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Montag, 28.03.2022

Forschung

Hohe Beschleunigung von Datenbankabfragen mit dem Quantencomputer

Prof. Dr. Sven Groppe - Als Symbole für sein Projekt zum Quanten Computing hält er eine Datenbank (links) und eine Bloch-Kugel, die die Überlagerung von Zuständen in der Quantenmechanik veranschaulicht (Foto: privat)

Das Projekt QC4DB am Institut für Informationssysteme widmet sich Anwendungen der Zukunftstechnologie

Am Institut für Informationssysteme der Universität zu Lübeck wird die Zukunftstechnologie des Quanten Computing erforscht. In dem Projekt QC4DB („Accelerating Relational Database Management Systems via Quantum Computing“), das zu Jahresbeginn gestartet wurde, geht es um die Beschleunigung von Datenbankabfragen durch den Einsatz von Quantencomputern. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das Projekt zu 82 Prozent des Gesamtvolumens von 1,8 Millionen Euro über drei Jahre. Projektpartner ist die Firma Quantum Brilliance in Stuttgart, Koordinator ist Prof. Dr. Sven Groppe.

Die Welt des Quanten Computing ist die der sehr kleinen Partikel auf atomarer und subatomarer Ebene. Sie ist zugleich faszinierend wie auch unseren Alltagserfahrungen widersprechend. Da können Partikel zum Beispiel gleichzeitig an verschiedenen Orten sein und im selben Moment über riesige Distanzen aufeinander einwirken. Und wenn man nachschaut, dann erwischt man das Partikel doch nur an einem Ort.

Die Phänomene der Quantenphysik werden heutzutage schon vielfach genutzt, so zum Beispiel in Transistoren, Lasern und bei der Nutzung der Atomkraft. In letzter Zeit macht das Rennen um die mächtigsten sogenannten Quantencomputer Furore, die Eigenschaften der Quantenphysik für effiziente Berechnungen nutzen. Sie versprechen Problemlösungen in wenigen Augenblicken, die auf den schnellsten klassischen Supercomputern mehrere zehntausend Jahre dauern würden.
Man geht davon aus, dass in naher Zukunft kostengünstige Quantencomputer entwickelt werden können. Allerdings ist ihr Einsatz nicht in jedem Fall sinnvoll und nur für bestimmte Probleme vielversprechend. Dies muss im Einzelfall eingehend untersucht werden.

Problemlösungen in wenigen Augenblicken statt in mehreren zehntausend Jahren

Fast alle Anwendungen in der digitalen Welt sind auf schnelle Ansätze für das Datenmanagement angewiesen. Dabei sind Datenbankmanagementsysteme, die aus zweidimensionalen Tabellen bestehen (relationale Datenbankmanagementsysteme, RDBMS), die am weitesten verbreitete Art. "Wir werden zeitaufwendige Aufgaben in relationalen Datenbanken durch Quantencomputer beschleunigen, so dass niedrige Verzögerungen (Latenzen) und schnelle Ausführungen eine reibungslose Erfahrung für den Benutzer versprechen", verspricht Projektleiter Prof. Dr. Sven Groppe.

Im Projekt QC4DB werden zwei Probleme genauer untersucht. Typischerweise existiert eine hohe Anzahl äquivalenter Auswertungspläne für eine RDBMS-Anfrage, unter denen der als optimal eingeschätzte Auswertungsplan ausgewählt werden muss. Weiterhin sind Transaktionen ein grundlegendes Konzept von Datenbanken. Eine Transaktion ist eine Folge von Operationen in Form von lesenden und schreibenden Anfragen, die von einem einzelnen Benutzer oder Anwendungsprogramm ausgeführt werden. Die Optimierung der Transaktionszeitpläne bestimmt die optimale Reihenfolge der parallelen Ausführung von Transaktionen für die beste Leistung.

Diese beiden Probleme des Datenmanagements - Auswahl des besten Auswertungsplans und des Transaktionszeitplans - lassen sich auf die Anwendung grundlegender mathematischer Optimierungsansätze reduzieren und durch Quantencomputer beschleunigen. Das Vorhaben der Beschleunigung von Optimierungen innerhalb von Datenbanken ist hochinnovativ: Erst sehr wenige wissenschaftliche Publikationen befassen sich mit diesem Thema.

Quanten Computing ab Sommersemester auch im Lübecker Masterstudiengang

Im Projekt QC4DB werden am Institut für Informationssysteme der Universität zu Lübeck drei Mitarbeiter forschen. Die Quantencomputer des Projektpartners Quantum Brilliance GmbH arbeiten bei Raumtemperatur und damit sehr energiesparend. Der genutzte Quantencomputer hat zudem geringe Ausmaße, so dass er in einen Serverrack passt. Solche Quantencomputer könnten in naher Zukunft in vielen Unternehmen die Datenverarbeitung beschleunigen.

Zunächst werden im Projekt umfangreiche Simulationen von Quantencomputer durchgeführt werden um zu bestimmen, mit welchen Eigenschaften des Quantencomputers welche Beschleunigungen zu erreichen sind. Dies wird wichtige Hinweise für die Entwicklung der nächsten Generationen von Quantencomputern liefern.

Das Quanten Computing wird ab dem Sommersemester 2022 an der Universität zu Lübeck auch im Masterstudiengang Informatik gelehrt und in das Weiterbildungsangebot in Künstlicher Intelligenz integriert. Bei Interesse kann ein Teil der Vorlesungsmaterialien bereits jetzt unter www.ifis.uni-luebeck.de/~groppe/lectures/qc eingesehen werden.