Die Dystonia Medical Research Foundation fördert ihr Forschungsprojekt zur Myoklonus-Dystonie mit 150.000 US-Dollar
Priv.-Doz. Dr. med. Anne Weißbach, Institut für Systemische Motorikforschung und Institut für Neurogenetik der Universität zu Lübeck, wurde mit dem Connie and Jim Brown Early Stage Investigator Award in Myoclonus Dystonia der Dystonia Medical Research Foundation ausgezeichnet. Der mit 150.000 US-Dollar dotierte Preis fördert das über zwei Jahre geplante Forschungsprojekt von Dr. Weißbach zur Myoklonus-Dystonie.
Bei der Myoklonus-Dystonie handelt es sich um eine neurologische Bewegungsstörung, die bei den meisten Patienten durch eine Kombination aus generalisierten Myoklonien, Dystonie und psychiatrischen Komorbiditäten gekennzeichnet ist. Als genetische Ursachen der Erkrankung wurden unter anderem Mutationen im Epsilon-Sarkoglykan-Gen (SGCE) und, vor kurzem, im Vakuolarprotein 16 (VPS16)-Gen identifiziert.
Interessanterweise ist SGCE, das für bis zu 60 Prozent der Myoklonus-Dystonien verantwortlich ist, wichtig für die Funktion des Kleinhirns. Dies gilt auch für VPS16. Erst kürzlich gelang es Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Instituts für Neurogenetik der Universität zu Lübeck einen Patienten mit einer Mutation im VPS16-Gen zu identifizieren, der sich mit einer Kombination aus Myoklonien und Dystonie präsentierte. Darüber hinaus wurde kürzlich eine zerebelläre vermale Atrophie bei VPS16-Patienten beschrieben. In Bezug auf SGCE konnte Dr. Weißbach in ihren Vorarbeiten zeigen, dass die Patienten Defizite beim zerebellär vermittelten Lernen aufweisen, die durch die Einnahme von Alkohol verbessert wurden. Diese Daten stehen im Einklang mit anderen Studien, die bildgebende Verfahren verwenden und die ein mögliches Kleinhirndefizit bei diesen Patienten postulierten.
Von besonderem Interesse für das geplante Folgeprojekt ist nun, wie sich die gestörte Kleinhirnfehlfunktion bei beiden Patientengruppen auf das Großhirn auswirkt, insbesondere auf Regionen, die für die motorische Kontrolle wichtig sind. Dr. Weißbach und ihr Team haben kürzlich die nicht-invasive transkranielle Magnetstimulation (TMS) eingesetzt, um die Interaktion zwischen dem Kleinhirn und dem dorsalen prämotorischen und primären motorischen Kortex an gesunden Personen zu untersuchen. Darüber hinaus konnten sie zeigen, dass eine 20-minütige repetitive TMS (rTMS) des Kleinhirn bei gesunden Kontrollpersonen die Interaktion zwischen Kleinhirn und diesen Großhirnregionen verändert.
Vorstudie zusammen mit dem Institut für Robotik der Universität
Bisher gibt es keine Studien an Myoklonus-Dystonie-Patienten, die eine mögliche Symptomreduktion und neurophysiologische Veränderungen innerhalb der gleichen Gruppe von Patienten vor und nach rTMS untersuchen. Dies ist von besonderem Interesse, da die derzeitigen pharmakologischen Behandlungsstrategien bei den meisten Patienten unbefriedigend sind. Daher möchte Dr. Weißbach in der von der US-amerikanischen Stiftung geförderten Studie (1.) das klinische Kleinhirndefizit und (2.) eine fehlerhafte Interaktion mit dem motorischen Großhirnanteilen sowie (3.) die Reversibilität dieser Pathologien durch die Anwendung von rTMS über dem Kleinhirn identifizieren. Um diese Ziele zu erreichen, werden zwanzig SGCE- und zehn VPS16-Patienten untersucht. Dabei kommt ein kombiniertes, gut etabliertes und standardisiertes Videoprotokoll zur Anwendung, das Dr. Weißbach bereits in ihren Vorstudien mit Kolleginnen und Kollegen der Universität Toronto, Kanada, für Patienten mit Myoklonus-Dystonie entwickelt hat.
Die Videos werden offline von Spezialisten für Bewegungsstörungen verblindet bewertet. Das Videoprotokoll wird mit einem Bewegungssensorsystem kombiniert, das bereits in einer Vorstudie mit Kolleginnen und Kollegen des Instituts für Robotik der Universität zu Lübeck etabliert worden ist. Diese Kombination wird helfen, die Erfassung von Bewegungsstörungen der Patienten noch weiter zu objektivieren.
Neurophysiologische Messungen umfassen auch okulomotorische Untersuchungen, die gemeinsam mit der Klinik für Neurologie der Universität zu Lübeck, durchgeführt werden. Außerdem kommt ein kürzlich von ihrer Arbeitsgruppe neu etabliertes Dreier-Puls-TMS-Protokoll zur Analyse der Konnektivität zwischen Kleinhirn und kortikalen Regionen des Gehirns zum Einsatz. Klinische und neurophysiologische Messungen werden vor und nach echter zerebellärer rTMS und einer Schein-TMS (Sham-Stimulation) durchgeführt. Vergleiche der klinischen und neurophysiologischen Ergebnisse vor und nach der rTMS werden zum Nachweis der Wirksamkeit herangezogen.
Dr. Anne Weißbach hofft, durch die gewonnenen Erkenntnisse die Entwicklung neuer Behandlungsstrategien zu fördern. Des weiteren kann die Korrelation der klinischen, genetischen und neurophysiologischen Befunde genutzt werden, um ein Krankheitsmodell für genetisch nicht definierte, idiopathische Myoklonus- und Dystonie-Syndrome aufzubauen.
für die Ukraine