Studierende schließen ihre Prüfungen schnell und erfolgreich ab
Wie gelingt es, besonders engagierte und empathische junge Menschen für das Medizinstudium auszuwählen? Das an der Universität zu Lübeck etablierte Auswahlverfahren, welches besonders motivierten, sozial engagierten und talentierten jungen Menschen die Chance auf einen Studienplatz in der Humanmedizin eröffnet, setzt auf persönliche Auswahlgespräche. Denn zu diesem Beruf gehört mehr als Fachwissen: Kommunikations- und Teamfähigkeit genauso wie die Bereitschaft und Fähigkeit, einem Gegenüber respektvoll und mitfühlend zu begegnen. Aus internationalen Studien und eigenen Untersuchungen an der Universität ist bereits bekannt, dass soziale Fähigkeiten zunehmend wichtig werden, wenn sich der Patientenkontakt intensiviert, und dass den über das persönliche Gespräch zugelassen Studierenden am Ende des Studiums bessere ärztliche Eigenschaften zugeschrieben werden als den Studierenden, die als Abiturbeste oder über die Wartezeitquote zugelassen wurden.
Unklar war jedoch weiterhin, wie sich das Auswahlverfahren auf den Prüfungserfolg im ersten Abschnitt des Studiums auswirkt. In einem kürzlich erschienenen Artikel von Dr. Alex Mommert und Kolleg*innen wurde der Studienerfolg verschiedener Studierendengruppen der Humanmedizin empirisch untersucht. Zentral dabei war die Frage, wie die Studierenden abschneiden, die ihren Studienplatz über das hochschuleigene Auswahlverfahren (persönliche Gespräch) erhalten haben. Mit dem Institut für Medizinische und Pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP) war der ideale Partner für die Untersuchung einer solchen Fragestellung gefunden. Die Zulassungsdaten der Studierenden konnten so über einen Datentreuhänder mit den offiziellen Prüfungsdaten der Studierenden verknüpft werden. Dies stellt bundesweit die erste derartige Projektkooperation dar und kann als richtungsweisend für die Forschung in diesem Feld gelten.
Dr. Alex Mommert und Ko-Autorin Josefin Wagner, M.Sc., fassen die Ergebnisse zusammen: „In der Studie konnten wir aufzeigen, dass über Auswahlgespräche ausgewählte Studierende im Vergleich zu den über Abiturbestenquote und Wartezeitquote zugelassenen Studierenden hinsichtlich verschiedenster Erfolgsparameter sehr gut abschneiden:
Auch wenn die Noten der Studierenden der Abiturbestenquote im ersten Staatsexamen erwartungsgemäß besser ausfielen, seien die Befunde dieser Arbeit sehr ermutigend. Das In-Rechnung-Stellen von Kommunikations-, Team- und Empathiefähigkeit für die Studienplatzvergabe gehe demnach nicht zulasten des Prüfungserfolgs.
„Obwohl in diesem Jahr durch die Neuordnung des Zulassungsverfahrens im Fach Humanmedizin die Durchführung von Auswahlgesprächen nicht möglich sein wird, fühlen wir uns in unserem Ansatz bestärkt und werden uns dafür einsetzen, möglichst schnell wieder Auswahlgespräche für die Auswahl von Medizinstudierenden führen zu können“, sagen Mommert und Wagner.
Das Bundesverfassungsgericht hatte mit seinem Urteil vom 19. Dezember 2017 eine Neuordnung des Zulassungsverfahrens verfügt. Die Änderungen sind nach zweijähriger Übergangszeit zum Sommersemester 2020 in Kraft getreten, die Universität zu Lübeck ist im Zulassungsverfahren für das Wintersemester 2020/21 erstmalig betroffen. Durch die Anpassung der Abläufe und technische Umstellungen bei der Stiftung für Hochschulzulassung (SfH = Hochschulstart, ehemals ZVS) kann derzeit noch kein Datenaustausch innerhalb des Verfahrens zwischen Hochschulstart und den Hochschulen erfolgen. Unabhängig von möglichen, durch die Corona-Pandemie bewirkten Erschwernissen sind die Gespräche daher aktuell ausgesetzt.
Publikation:
Mommert, A., Wagner, J., Jünger, J. et al. Exam performance of different admission quotas in the first part of the state examination in medicine: a cross-sectional study. BMC Med Educ 20, 169 (2020). doi.org/10.1186/s12909-020-02069-6
Weitere Literatur:
Kontakt:
Josefin Wagner, Ms. Sc. (josefin.wagner@uni-luebeck.de)
Prof. Dr. Jürgen Westermann (westermann@anat.uni-luebeck.de)
www.medizin.uni-luebeck.de
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