete Arbeiten entstanden.
für die Ukraine