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Montag, 09.07.2012

Forschung

Bundesweite Studie: Per Internet Depressionen behandeln

Lübecker Forscher untersuchen Wirksamkeit internetbasierter Selbsthilfe für Menschen mit leicht- bis mittelgradigen depressiven Symptomen

Für Menschen, die an depressiven Symptomen leiden, kann internetbasierte Selbsthilfe ein erster Schritt zur Besserung sein. Ein Forscherteam aus Deutschland und der Schweiz untersucht unter der Leitung von Prof. Dr. Fritz Hohagen, Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Zentrums für Integrative Psychologie (ZIP gGmbH) und Professor an der Universität zu Lübeck, die Wirksamkeit derartiger Programme unter den Bedingungen unseres Gesundheitssystems. Für den Start der Studie treffen sich die beteiligten Forscher am kommenden Mittwoch, dem 11. Juli 2012, in Hamburg, um sich über die Ziele und den Ablauf der Studie abzustimmen.

Viele Menschen mit depressiven Symptomen wissen nicht: An wen wende ich mich am besten? Soll ich zu einem Spezialisten gehen? Oder zu meinem Hausarzt? Kann ich mir vielleicht selber helfen? „Jeder dieser Wege kann richtig sein. Gerade Betroffenen, die unter leichten bis mittelgradigen depressiven Symptomen leiden, könnte daher auch mit angeleiteter Selbsthilfe geholfen werden“, sagt Dr. Philipp Klein, Oberarzt an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie. Gemeinsam mit den Lübecker Wissenschaftlern und Kollegen aus fünf weiteren Universitäten untersucht Dr. Klein in einem vom Bundesgesundheitsministerium geförderten Projekt, wie wirksam eine derartige Selbsthilfe ist, wenn sie über das Internet angeboten wird.

Die Forscher um Professor Hohagen setzen dabei auf ein interaktives internetbasiertes Selbsthilfeprogramm mit dem Namen deprexis, das von der Hamburger Firma GAIA AG entwickelt wurde. „Die Wirksamkeit dieses Programms konnte bereits in drei verschiedenen Studien gezeigt werden“, sagt Dr. Klein. Anders als in den bisherigen Studien werden in der aktuellen Studie Betroffene nicht nur über Onlineforen, sondern auch in Arztpraxen und Krankenhäusern angesprochen. Dabei arbeiten die Forscher sowohl mit Fachärzten für Psychiatrie oder Psychosomatik und Psychotherapeuten als auch mit anderen Ärzten wie Hausärzten und Internisten sowie Krankenkassen zusammen. Insgesamt sollen 1000 Patienten im Rahmen der bislang größten derartigen Studie untersucht und behandelt werden.

„Da es bei leicht- bis mittelgradigen depressiven Symptomen nicht immer unbedingt notwendig ist, bei einem Spezialisten in Behandlung zu gehen, kann ein internetbasiertes Selbsthilfeprogramm eine sinnvolle Zwischenstufe im Behandlungsrepertoire sein“, sagt Dr. Klein. Die Betroffenen bekämen eine niedrigschwellige Unterstützung, ohne dass sie persönlich zu einem Therapeuten gehen müssten. „Nach Abschluss unseres auf drei Jahre angelegten Projektes wissen wir mehr darüber, ob internetbasierte Selbsthilfe auch unter den Bedingungen unseres Gesundheitssystems erfolgreich eingesetzt werden kann.“

Das Zentrum für Integrative Psychiatrie (ZIP gGmbH) ist eine Tochtergesellschaft des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) und betreibt Behandlungszentren an den Standorten Kiel und Lübeck. Neben der Forschergruppe der ZIP sind an der Studie Wissenschaftler der Charité Berlin (Priv.-Doz. Dr. Matthias Rose), Universität Bern (Priv.-Doz. Dr. Thomas Berger), Universität Bielefeld (Prof. Dr. Wolfgang Greiner), Universität Hamburg (Prof. Dr. Steffen Moritz, Prof. Dr. Bernd Löwe), GAIA AG Hamburg (Dr. Björn Meyer), Universität Tübingen (Prof. Dr. Martin Hautzinger) und Universität Trier (Prof. Dr. Wolfgang Lutz) beteiligt.

Interessierte Ärzte, Therapeuten und Betroffene finden weitere Informationen unter www.online-studie-depression.de