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Dienstag, 11.03.2025

Forschung

Schwere Verläufe verhindern: neue Antikörper gegen Hepatitis E

Dr. George Ssebyatika vom Institut für Biochemie und einer der Erstautoren der Studie wertet ein Kristallisationsexperiment mit einem rekombinant hergestellten Protein aus. (Foto: Thomas Krey)

Forschende der Universität zu Lübeck veröffentlichen Studie zu neutralisierenden Antikörpern gegen Hepatitis E in Nature Communications.

Infektionen mit dem Hepatitis-E-Virus bleiben oft unbemerkt, weil sie keine Symptome verursachen. Für Menschen mit geschwächtem Immunsystem oder Lebervorschädigung und auch für Schwangere kann das Virus jedoch zu schweren, potenziell lebensbedrohlichen Leberentzündungen führen. Trotz bestehender Therapieansätze gibt es bislang keine zugelassenen spezifischen Behandlungsmöglichkeiten. Forschende der Universität zu Lübeck und des TWINCORE, Zentrum für Experimentelle und Klinische Infektionsforschung in Hannover haben nun neutralisierende Antikörper identifiziert, die therapeutisch eingesetzt werden könnten, um schwere Verläufe zu verhindern. Ihre Ergebnisse wurden jetzt in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO schätzt, dass weltweit jährlich etwa 20 Millionen Menschen mit dem Hepatitis-E-Virus (HEV) infiziert sind. Die meisten Fälle verlaufen asymptomatisch, doch bei etwa 3,3 Millionen Infizierten entwickelt sich eine symptomatische Erkrankung, die in schweren Fällen zu Fibrose oder Leberzirrhose führen kann. Laut WHO starben allein im Jahr 2015 weltweit rund 44.000 Menschen an den Folgen einer HEV-Infektion. In Deutschland infizieren sich jährlich schätzungsweise 400.000 Menschen, für einige Risikogruppen wie Organtransplantierte oder Lebergeschädigte besteht dabei eine erhöhte Gefahr eines schweren Krankheitsverlaufs. 

„Auf der Suche nach neuen Therapieoptionen haben wir untersucht, welche Antikörper gegen das Hepatitis-E-Virus bei Menschen gebildet werden, die die Infektion überstanden haben“, sagt Dr. Patrick Behrendt, Leiter der Klinischen Nachwuchsgruppe „Translationale Virologie“ am TWINCORE und Oberarzt an der Klinik für Gastroenterologie der Medizinischen Hochschule Hannover. Dazu isolierten sie aus dem Blut der geheilten Patienten sogenannte Gedächtnis-B-Zellen. Das sind Immunzellen, die Antikörper produzieren. „Bei der genaueren Charakterisierung stellten wir zunächst fest, dass sich viele der Antikörper gegen das HEV-Kapsid richteten.“ Dieses Protein ist ein Baustein des Virus, der in infektiösen Partikeln die Erbinformation umhüllt. Es kommt aber auch als lösliches Protein frei im Blut von Patienten vor. „Damit lenkt HEV die Immunreaktion gewissermaßen von den infektiösen Viruspartikeln ab und kann so der Immunabwehr entkommen“, sagt Behrendt. 

Dieses lösliche Kapsid-Protein unterscheidet sich von dem in infektiösen Viruspartikeln verbauten Protein durch eine bestimmte Veränderung - eine Differenzierung, die sich gezielt für neue Therapieansätze nutzen lässt. „Wir haben uns dann auf die Antikörper, die spezifisch infektiöse Partikel erkennen, konzentriert“, sagt Dr. Katja Dinkelborg, forschende Ärztin in Behrendts Arbeitsgruppe und eine Erstautorin der Publikation.

Die exakte Struktur und Wirkweise dieser Antikörper konnten Forschende der Universität zu Lübeck entschlüsseln. Gemeinsam mit dem Team um Prof. Thomas Krey vom Institut für Biochemie der Universität zu Lübeck untersuchten sie die Antikörper genauer und konnten zeigen, wie sie das Virus binden und neutralisieren. „Antikörper gegen infektiöse Partikel binden anders als Antikörper, die auch das lösliche Kapsidprotein erkennen“, sagt Dr. George Ssebyatika, der andere Erstautor der Studie aus Kreys Lübecker Arbeitsgruppe. „Mithilfe hochauflösender Röntgenstrukturanalysen konnten wir erstmals die präzise Bindung der Antikörper an das Virus sichtbar machen. Diese Erkenntnisse sind ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer gezielten Antikörpertherapie gegen HEV.“ Behrendt und Krey wollen die neutralisierenden Antikörper mit antiviraler Wirkung nun weiterentwickeln, um sie für den klinischen Einsatz zu optimieren.

Dafür erhalten sie weitere Fördermittel vom Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF), das auch die bisherigen Arbeiten unterstützt hat. Zudem wurde die Studie vom Exzellenzcluster RESIST an der Medizinischen Hochschule Hannover und der Volkswagen Stiftung gefördert. „Unsere Erkenntnisse zeigen, dass gezielt entwickelte Antikörper ein vielversprechender Ansatz sind, um Hepatitis-E-Infektionen besser zu behandeln“, erklärt Krey. „Mit unserer Forschung legen wir die Grundlagen für zukünftige klinische Studien und hoffen, diese Antikörper in naher Zukunft als Therapieoption für Risikogruppen verfügbar zu machen.“

Originalveröffentlichung:

Ssebyatika, G., Dinkelborg, K., Ströh, L.J. et al. Broadly neutralizing antibodies isolated from HEV convalescents confer protective effects in human liver-chimeric mice. Nat Commun 16, 1995 (2025). https://doi.org/10.1038/s41467-025-57182-1 

Kontakt:

Prof. Dr. Thomas Krey
Institut für Biochemie
Universität zu Lübeck
E-Mail: thomas.krey(at)uni-luebeck(dot)de 

Dr. Patrick Behrendt
TWINCORE / Zentrum für Experimentelle und Klinische Infektionsforschung GmbH, Hannover
E-Mail: patrick.behrendt(at)twincore(dot)de