Website
Aktuelles
Donnerstag, 09.06.2016

Technologietransfer

Drei Fokusfinder-Preise gehen nach Lübeck

Preisträgerinnen und Preisträger mit Betreuern und Vertretern der Initiative Bildverarbeitung in Schleswig-Holstein (Foto: Initiative Bildverarbeitung)

Neue Verfahren für medizinische Bildgebung und Tiefenbildbearbeitung

Gleich drei Fokusfinder-Preise 2016 der Initiative Bildverarbeitung in Schleswig-Holstein und Hamburg gingen an die Universität zu Lübeck. Dr. Mandy Ahlborg, Iris Ellerkamp und Dirk Fortmeier wurden für ihre Forschungsleistungen in den Bereichen der medizinischen Bildgebung und der Tiefenbildbearbeitung ausgezeichnet. Die Preise wurden ihnen am 9. Juni auf den Schleswig-Holsteinischen Bildverarbeitungstagen 2016 in Kiel überreicht.

Der Preis „Fokusfinder“ wird von der „Initiative Bildverarbeitung e.V.“ mit Sitz an der Fachhochschule Westküste in Heide seit 2009 jährlich vergeben. Die Auszeichnung wird für herausragende praxisrelevante Leistungen von Absolventinnen und Absolventen der Hochschulen in Schleswig-Holstein und Hamburg in drei Preiskategorien zuerkannt. In diesem Jahr haben die Unternehmen Basler AG, Allied Vision Technologies GmbH und YXLON International GmbH den Preis mit einem Preisgeld von 1.000 Euro ausgestattet.

Korrekturverfahren für dreidimensionale Tiefenbilder
Iris Ellerkamp erhält den Preis für die von ihr entwickelten Ansätze zur Korrektur von fehlerhaften Entfernungsberechnungen bei Kameras nach dem Time-of-Flight-Verfahren (ToF). ToF-Kameras erzeugen nach dem Sonarprinzip mit Lichtimpulsen dreidimensionale Tiefenbilder, die beispielsweise in der Automobilbranche zum Einschätzen von der Entfernung zu Hindernissen verwendet werden können. In der Computertomographie der Lunge kann so die Hebung und Senkung des Brustkorbes beim Atmen präzise ermittelt werden. Fehler in der Abstandsmessung können durch die Überlagerung direkter und indirekter Lichtreflexe entstehen (Multipfadartefakte). Ihre Masterarbeit führte sie bei der Firma Basler AG in Ahrensburg durch, die eine neuartige ToF-Kamera entwickelt. Iris Ellerkamp benutzte eine genaue mathematische Formulierung des Multipfadproblems, um Fehler bei Tiefenmessungen zu ermitteln und zu korrigieren. Diese untersuchte sie sowohl theoretisch als auch experimentell. Sie hat Möglichkeiten und Grenzen der Korrekturverfahren quantitativ bestimmt und damit für die Firma wichtige Informationen für Einsatzfelder von Time-of-Flight-Kameras geliefert. Die Zusammenarbeit zwischen dem Institut für Biomedizinische Optik und Basler konnte weiter intensiviert werden. Gemeinsam mit den Firmen Basler und Zeiss wird zurzeit auch an neuen Verfahren zu Diagnostik von Augenerkrankungen gearbeitet, die die optische Kohärenztomographie zur Messung von Laufzeiten des Lichtes einsetzen.
Iris Ellerkamp, M.Sc., 1989 geboren, studierte Medizinische Ingenieurswissenschaften an der Universität zu Lübeck (B.Sc. und M.Sc.). Bei Basler wurde sie von Dr. Jörg Kunze, seitens der Universität von Priv.-Doz. Dr. Gereon Hüttmann vom Institut für Biomedizinische Optik betreut. Sie erhält den Preis in der Kategorie „Bildaufnahmetechniken und Bildsignalverarbeitung für den Bereich Ultraviolett, Visuelles Spektrum und Infrarot (UV/VIS/IR)“.

Der Preis in der Kategorie „Bildverarbeitungsanwendungen für den Bereich Röntgen, Magnetresonanztomographie (MRT) und Magnetic Particle Imaging (MPI)“ wurde aufgeteilt:

Bilder des gesamten Patienten mit Nanopartikeln
Dr. Mandy Ahlborg erhält den Preis für die von ihr entwickelten Ansätze zur Bildakquisition, Bildrekonstruktion und Bildverarbeitung für die neuartige Bildgebung mit Magnetic Particle Imaging (MPI). Mit ihnen wird eine Vergrößerung des Bildgebungsvolumens erreicht, die es ermöglicht, Bilder des gesamten Patienten und nicht nur einzelner Körperareale zu erhalten. Mit der neuen Methodik lassen sich viele kleine Bildgebungsvolumina zu einem Gesamtbild zusammenzufügen, das gleichzeitig die Bildinhalte der hohen Detailauflösung bietet. Eine der großen Herausforderungen bestand darin, die Information korrekt darzustellen, Bildfehler zu korrigieren oder von vornherein zu vermeiden. Anwendungsfelder bestehen beispielsweise in der hoch genauen Abbildung von Blutgefäßen ohne den Einsatz schädlicher Röntgenstrahlung oder in der Krebstherapie, indem die für das MPI genutzten Nanopartikel zugleich als Träger für Medikamente dienen. Der Betreuer der Doktorarbeit ist Prof. Dr. Thorsten M. Buzug, Direktor des Instituts für Medizintechnik der Universität zu Lübeck.
Dr.-Ing. Mandy Ahlborg, 1985 in Berlin geboren, studierte Informatik an der Technischen Universität München (Master of Science) und promovierte 2015 an der Universität zu Lübeck. Seit Februar 2011 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Medizintechnik der Universität und leitet dort gegenwärtig das BMBF-Projekt „Smart Application of Magnetic-Based Particle Therapy and Imaging“ (SAMBA-PATI).

Methoden und Algorithmen für die virtuelle Punktion
Die Simulation von medizinischen Punktionseingriffen mittels Virtual-Reality-Techniken ist Gegenstand weltweiter Forschung, jedoch sind die vorhandenen Methoden zur patientenindividuellen Simulation stark eingeschränkt. Das entwickelte Simulationsframework integriert neue Methoden für haptisch spürbare und realititätsnah visualisierte 3D-Interaktionen wie die Punktion und Palpation in virtuellen Patientenkörpern und der hier hervorgerufenen Weichteildeformationen in Echtzeit. Die im Rahmen der Dissertation entwickelten Verfahren ermöglichen durch die methodische Erweiterung direkter visueller und haptischer Volumenrenderingstechniken die aufwändige Vorverarbeitung der Bilddaten und die hierzu benötigte Vorbereitungszeit deutlich zu reduzieren, wodurch eine Anwendung auf Patientenbilddaten möglich wird. Besonders hervorzuheben ist darüber hinaus, dass es hier erstmals gelungen ist, realistische individuelle Atmungsbewegungen der Haut und innerer Organe bei der visuell-haptischen Simulation und dem Training von Punktionseingriffen in Echtzeit zu simulieren.
Dirk Fortmeier, M.Sc., 1986 in Braunschweig geboren, studierte Informatik an der Technischen Universität Braunschweig (B.Sc.), Computer Games Programming an der Teesside University, Middlesbrough (UK; M.Sc.) und promoviert am Institut für Medizinische Informatik der Universität zu Lübeck. Er ist Software Engineer bei der Robert Bosch Car Multimedia GmbH in Hildesheim. Betreuer im Promotionsstudium war Prof. Dr. Heinz Handels, der Direktor des Instituts für Medizinische Informatik.

Den Fokusfinder-Preis in der Kategorie „Industrielle Bildverarbeitungsanwendungen für den UV/VIS/IR-Bereich“ erhält Sascha Poczihoskis von der Fachhochschule Westküste für seine Bachelorarbeit zur Mustererkennung von Möhrenpflanzen im Bioanbau.

Iris Ellerkamp, Dr. Jörg Kunze

Dr. Mandy Ahlborg

Dirk Fortmeier