Industrielle Anwendungen von Enzymen mit genetischen Methoden optimieren
Spontane Bewegungen eines Enzyms können jetzt direkt nachgewiesen werden. Dies ist in einer internationalen Zusammenarbeit mit Forschern der Harvard-Universität und der Brandeis-Universität in Boston Prof. Dr. Christian Hübner, dem Direktor des Instituts für Physik der Universität zu Lübeck, gelungen.
Enzyme sind als biologische
Katalysatoren an allen Stoffwechselvorgängen im Körper beteiligt. Fehlen Enzyme
oder funktionieren sie nicht richtig, können schwere Stoffwechselerkrankungen die
Folge sein. Enzyme spielen aber auch eine immer größere Rolle in industriellen
Prozessen, von der Reinigung und dem Abbau von Schadstoffen bis hin zur
Herstellung von Biokraftstoffen. Die Untersuchung der Arbeitsweise von Enzymen
ist aus diesem Grund Gegenstand intensiver Forschung.
Enzyme
gehören zu den Eiweißen (Proteinen). Ihre Funktion ist eng mit ihrer Form (Struktur) verknüpft. Diese Struktur ist nicht starr. Vielmehr sind gerade Änderungen der Struktur, so genannte Konformationsänderungen,
bei vielen Proteinen essentiell. Bisher war man davon ausgegangen, dass
solche Konformationsänderungen stets durch chemische Prozesse ausgelöst werden,
etwa die Bindung eines Substrates (eines Stoffes, dessen chemische
Reaktion vom Enzym katalysiert wird).
Die
Gruppe um Dorothee Kern von der Brandeis-Universität bei Boston und Christian
Hübner, der die Forschung an der Martin-Luther-Universität in Halle begonnen
hat, konnte nun zum ersten Mal mit einer ganzen Reihe von Techniken den Nachweis
führen, dass diese Konformationsänderungen auch spontan ablaufen können. In
ihrer Arbeit, die am 6. Dezember 2008 im renommierten Wissenschaftsjournal Nature
erscheint, untersuchten die Forscher die Adenylatkinase, ein Enzym, das
für die Aufrechterhaltung der Konzentration von ATP, der Energie-"Währung" in
unserem Körper, notwendig ist.
Experimente der Kernspinresonanzspektroskopie, der
Röntgenkristallographie sowie die Moleküldynamiksimulation gaben die ersten Hinweise
auf eine solche Bewegung. Allen diesen Methoden haftet jedoch der Nachteil an,
dass immer eine große Zahl von Enzymen gleichzeitig beobachtet wird, die
natürlich keine synchronen Bewegungen vollführen. Die Gruppe um Christian
Hübner, deren Forschung durch eine Förderung der Volkswagenstiftung ermöglicht
wurde, konnte diese Bewegung mit Hilfe einer neuen Fluoreszenzmethode, der
Einzelmolekülfluoreszenzspektroskopie, sichtbar machen. Der entscheidende
Vorteil dieser Methode ist, dass sie das einzelne Enzym direkt beobachten und
damit die Konformationsänderung verfolgen kann.
Das
Auftreten solcher spontaner Formänderungen war schon vermutet worden; jetzt
konnten sie erstmals experimentell nachgewiesen werden. Dieser Nachweis ist von
fundamentaler Bedeutung für unser Verständnis von der Funktion von Enzymen. Er könnte uns helfen, mittels genetischer Methoden die Funktion von Enzymen für
industrielle Anwendungen zu optimieren, um zum Beispiel die Herstellung von
Bioethanol als nachwachsendem Treibstoff effizienter zu machen.
für die Ukraine