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Donnerstag, 14.06.2018

Forschung

Drei Lübeckerinnen beim 68. Treffen der Nobelpreisträger

Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler auf der 67. Lindauer Nobelpreisträgertagung (Foto: Christian Flemming/Lindau Nobel Laureate Meetings)

Erstmals ist die Universität zu Lübeck in diesem Jahr auf der Nobelpreisträgertagung in Lindau am Bodensee vertreten

Svenja Kohler, Svitlana Rozanova und Melissa Vos sind die drei Nachwuchswissenschaftlerinnen, die vom 24. – 29. Juni an der hochrangigen und angesehenen Wissenschaftskonferenz teilnehmen. Sie findet in diesem Jahr zum 68. Mal statt. Die Lindau Nobel Laureate Meetings haben es sich seit 1951 zur Aufgabe gemacht, den wissenschaftlichen Austausch über Generationen und Kulturen hinweg zu fördern.

Die Tagung, zu der aktuell 41 Nobelpreisträgerinnen und Nobelpreisträger und 600 Nachwuchswissenschaftlerinnen und –wissenschaftler aus 84 Nationen angemeldet sind, wird mit Ansprachen der Bundesministerin für Bildung und Forschung Anja Karliczek und von Nobelpreisträgerin Elizabeth Blackburn feierlich eröffnet. Im Laufe der Woche werden unter anderem die frischgekürten Nobelpreisträger für Physiologie oder Medizin Michael Rosbash und Michael W. Young Vorträge halten.

Dabei geht es um Themen wie „Was sind die größten Herausforderungen im Bereich der personalisierten Medizin?“, „Wie funktioniert unsere innere Uhr?“ und „Ist das Publikationssystem ein Bremsklotz für die Forschung?“. Neben Vorträgen und Podiumsdiskussionen wird es in diesem Jahr neue Formate wie interaktive Agora Talks und eine Life Lecture geben.

Im Newsletter und auf der Homepage der Universität stellen wir in den kommenden Wochen die Lübecker Teilnehmerinnen der Tagung vor. Wir beginnen hier mit Svenja Kohler, die im Institut für Kardiogenetik promoviert hat. Das Interview mit Svitlana Rozanova und Melissa Vos finden Sie auf dieser Seite.

Frau Kohler, was haben Sie empfunden, als Sie von Ihrer Einladung zu dem Laureate Meeting erfuhren?

Als ich die E-Mail geöffnet habe und schon im ersten Satz „Congratulations“ las, konnte ich es gar nicht glauben. Ich habe die Nachricht dann etwa viermal gelesen und den Absender und Empfänger überprüft, um schlussendlich festzustellen, dass es tatsächlich geklappt hat und ich zum Lindau Nobel Laureate Meeting wirklich eingeladen wurde. Jetzt bin ich einfach unglaublich glücklich, ausgewählt worden zu sein, natürlich auch ein wenig stolz, aber vor allem sehr dankbar für diese Chance, die ich durch die Initiative meiner Doktormutter, Prof. Dr. Jeanette Erdmann, die mich der Universität zur Nominierung vorgeschlagen hat, erhalten habe.

Welche Aspekte Ihres bisherigen Werdegangs haben dazu beigetragen, dass Sie als teilnehmende Nachwuchswissenschaftlerin in Frage kamen?

Ausschlaggebend ist sicherlich meine ausführliche experimentelle Arbeit im Rahmen meiner medizinischen Dissertation im Institut für Kardiogenetik und die dadurch erlangten Ergebnisse, die ich auch schon auf internationalen Konferenzen vorstellen durfte. Das Projekt hat zudem einen starken medizinischen Bezug, der im diesjährigen Nobel Laureate Meeting, das der Physiologie und Medizin gewidmet ist, sicherlich auch besonders gesucht wurde. Davon abgesehen denke ich, dass es den Veranstaltern am Herzen liegt, sowohl beruflich ambitionierte, aber auch gesellschaftlich engagierte junge Wissenschaftler auszuwählen. Zusammen mit dem Verein Future E.D.M., den ich mitgegründet habe und in dem ich seit vier Jahren aktiv tätig bin, fördern wir die Bildungs- und Berufsperspektiven von sozial benachteiligten Kindern und Jugendlichen im senegalesischen M’Bour. Ich kann mir gut vorstellen, dass dieses Engagement letztlich auch zur Auswahl beigetragen hat.

Auf welchem Gebiet forschen Sie an der Universität zu Lübeck? Welches sind Ihre näheren und weiteren Forschungs- und Berufsziele?

Meine Forschung bewegt sich auf dem Gebiet der Humangenetik. Ich beschäftige mich mit der Entwicklung einer RNA-basierten Therapie für eine sehr seltene genetische Muskelerkrankung und arbeite vor allem mithilfe von Zellkulturen und einer Vielzahl weiterer molekulargenetischer Methoden. Neben dem erfolgreichen Abschluss meiner Dissertation und damit einhergehend hoffentlich vielversprechenden Ergebnissen, steht im Moment für mich vor allem der Abschluss meines Medizinstudiums an erster Stelle. Danach möchte ich die wissenschaftliche Forschung auf keinen Fall hinter mir lassen, sondern möglichst die klinische Karriere mit einer wissenschaftlichen verbinden. In welchem Fachgebiet, das ist noch nicht sicher. Vorstellbar sind momentan für mich Kardiologie oder Hämatologie und Onkologie. Beide Fachrichtungen sind gerade in der Forschung immer am Puls der Zeit und bieten gute Möglichkeiten einer wissenschaftlichen Laufbahn.

Wie würden Sie Ihre Arbeitsbedingungen in Lübeck charakterisieren?

Die Studienbedingungen sind an der Universität zu Lübeck wirklich ausgezeichnet. Ich habe mich in meinem Studium immer gut aufgehoben und unterstützt gefühlt, was sich nun genauso durch meine Doktorarbeit am Institut für Kardiogenetik zieht. Die kurzen Wege und schnell bekannten Gesichter mögen einem anfangs etwas „provinziell“ erscheinen, dieser Eindruck trügt jedoch gewaltig. Die Chancen, die sich durch den engen und kollegialen Kontakt zwischen Studierenden und Professoren ergeben, sind einmalig und an größeren, anonymeren Universitäten wahrscheinlich schwer zu finden.

Mit welchen Erwartungen sehen Sie der Tagung entgegen?

Ich bin vor allem sehr gespannt auf die Atmosphäre des Meetings und den Umgang zwischen den Nobel Laureates und den jungen Wissenschaftlern, die, genauso wie ich, wahrscheinlich zum ersten Mal auf Forscher treffen, die eine solch herausragende internationale Bekanntheit erlangt haben und ein so großes Ansehen genießen. Diese Atmosphäre wird sich bestimmt am besten bei einem der sogenannten „Science Walks“, bei dem zehn junge Wissenschaftler mit einem der Nobel Laureates einen Spaziergang machen, abzeichnen. Dabei hoffe ich, dass das Augenmerk sowohl auf wissenschaftlichen, aber auch auf gesellschaftlichen und politischen Themen liegt, die unsere Zukunft und die Zukunft unseres Planeten bestimmen.

Gibt es bestimmte Fragen, die Sie dort gern stellen oder diskutieren würden?

Eine spezielle Frage, die ich unbedingt schon einmal stellen wollte, habe ich nicht. Allerdings hoffe ich, dass einige Themen innerhalb von Diskussionsrunden zur Sprache kommen. Dazu zählen die ethischen Aspekte von Gentherapie, Nutzen, Schaden und Optimierung von Entwicklungshilfe und die Möglichkeiten von Wissenschaftlern und Medizinern, Einfluss auf das politische Weltgeschehen zu nehmen und unsere Zukunft mitzugestalten. Selbstverständlich werde ich auch im Rahmen der wissenschaftlichen Poster-Präsentationen ein waches Auge haben und mich auf die Suche begeben nach Wissenschaftlern, die an ähnlichen Projekten arbeiten wie ich und unter Umständen ein paar hilfreiche Tipps für mich parat haben.

Wie schätzen Sie die Bedeutung der Nobel Laureate Meetings für junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter dem Motto „Educate, Inspire, Connect“ ein?

Die Bedeutung der Lindau Nobel Laureate Meetings hinsichtlich Inspiration und Motivation von jungen Wissenschaftlern und der Möglichkeit, Netzwerke zu knüpfen, ist unheimlich hoch. Nirgendwo sonst haben Wissenschaftler am Anfang ihrer Karriere die Chance, von solchen Persönlichkeiten zu lernen und für ihre eigene Arbeit motiviert zu werden. Der Blick fürs Wesentliche und das eigene Ziel kann zwischen manchmal ermüdenden Experimenten, komplizierten Analysen und zeitintensiven Literaturrecherchen schon einmal verloren gehen und die Motivation fürs eigene Projekt sinken lassen. Bei einer Veranstaltung wie dieser wird einem gezeigt, wie viel man mit genau diesen Arbeiten letztlich erreichen kann. Jeder dieser nun berühmten Wissenschaftler hat einmal am Anfang seiner Laufbahn sich in einem Labor die Abende und Nächte um die Ohren geschlagen und versucht, in der eigenen Arbeit nicht den Fokus zu verlieren. Diese Motivation und Inspiration halte ich für einen äußerst wertvollen und nachhaltigen Eindruck. Die Vernetzung von Wissenschaftlern ist das, wovon die heutige internationale Forschung lebt. Ähnlich wie auf wissenschaftlichen Konferenzen, freue ich mich auf einen regen und kollegialen Austausch und die Möglichkeit, mithilfe von Erfahrungen anderer meine Forschung voranzutreiben und weiter zu entwickeln.

Vielen Dank, Frau Kohler, wir wünschen Ihnen und Ihren beiden Lübecker Mitreisenden eine Fülle von Eindrücken und Kontakten auf der Tagung.


Svenja Kohler