Lübeck und Odense erschließen neue Wege der regenerativen Medizin für Krebstherapie und Knochenheilung - 1,3 Millionen Euro EU-Förderung
Knochenmark-Stammzellen sollen in einem deutsch-dänischen Biobank-Projekt künftig bei Routineoperationen gewonnen und für die Erforschung und Therapie schwerer Erkrankungen genutzt werden. Eine entsprechende Kooperation haben die Universitätsklinika in Lübeck und Odense zusammen mit Industriepartnern und der Clustermanagement-Agentur Life Science Nord geschlossen. Das Projekt „BoneBank" wird aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung im Programm „Interreg“ mit 1,3 Millionen Euro unterstützt.
Bei Operationen am Knochen werden bisher wertvolles Knochenmaterial und Knochenmark verworfen. Mit „BoneBank“ sollen diese Stammzellen konserviert und vermehrt werden. Als Knochen- und Knorpelzellen können sie dann im Bedarfsfall später an den Patienten retransplantiert werden. Die Universitäten Lübeck und Odense erforschen darüber hinaus, wie auch die Transplantation an andere Patienten als den Spender erfolgen kann. Entsprechende Verfahren der regenerativen Medizin werden besonders in der Krebstherapie und bei der Knochenheilung zunehmend Bedeutung erlangen.
„Bonebank“ hat ein Gesamtvolumen von 2,4 Millionen Euro. Partner sind die Lübecker Universitätsklinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, das Interdisziplinäre Centrum für Biobanking der Universität zu Lübeck (ICB-L), das Trauma-Zentrum Odense, die Kieler Firma Stryker, einer der Weltmarktführer in der Knochenbruchbehandlung, das schleswig-holsteinische Software-Entwicklungsunternehmen Soventec und die Life Science Nord Management GmbH. Unterstützt wurde die Projektentwicklung durch das Kieler Unter-nehmen DSN Connecting Knowledge.
„Das Interdisziplinäre Centrum für Biobanking der Universität zu Lübeck stellt die vorhandene Infrastruktur bereit, um die Biomaterialien und die zugehörigen klinischen Daten fachgerecht vorzuhalten, aufzubereiten und für die Forschung verfügbar zu machen“, sagt der Leiter des Centrums ICB-L, Prof. Dr. Dr. Jens Habermann.
„Das Projekt BoneBank ebnet den Weg zu neuen Stammzelltherapien mit vielseitigen Einsatzmöglichkeiten. Darüber hinaus bietet es eine wichtige Innovationsplattform für neue medizinische Produkte und Therapien in der regenerativen Medizin“, sagt Prof. Dr. Arndt Peter Schulz, Oberarzt an der Lübecker Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie.
„BoneBank stärkt die Kooperation zwischen deutschen und dänischen Unternehmen, Kliniken und Forschungseinrichtungen. Das Konsortium fördert damit die erfolgreiche Vernetzung der Branchen Medizintechnik, Biotech und Pharma in Norddeutschland“, freut sich Dr. Hinrich Habeck, Geschäftsführer von Life Science Nord.
Derzeit gibt es noch keine zugelassenen Verfahren in der Knochenbehandlung. In der Erprobung befinden sich Therapien von Knochen- und Knorpeldefekten, von Pseudoarthrosen (Falschgelenkbildung) und von schweren Frakturen mit Knochensubstanzverlust. Erste Ansätze gibt es außerdem in der Behandlung von langstreckigen Defekten nach Knocheninfektionen. Für alle Verfahren sind vorherige Knochenmarkspenden der betroffenen Patienten erforderlich.
Die Lübecker Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie betreibt seit Jahren klinische und translationale Forschung zu Verletzungen und Erkrankungen des gesamten Bewegungsapparates. Es existieren ein großes Labor für Biomechanik, Biomechatronik und sportmedizinische Diagnostik sowie ein gut etablierter Bereich für klinische Studien. Die im Rahmen von BioBank gewonnenen Proben sollen zunächst mit Proteomanalysen insbeson-dere bezüglich bevölkerungsmedizinischer Fragestellungen zu Erkrankungen wie Osteoporose und Arthrose untersucht werden.
Das Universitätsklinikum Odense ist die größte Klinik in der Region Süddänemark. Im Rahmen des Projektes erfolgt die Etablierung klinischer Verfahren zur routinemäßigen Verwendung von mesenchymalen Stammzellen in der Behandlung von Knochendefekten. Ziel ist die Zulassung des Verfahrens als Produkt.
Hintergrund
Unser Körper ist ein biologisches Wunderwerk, er regeneriert und repariert sich ein Leben lang selbst. Einen großen Anteil an dieser Fähigkeit haben die Stammzellen. Sie vermehren sich und können dabei verschiedene Zelltypen des Körpers bilden. So kann neues, gesundes Gewebe wachsen oder vorhandenes zum Wachsen angeregt werden. Daher stehen Stammzellen im Fokus von Forschungsaktivitäten, um sie in regenerativen Therapien einzusetzen. Bislang ist insbesondere die Gewinnung von Knochenmark-Stammzellen aufwändig und mit zusätzlichen Eingriffen und Behandlungen für den spendenden Patienten verbunden. Ein neuer Weg ist, diese Stammzellen im Rahmen von Operationen zur Frakturbehandlung zu entnehmen und zu konservieren. So wird eine ohnehin erforderliche Routine-Operation auf neue Weise sinnvoll genutzt.
für die Ukraine