Schnell und intraoperativ - Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert das Kooperationsprojekt mit 3,3 Millionen Euro
Forschende des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, der Universität zu Lübeck und des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf wollen intraoperativ gewonnenes, fragmentiertes Tumorgewebe mittels Aspirathistologie analysieren. Das Projekt ASPIRAT unter Federführung der Klinik für Neurochirurgie des UKSH, Campus Lübeck, wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung über drei Jahre mit insgesamt 3,3 Millionen Euro gefördert. Die Förderung ist Teil des Programms „Gesundheitsforschung Deutschland, Fachprogramm Medizintechnik“. Ziel des Projekts ist es, die Entfernung von Tumorgewebe zu optimieren und schneller zu einer Diagnose zu gelangen.
Zur Entfernung von Tumoren am zentralen Nervensystem wird bei rund 40 Prozent der Operationen ein Ultraschallaspirator verwendet. Dieser zertrümmert das Gewebe und saugt die entstandenen Gewebefragmente unter Zugabe einer Spüllösung kontinuierlich ab. Die Tumorgewebefragmente fallen als „Abfallprodukt“ (Aspirat) an. Dieses Aspirat soll noch während der Operation mithilfe einer besonders schnellen Form der Multiphotonen-Mikroskopie (Imaging Flow Histology), die am Campus Lübeck erforscht wird, untersucht werden.
Das SLIDE-Verfahren (Spectro Temporal Laser Imaging by Diffractive Excitation) birgt das Potenzial, die Fülle an Gewebsfragmenten live histologisch auszuwerten. Dabei wird die Bildanalyse durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz unterstützt. Die Auswertung kann zeigen, ob die Neurochirurgin oder der Neurochirurg noch im Tumor operiert oder sich bereits in tumorfreien Arealen befindet. Zudem sollen Aussagen zur Tumorart getroffen werden.
Beteiligt sind das Institut für Biomedizinische Optik und das Medizinische Laserzentrum Lübeck
„Wir streben einen Behandlungspfad an, der den Patientinnen und Patienten unmittelbar zugutekommt. Denn durch eine schnellere intraoperative Information über das erreichte Resektionsausmaß und eine erste histologische Information, um was für einen Tumor es sich handelt, kann eine personalisierte Therapie deutlich früher beginnen. Der frühere Therapiebeginn kombiniert mit einem optimierten Resektionsausmaß hat direkten Einfluss auf die Überlebenszeit und die Lebensqualität der Betroffenen“, sagt Dr. Matteo Bonsanto, Projektleiter und Oberarzt der Klinik für Neurochirurgie, Campus Lübeck. Das Verfahren eigne sich auch bei anderen Tumorerkrankungen, bei denen intraoperativ der Ultraschallaspirator eingesetzt wird, zum Beispiel der Leber, der Prostata und der Niere.
Zum Projektverbund gehören neben der Klinik für Neurochirurgie des UKSH das Institut für Biomedizinische Optik der Universität zu Lübeck, das Medizinische Laserzentrum Lübeck sowie das Institut für Neuropathologie und das Zentrum für Molekulare Neurobiologie Hamburg des UKE. Alle onkologisch tätigen Einrichtungen des UKSH und der Universitäten in Lübeck und Kiel sind Teil des Universitären Cancer Centers Schleswig-Holstein (UCCSH). Als überregionales Krebszentrum gestaltet das UCCSH gemeinsam mit Kooperationspartnern unter anderem innovative Projekte im Bereich Forschung.
Bisher ist weder vor noch während einer Tumoroperation zweifelsfrei herleitbar, um welche Tumorart es sich handelt und wo die Grenzen von gesundem zu krankem Gehirngewebe verlaufen. Eine erste neuropathologische Schnellschnittdiagnostik, der derzeitige Standard der intraoperativen Tumordiagnostik, dauert 20 bis 40 Minuten und liefert nur eingeschränkte Informationen zur Tumorart. Die endgültige exakte Diagnose benötigt acht bis zwölf Tage. Beide Verfahren sind aufwendig und kostenintensiv.
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