Das Landesprogramm Wirtschaft fördert ein Projekt zur Früherkennung von Pankreas-, Darm- und Lungenkrebs
Die Universität zu Lübeck, das Biotechnologieunternehmen CAMPTON Diagnostics GmbH, das Softwareunternehmen soventec GmbH und das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) starten ein gemeinsames Forschungsprojekt zur Entwicklung eines neuartigen, mobilen Messsystems für die Früherkennung speziell von Pankreas-, Darm- und Lungenkrebs. Es trägt den Namen EMECK, was eine Abkürzung ist für die Entwicklung eines Multi-Entitäten-Chips zur Krebsfrüherkennung.
Dieses System wird erstmals in der Lage sein, mehrere Biomarker (Multiplex-Ansatz) in Kombination mit einer KI-basierten Auswertestrategie zu evaluieren, um so eine Krebserkrankung eindeutig, differenziert und früh erkennen zu können.
Das Projekt vereinigt die Expertise der Universität zu Lübeck in den Bereichen des Biobankings und der sensitiven Biomarker-Detektion, von CAMPTON Diagnostics im Bereich der Biochiptechnologie sowie von soventec in der Entwicklung der Software und KI-basierten Auswertemodule. Es läuft seit dem 1. Februar 2021 und wird zum 31. Juni 2023 enden. Die Universität zu Lübeck und das UKSH erhalten aus dem Landesprogramm Wirtschaft eine Förderung mit EFRE- und Landesmitteln in Höhe von 885.000 Euro (EFRE-Mittel: 492.000 Euro; Landesmittel: 393.000 Euro).
Größere Heilungschancen
„Pankreas-, Darm- und Lungenkarzinome gehören zu den weltweit häufigsten Krebsarten und weisen in der Majorität zum Zeitpunkt der Diagnose einen Tumorbefall in Lymphknoten und/oder entfernten Organen auf“, sagt Timo Gemoll, Professor für Onkologische Proteomforschung an der Universität zu Lübeck und kommissarischer Leiter der Sektion für Translationale Chirurgische Onkologie & Biomaterialbanken (STCOB) der Klinik für Chirurgie am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck.
„Eine große Herausforderung für die heutigen Gesundheitssysteme ist es, eine Krebserkrankung bei Patientinnen und -patienten in einem frühen Stadium zu erkennen“, erläutert Prof. Gemoll. Zu diesem Zeitpunkt gebe es noch keine Metastasierung und die Heilungschancen seien größer als zu einem späteren Datum.
Darüber hinaus wäre es wünschenswert, ein Therapieansprechen für Betroffenen Patienten vorherzusagen, um zum Beispiel Aussagen über den Erfolg einer Chemotherapie oder einer Bestrahlung tätigen zu können.
Automatisierte Krebsfrüherkennung
„Vor diesem Hintergrund und einer bis zum Jahr 2040 prognostizierten Verdopplung der Krebserkrankungen bezieht sich das vorliegende Projekt auf die Entwicklung eines neuartigen Biochip-Arrays, der weltweit erstmals eine automatisierte Detektionsmethode in einem integrierten Kartuschen-System kombiniert, einen mobilen Einsatz auf Basis unseres Readers 100 erlauben wird und durch Einsatz von softwarebasierten und dank KI lernfähigen Auswertemethoden flexibel auf zukünftige Anforderungen anpassbar ist“, beschreibt Lars Blohm, Geschäftsführer und CTO von CAMPTON Diagnostics das gemeinsame Projekt.
Kai Diercks, Geschäftsführer von soventec, ergänzt: „Neuartig ist, dass wir über einen KI-basierten Auswerteansatz der Rohdaten die Eliminierung von systematischen Messfehlern im Reader 100-System evaluieren werden.“ Auffälligkeiten im Messablauf können für bestehende und zukünftige Assays erkannt werden. „Die KI-basierte Auswertung der Messergebnisse kann dann zusammen mit klinischen Parametern zu einer individualisierten Diagnostik und damit zu einer Optimierung des Reader 100 genutzt werden“, so Diercks weiter.
Mobiles Messgerät für späteren Vor-Ort-Einsatz
Der Nachweis der Marker wird auf dem für Forschung & Entwicklung zugelassenen „Reader 100“ von CAMPTON entwickelt. In der zweiten Projektphase wird ein projektspezifischer neuer Reader mit integrierten Reagenzien in der Cartridge entwickelt. Ziel ist es, die entwickelten Markerpanels zur Krebsfrüherkennung zu einem Schnelltest zu optimieren und später in einem neuen Readertyp als schnellen, leicht zu bedienenden Vor-Ort-Test, der später sogar von Patientinnen und Patienten zuhause als Therapiekontrolle eingesetzt werden könnte, zu kombinieren.
Eine weitere Innovation des Systems ist die besondere Kombination der zu untersuchenden Proteine auf dem Biochip. „Während der ersten Projektphase wird sich der Aufbau des Biochips auf Pankreas-, Darm- und Lungenkrebs fokussieren. Dazu werden eingesetzte (i) Marker in der Klinik für das Pankreas-, Darm- und Lungenkarzinome mit (ii) vielversprechenden Markern aus aktuellen klinischen Studien und (iii) Markern aus molekularbiologischen Vergleichsstudien ergänzt“, erklärt Prof. Dr. Gemoll.
Im Verlauf des Projektes sollen außerdem neue, sensitive und spezifische Proteinbiomarker für die zu untersuchenden Krebsentitäten detektiert werden. Hierfür wird die sogenannte Olink®-Technologie zum Einsatz kommen und als neue Technologieplattform an der Universität zu Lübeck etabliert.
„Bei der Testung und Validierung der Neuentwicklungen des Readers wird zusätzlich gelagertes klinisches Material mit ,frischem' Serum verglichen, welches keinen Transport und keine Lagerung erfahren hat. Diese Herangehensweise erlaubt nicht nur den Arbeitsablauf im Krankenhaus exakt abzubilden, sondern auch die Stabilität der ausgewählten Marker zu testen, indem das ‚frische‘ Serum zum Beispiel nach einer Lagerung erneut vermessen wird“, sagt Prof. Gemoll. Diese exklusive Probenakquise wird durch die enge Kooperation der Sektion für Translationale Chirurgische Onkologie & Biomaterialbanken und dem Interdisziplinärem Zentrum für Biobanking-Lübeck (Kommissarische Leitung: Dr. Martina Oberländer) garantiert.
Profile der Projektpartner
Über die CAMPTON Diagnostics GmbH
Die CAMPTON Diagnostics GmbH wurde 2016 aus dem Fraunhofer Institut für Siliziumtechnologie (ISIT) in Itzehoe ausgegründet. Das Unternehmen entwickelt und vermarktet komplette Messsysteme für die Point-of-Care-Diagnostik, also für Vor-Ort-Untersuchungen beim Patienten. CAMPTON Diagnostics vereint biotechnologisches und ingenieurwissenschaftliches Know-how unter einem Dach.
Bei dem von CAMPTON entwickelten Gerät „Biochip Reader“ kommen siliziumbasierte Biochips des Fraunhofer ISIT zum Einsatz. Diese stellt das ISIT im institutseigenen Reinraum her.
Innerhalb weniger Minuten können mit dem auf der „elektrischen Biochiptechnologie“ basierenden System aus einer geringen Menge Vollblut verlässliche Aussagen zur Indikation von Infektionen, Krebs oder anderen Krankheiten ermittelt werden. Die Tests sind besonders schnell, hochempfindlich und ermöglichen die gleichzeitige Messung mehrerer Parameter in einer Probe.
Für die Messungen werden Einweg-Kartuschen mit integriertem Biochip verwendet. Der Biochip funktioniert wie ein herkömmlicher ELISA-Test, ist allerdings elektrisch auslesbar und somit enorm miniaturisierbar. Der „Biochip Reader“ führt die Messung vollautomatisch durch. Das Analysenergebnis wird nach wenigen Minuten als realer Wert im Display angezeigt. CAMPTON Diagnostics hat seinen Sitz in Itzehoe und verfügt über eine strategische Technologiepartnerschaft mit dem Fraunhofer Institut für Siliziumtechnologie (ISIT).
Pressekontakt CAMPTON DIAGNOSTICS GmbH
Karin van Soest-Schückhaus
Mobil: 0172-2524 845
Telefon: 02161-8269743
E-Mail: pressestelle(at)marvice(dot)de
Über die Universität zu Lübeck
1964 als Medizinische Akademie gegründet, hat die Universität zu Lübeck in den ersten 50 Jahren ihres Bestehens ihr medizinisches Profil in Forschung und Lehre zu einer erfolgreichen Life-Science-Universität entwickelt. Seit 2015 ist sie Stiftungsuniversität und knüpft damit an die über Jahrhunderte gewachsene und bedeutende Stiftungskultur der Hansestadt Lübeck an. Mit ihren eng vernetzten Forschungsfeldern auf den Gebieten der Medizin, Naturwissenschaft, Informatik und Technik fühlt sich die Universität zu Lübeck in besonderer Weise der gesellschaftlichen Aufgabe verpflichtet, mit wissenschaftlichen Erkenntnissen zum medizinischen Fortschritt, zur Gesundheit und Heilung von Krankheiten sowie zu einem gerechten und friedvollen Zusammenleben der Menschen beizutragen. In ihrer forschungsbasierten, praxisnahen Lehre folgt sie einer umfassenden Bildungsidee und bildet Persönlichkeiten aus, die bereit sind, ihr Wissen in den Dienst der Gesellschaft zu stellen und Verantwortung zu übernehmen.
Das Interdisziplinäre Centrum für Biobanking-Lübeck (ICB-L) (Kommissarische Leitung: Dr. Martina Oberländer) wird seit 2012 von der UzL in enger Kooperation mit dem UKSH betrieben. Am ICB-L beteiligen sich über 40 medizinische Fachdisziplinen. Es bildet somit eine exzellente Grundlage, die Krankenversorgung im Sinne der Präzisionsmedizin auf den einzelnen Patienten abzustimmen und stetig zu optimieren. Das ICB-L ist aktuell mit den neuesten automatisierten Kryotechnologien ausgestattet (Askion, Brooks, Sysmex) und für sein Qualitätsmanagement nach DIN EN ISO 9001 zertifiziert.
Pressekontakt Universität zu Lübeck:
Elena Vogt
presse@uni-luebeck.de
Tel. +49 451 3101 1076
Über das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH)
Das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein als eines der größten europäischen Zentren der Universitätsmedizin verbindet internationale Spitzenforschung mit interdisziplinärer Krankenversorgung und die Ausbildung der Ärzte der kommenden Generation. Im einzigen Maximalversorger und größten Arbeitgeber des Landes Schleswig-Holstein sorgen mehr als 15.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in 89 Kliniken und Instituten für jährlich 560.000 Patienten mit dem gesamten Spektrum der modernen Medizin und für die gestalterische Teilhabe unseres Landes am internationalen Fortschritt.
Die Basis für den wirtschaftlichen Erfolg des UKSH liegt im gezielten Zusammenwirken von Forschung, Lehre und Krankenversorgung. Das UKSH hält gemäß Hochschulgesetz mit seinen Einrichtungen an beiden Campi (Lübeck & Kiel) in Kooperation mit den Universitäten die klinischen Voraussetzungen für Forschung und Lehre vor. Die Ergebnisse der fachübergreifenden Forschung und Therapie fließen z.B. in die zertifizierten Onkologischen Zentren des UKSH ein.
Die Sektion für Translationale Chirurgische Onkologie & Biomaterialbanken (STCOB), Klinik für Chirurgie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck (Kommissarischer Sektionsleiter Prof. Dr. Timo Gemoll, www.chirurgischeforschung-luebeck.de), beschäftigt sich mit spezifischen Expressionsprofilen epithelialer Tumoren und der funktionellen Analyse detektierter Zielproteine für die personalisierte Medizin. Der Fokus liegt dabei auf den molekularen Mechanismen der Karzinogenese inkl. Metastasierung und der Translation der Ergebnisse in die Klinik, um diagnostische und therapeutische Ansätze zu verbessern. In diesem Zusammenhang spielen vor allem Flüssigproben („Liquid Biopsies“) und der Bereich der Proteinanalytik eine bedeutende Rolle.
Pressekontakt Universitätsklinikum Schleswig-Holstein:
Oliver Grieve, Pressesprecher
presse@uksh.de
Tel. +49 431 500 10700
Über soventec GmbH
Das schleswig-holsteinische Softwareentwicklungshaus soventec GmbH arbeitet seit der Gründung 1999 als Entwicklungsdienstleister vor allem im Bereich Life Science und Biotechnologie für national und international tätige Unternehmen und Forschungseinrichtungen. Die Firma hat Schwerpunkte im Bereich Medizinprodukteentwicklung mit ISO 13485-Zertifizierung, High Content Screening/Imaging sowie in der Laborautomatisierung aufgebaut. Seit mehreren Jahren werden auch Kompetenzen im Bereich Neuronale Netze/Künstliche Intelligenz aufbaut und angewendet.
Die Firma unterstützt ihre Kunden softwareseitig bei Entwicklungen, bei denen die Umsetzung im Ganzen oder in Teilen an soventec ausgelagert wird. Für Kunden, die an die regulatorischen Forderungen der MDR gebunden sind, liefert soventec beratend die entwicklungsbegleitende Dokumentation, um den Zulassungsprozess zu unterstützen.
In vielen Entwicklungen kommt die eigene, medizinisch sichere Datenbankplattform Lab OS® zum Einsatz, welche u.a. für die Verwaltung von Proben in Bioproben-Lagern verwendet wird und diese nach regulatorischen Anforderungen dokumentiert.
Pressekontakt soventec GmbH:
Kai Diercks
Geschäftsführer/CTO
Tel.: +49 4356 8679205
E-Mail: kai.diercks(at)soventec(dot)de
für die Ukraine