Die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert ein Projekt zu dieser Frage am Institut für Neurogenetik der Universität zu Lübeck
Eine Erkrankung an COVID-19 könnte zu einer beschleunigten Nervendegeneration führen und damit neurologische Bewegungsstörungen wie etwa die Parkinson-Krankheit begünstigen. Dieser Vermutung geht jetzt eine Forschungsgruppe aus Lübeck und Hamburg unter Leitung von Priv.-Doz. Dr. Joanne Trinh nach. Ihr Forschungsprojekt “Welchen Einfluss hat COVID-19 auf die Entwicklung der Parkinson-Erkrankung?” wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft mit 347.750 Euro gefördert (Projektnummer 490933425).
Die Hirnpathologie von COVID-19 ist durch eine spezifische neuroimmunologische Aktivierung mit Astro- bzw. Mikrogliose und verstärkten Entzündungssignalen gekennzeichnet. Darüber hinaus hat das Virus eine Affinität zu den Basalganglien im Hirnstamm und kann nachweislich das Nervensystem angreifen und neurologische Symptome hervorrufen. Obwohl es Fallberichte von COVID-19-Patienten gibt, die innerhalb weniger Wochen nach der Ansteckung mit dem Virus Parkinsonismus entwickelt haben, gibt es derzeit nur spekulative Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen COVID-19 und der Parkinson-Krankheit.
Da der Zusammenhang zwischen COVID-19 und Morbus Parkinson erst in den kommenden Jahren oder Jahrzehnten deutlich werden wird, ist es wichtig zu untersuchen, ob und wie sich COVID-19 auf die Krankheit auswirkt. Die Gruppe mit Priv.-Doz. Dr. Joanne Trinh und Prof. Dr. Christine Klein vom Institut für Neurogenetik der Universität zu Lübeck sowie Prof. Dr. Markus Glatzel vom Institut für Neuropathologie des Universitätsklinikums Eppendorf in Hamburg geht davon aus, dass die Untersuchung der Gehirne von COVID-19-Patienten und von COVID-19-Patienten mit gleichzeitiger Parkinson-Erkrankung im Vergleich zu Parkinson-Patienten und Kontrollpersonen Aufschluss über einen möglichen Zusammenhang geben und Wege aufzeigen wird, die bei der COVID-19-modulierten Parkinson-Erkrankung aktiv sind und als Biomarker dienen.
Integration und Identifizierung von biologischen Signalwegen
Die Forschenden stellen die Hypothese auf, dass die neuroimmunologische Aktivierung bei COVID-19 zu einer beschleunigten Neurodegeneration führt. Sie zielen darauf ab, die Neuropathologie und die gestörten biologischen Signalwege von Parkinson-Patienten und Kontrollpersonen mit und ohne COVID-19 zu vergleichen, um diese Mechanismen zu verstehen.
Die Gruppe wird die Neuroimmunaktivierung und die Wege der Proteinfaltung und -ablagerung sowie des Proteinabbaus in verschiedenen Hirnregionen der Substantia nigra (betroffene Region bei Morbus Parkinson) mittels Einzelzell-RNA-Sequenzierung und globaler Transkriptomik untersuchen.
Ziel ist die Integration und Identifizierung von biologischen Signalwegen, die bei COVID-19 und Parkinson-Krankheit aktiv sind, und die Bewertung des Biomarker-Potenzials der erhaltenen Markerprofile bei lebenden Parkinson-Patienten nach COVID-19 zur Vorhersage der Parkinson-Ergebnisse. Durch die gründliche Untersuchung, ob ein Zusammenhang zwischen COVID-19 und Parkinson besteht, wird dieser Vorschlag zum Verständnis des Risikos beitragen, das eine SARS-CoV-2-Infektion im Hinblick auf die Beschleunigung der subklinischen Parkinson-Krankheit darstellt.
Priv.-Doz. Dr. Joanne Trinh, Prof. Dr. Christine Klein und Prof. Dr. Markus Glatzel verfügen über komplementäre Fachkenntnisse, um dieses wissenschaftliche Problem anzugehen und die kurz- und langfristigen Auswirkungen von COVID-19 auf die Parkinson-Krankheit gründlich zu untersuchen.
Die Forschungsgruppe
Das von Dr. Trinh geleitete Integrative Omics-Team zur Analyse großer Datensätze wird auch von der Michael J. Fox-Stiftung für die Erforschung von Genen und Umweltfaktoren bei der Parkinson-Krankheit mit mehr als 400.000 US-Dollar gefördert. In einer aktuellen Veröffentlichung in der renommierten Fachzeitschrift “Brain” hat die Forschungsgruppe von Dr. Trinh einen neuartigen somatischen Modifikator bei X-chromosomalem Dystonie-Parkinsonismus identifiziert (Mosaic divergent repeat interruptions in XDP influence repeat stability and disease onset, Joanne Trinh et al., Brain, online 27. April 2022, DOI: 10.1093/brain/awac160)
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