Geschlechtsspezifische Behandlungsmethoden
In den vergangenen Jahrzehnten wurden Männer und Frauen mit koronarer Herzkrankheit (KHK) gleich behandelt. Bei der KHK, die zu den häufigsten Herzerkrankungen zählt, sind größere Blutgefäße des Herzens verengt, sodass die Sauerstoffversorgung des Herzmuskels eingeschränkt ist. Die Verengung ist meist durch eine Atherosklerose bedingt, eine entzündliche Veränderung der Gefäßwände, die in der Folge häufig zu Herzinfarkten oder Schlaganfällen führt. Neuere Studien zeigen allerdings, dass die krankhaften Vorgänge bei KHK und Atherosklerose zwischen den Geschlechtern deutliche Unterschiede aufweisen.
Geschlechtsspezifische Mechanismen verdienen angesichts des alarmierenden Trends der Zunahme der koronaren Herzkrankheit bei jungen Frauen größte Beachtung. Ein Verbund von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, zu denen auch Prof. Dr. Jeanette Erdmann, Direktorin des Instituts für Kardiogenetik, an der Universität zu Lübeck und des UKSH, Campus Lübeck, gehört, werden von der Leducq-Stiftung nun mit 7,5 Millionen Dollar gefördert (Förderbetrag Lübeck: 1 Million Dollar bei einer Laufzeit von 5 Jahren), um die frauen-spezifischen Mechanismen der Krankheitsentstehung von koronarer Herzkrankheit (KHK) aufzuklären. Die Fördergelder gehen an den Verbund „AtheroGEN Transatlantic Network“. AtheroGEN wird von Hester M. den Ruijter (Universität Utrecht, NL) und Mete Civelek (Universität zu Virginia, USA) koordiniert. Neben dem Institut für Kardiogenetik aus Lübeck kommen weitere Partner aus Los Angeles und Michigan (USA), Stockholm (Schweden) und Berlin (Charite) dazu.
Die Zielsetzung
Gemeinsam haben sich die Forschenden zum Ziel gesetzt, in den nächsten 5 Jahren die frauen-spezifischen Mechanismen der Krankheitsentstehung von KHK zu entschlüsseln und entsprechende Medikamente zu entwickeln. Hierzu wollen sie herausfinden, wie genetische Varianten und die Geschlechtschromosomen den Krankheitsprozess beeinflussen. Parallel dazu werden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Bildgebungsstudien in Männern und Frauen durchführen, um die unterschiedliche Zusammensetzung der atherosklerotischen Plaques, das sind entzündliche Veränderungen mit Ablagerungen von Cholesterin und Fett in den Gefäßwänden zu untersuchen. In Zellkulturexperimenten sollen entzündliche und hormonelle Auslöser identifiziert werden, die die Veränderungen der Gefäßzellen auslösen, die in menschlichen Plaques beobachtet werden, und die zwischen Männern und Frauen deutliche Unterschiede zeigen. Darüber hinaus werden Nanopartikel entwickelt, die gezielt die Entstehung spezieller Formen der Plaques, sogenannte Plaque-Erosionen, verhindern.
„Die Erforschung geschlechts-spezifischer Krankheitsmechanismen ist der erste und wichtige Schritt hin zu einer personalisierten Medizin und wird bislang noch viel zu wenig beachtet.“ gibt Frau Prof. Erdmann zu bedenken. „Mit dem AtheroGEN-Konsortium sind wir exzellent aufgestellt um geschlechts-spezifische Pathomechanismen der Atherosklerose aufzuklären und erste Schritte hin zur Therapie zu entwickeln.“
Die Fondation Leducq ist eine französisch-amerikanische Stiftung, die es sich zum Ziel gesetzt hat, internationale Forschungskooperationen zwischen Europa und Nordamerika zu fördern und so Wissenschaftsallianzen über Landesgrenzen hinweg zu schmieden. In einem hoch kompetitiven Verfahren werden seit 2003 jährlich vier „Networks of Excellence“ ausgewählt. Das Institut für Kardiogenetik auf dem Lübecker Campus ist bereits das dritte Mal Partner eines Leducq-Konsortiums.
Wissenschaftliche Ansprechpartnerin:
Prof. Dr. rer. nat. Jeanette Erdmann, Institut für Kardiogenetik, Universität zu Lübeck, Ratzeburger Allee 160, 23562 Lübeck, t: +49 451 3101 8300, Mail: jeanette.erdmann@uni-luebeck.de
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