Zwergenwuchs und Diabetes als mögliche Auswirkungen
der Bluthochdruckbehandlung
Bluthochdruck in der Schwangerschaft ist eine häufige und ernstzunehmende Komplikation, die unbehandelt schwerwiegende Konsequenzen für Mutter und Kind haben kann. Leider können viele gängige Medikamente wie ACE-Inhibitoren nicht eingesetzt werden, da sie entweder nachweislich das Risiko von Fehlbildungen des Fetus erhöhen oder nicht ausreichend untersucht sind, um einen sicheren Einsatz während der Schwangerschaft zu gewährleisten. So sind die Behandlungsmöglichkeiten für schwangere Frauen eingeschränkt, und je nach nationalen Richtlinien kommen auch Alpha/Beta-Kombiblocker wie Labetalol oder Alpha1-adrenerge Blocker wie Prazosin zum Einsatz.
Ein Forschungsteam des Center of Brain, Behavior and Metabolism (CBBM) der Universität zu Lübeck konnte im Mausmodell zeigen, dass eine Alpha1-adrenerge Blockade während der Schwangerschaft zu einem verringerten Wachstum und im Erwachsenenalter zu Diabetes führen kann. Interessanterweise zeigten nur die männlichen Nachkommen der behandelten Mäuse dieses Krankheitsbild. Die Studie wurde in in „Molecular Metabolism“ online am 1. Juli 2017 veröffentlicht.
„Als eine mögliche Ursache für diese Befunde haben wir eine verringerte Ausschüttung des Hormons IGF-1 aus der Leber männlicher Nachkommen identifiziert”, berichtet Dr. Rebecca Ölkrug, Erstautorin der Studie. Die Ausschüttung des IGF-1 aus der Leber wird über den Wachstumshormonrezeptor reguliert, der in den männlichen Nachkommen als Folge einer veränderten epigenetischen Programmierung stark reduziert war. „Die Epigenetik ist ein spannendes neues Forschungsfeld, das sich dem Thema widmet, wie zum Beispiel Umwelteinflüsse die Aktivität der Gene dauerhaft beeinflussen können, ohne jedoch die genetische Information selbst zu verändern“, erklärt Dr. Henriette Kirchner, Coautorin der Studie und Leiterin der Arbeitsgruppe Epigenetik und Metabolismus.
„Für solche epigenetischen Veränderungen, die während der Schwangerschaft programmiert werden, sind die beobachteten geschlechtsspezifischen Ausprägungen typisch“, ergänzt Prof. Jens Mittag, Letztautor der Studie. „Allerdings ist unsere Studie nur der erste Schritt. Nun wäre wichtig, in retrospektiven epidemiologischen Studien zu untersuchen, ob ein ähnlicher Zusammenhang zwischen Alpha-Blockern in der Schwangerschaft und Wachstumsstörungen oder Diabetes in den Nachkommen auch im Menschen zu beobachten ist.“
Zur publizierten Studie trugen die Arbeitsgruppen zur Molekularen Endokrinologie, zu Epigenetik und Stoffwechsel, zu Neurobiologie und Chronophysiologie sowie aus der Inneren Medizin (Medizinische Klinik I des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein, Campus Lübeck) im CBBM bei. Die Studie wurde aus Mitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft für das Graduiertenkolleg 1957, im Emmy-Noether- und im Heisenberg-Programm sowie im DFG-Schwerpunktprogramm „ThyroidTransAct“ finanziert.
Publikation:
Rebecca Oelkrug, Beate Herrmann, Cathleen Geissler, Lisbeth Harder, Christiane Koch, Hendrik Lehnert, Henrik Oster, Henriette Kirchner, Jens Mittag: Dwarfism and insulin resistance in male offspring caused by α1-adrenergic antagonism during pregnancy. Molecular Metabolism. Veröffentlichung online 1. Juli 2017.
PII: S2212-8778(17)30367-8. DOI: 10.1016/j.molmet.2017.06.016
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