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Mittwoch, 19.12.2012

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Der Preis des Geldes

Im Studium generale entfaltet Prof. Dr. Christina von Braun, Humboldt-Universität Berlin, am 31. Januar eine Kulturgeschichte (19.15 Uhr, Audimax)

Es gibt unter Ökonomen einen breiten Konsens darüber, dass das Geld keiner Deckung bedarf. Christina von Braun vertritt die Gegenthese: Das moderne Geld, das keinen materiellen Gegenwert hat, wird durch den menschlichen Körper ‚gedeckt’. Das erklärt die extrem unterschiedlichen Entwicklungen der Einkommen im Finanzkapitalismus wie auch die Monetarisierung des menschlichen Körpers: im Söldnertum, der Prostitution, dem Organhandel, dem Sport, dem Versicherungswesen oder der Reproduktionsmedizin. Diese moderne Beglaubigung des Geldes ist schon im sakralen Ursprung des Geldes angelegt, das nach einem Opfer verlangt, um ‚fruchtbar‘ zu werden und sich vermehren zu können. Weil beides, sowohl die Opfer- als auch die Inkarnationslogik des Geldes, in den christlichen Heilslehren – mit Kreuzigung und ‚Fleischwerdung des Wortes’ – ihre Entsprechung fand, wurden der christliche Kulturraum zum idealen kulturellen Nährboden für die Entwicklung der Geldwirtschaft und die Entstehung des Kapitalismus.

Seit seiner Entstehung in der Antike hat das Geld einen immer höheren Abstraktionsgrad erreicht: von der Münze über Schuldverschreibungen, Papiergeld bis zum elektronischen Impuls im Netz. Je abstrakter das Geld wurde, desto mehr verlangte es nach einer Verankerung in der ‚realen’ Welt. Daher der Rückgriff auf sakrale Beglaubigungsstrategien aus dem Opfer. In ihrer Kulturgeschichte des Geldes verbindet die Autorin die historischen Hintergründe der Entstehung und Entwicklung des Geldes mit aktuellen finanz-, wirtschafts- und sozialpolitischen Phänomenen. Viele gegenwärtige Entwicklungen lassen sich unter der Perspektive der langen Geschichte des Geldes neu lesen. Denn im Geld ist ein kulturelles Gedächtnis von ‚longue durée‘ verankert.

Die FAZ schrieb in ihrer Rezension: „Die Finanzwirtschaft steht nach Auffassung von von Braun keinem Fachgebiet so nahe wie der Theologie. Diesen Schluss verdeutlicht die Autorin anhand der Ursprungsgeschichte des Geldes, wobei sie Narrative aus Psychoanalyse, Philosophie und Soziologie und Einsichten aus Wirtschafts-, Kultur- und Geschichtswissenschaft zu einem erhellenden intellektuellen Panorama verbindet.“

Prof. Christina von Braun ist Professorin für Kulturwissenschaft an der Humboldt-Universität. Seit 2012 ist sie als Senior Research Fellow aktiv und leitet das Zentrum Jüdische Studien Berlin-Brandenburg. -

Das Studium generale der Universität zu Lübeck steht im Wintersemester 2012/13 unter dem Thema "Kultur-Austausch". Ergänzt werden die Vortragsveranstaltungen durch zwei Diskussionsabende "Streit-Kultur".

Das vollständige Programm:
http://www.uni-luebeck.de/universitaet/veranstaltungen/studium-generale/ws-2012.html

Prof. Dr. Christina von Braun (Foto: Dagmar Stratenschulte)