In diesem Jahr wurde zusätzlich zum Universitäts-Lehrpreis auch ein Sonderpreis der Jury vergeben
Den Lehrpreis 2024 der Universität zu Lübeck erhielten Dr. Holger Maurer und Stefan Westfechtel aus der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin für ihre Veranstaltung „Notfallmedizin und Notarztwagenpraktikum“. Mit dem Sonderpreis der Jury wurden Prof. Dr. Andra Schromm und ihre Veranstaltung "Scientific Integrity Scouts. Gute wissenschaftliche Praxis - vom Kodex in die Wissenschaft" ausgezeichnet. Prof. Schromm ist am Forschungszentrum Borstel und der Leibniz-Einheit Biophysik der Universität tätig.
Die Preise verlieh die kommissarische Präsidentin, Prof. Dr. Gabriele Gillessen-Kaesbach, zusammen mit den Wissenschaftspreisen der Universität im Rahmen einer akademischen Feier am 5. Dezember im Kolosseum zu Lübeck.
Dem Newsletter erläuterten die drei für ihre Lehre Ausgezeichneten die Bedeutung der Themen für Studium und Beruf, ihren didaktischen Ansatz und die Resonanz, die sie von ihren Studierenden erhalten.
Außergewöhnlicher Einblick in die notfallmedizinische Versorgung außerhalb des Krankenhauses
„Notfallmedizin und Notarztwagenpraktikum“ ist ein Wahlpflichtfach im Medizinstudium ab dem siebenten oder achten Semester, nach erfolgreichem Abschluss des Querschnittsbereichs Notfallmedizin und des Blockpraktikums Anästhesie. Die Studentinnen und Studenten erhalten die im Studium besondere Möglichkeit, in den Bereich der präklinischen notfallmedizinischen Versorgung einzutauchen. Sie werden Teil des Notarztteams, bestehend aus Notärztin oder Notarzt und Notfallsanitäterin bzw. Notfallsanitäter.
Kern des Praktikums ist ein ungefilterter Hands-On-Einblick unter Supervision des diensthabenden Notarztes an der Einsatzstelle und im Rettungswagen in einer 1:1-Betreuung. Dabei findet ein enger interdisziplinärer Austausch mit den nicht-ärztlichen Berufsgruppen des Rettungsdienstes statt. Die Studierenden müssen insgesamt drei Einsätze in Form eines Einsatzberichtes ausführlich nachbereiten, die schwerpunktmäßig auch Teil der abschließenden mündlichen Prüfung werden. Sie absolvieren insgesamt fünfzehn Dienste à zwölf Stunden.
Soweit bekannt, ist dies ein deutschlandweit fast einzigartiges Angebot im Rahmen des Medizinstudiums und nur möglich durch die gute Zusammenarbeit mit der Berufsfeuerwehr der Hansestadt Lübeck, ohne die das Praktikum undenkbar wäre. Von den Studierenden wird dieser außergewöhnliche Einblick in die notfallmedizinische Versorgung außerhalb des Krankenhauses, wie Dr. Maurer und Stefan Westfechtel berichten, durch große Zustimmung und hohen persönlichen Einsatz honoriert.
Scouts für gute wissenschaftliche Praxis in Forschungsgruppen
Bei der Veranstaltung "Scientific Integrity Scouts. Gute wissenschaftliche Praxis - vom Kodex in die Wissenschaft" von Prof. Dr. Andra Schromm handelt es sich um einen ergänzenden Aufbaukurs in der Promotionsphase für Doktorandinnen und Doktoranden der Naturwissenschaften und der Medizin.
Aktuelle Erhebungen zeigen, dass Nachwuchsforschende auch nach Absolvieren einer Einführungsveranstaltung zur guten wissenschaftlichen Praxis zum Teil Lücken im Wissen über deren Regeln haben, wie sie von der Deutschen Forschungsgemeinschaft formuliert worden sind. Noch gravierender wird ein mangelnder Transfer in den Forschungsalltag festgestellt. Wissenschaftliche Integrität erfordert eine offene, vertrauensvolle Atmosphäre, Kompetenz in den Grundlagen von Kommunikation und Interaktionspsychologie und eine konstruktive Kultur im Umgang mit Fehlern.
Im Rahmen der Veranstaltung übernehmen Promovierende als Scientific Integrity Scouts Verantwortung für gute wissenschaftliche Praxis, und zwar nicht als Kontrolleure, sondern indem sie Impulse in ihre Forschungsgruppen geben. Die Multiplikator-Rolle der Scouts generiert eine breite Wirksamkeit über die Lehrveranstaltung hinaus.
Die Lust-Frust-Matrix und der Umgang mit Killerphrasen
Im Seminar der Veranstaltung sieht Prof. Schromm ihre Rolle als Dozentin auch als Lernbegleitende und Coach. Gemeinsam mit ihrer Kollegin und Co-Dozentin Dr. Frauke Schocker legt sie den Fokus besonders auf den Bezug zur Praxis. Eingesetzt werden Gruppenarbeit oder Rollenspiel, um die Scouts in die Lage zu versetzen, das Gelernte zunächst im Team der Scouts auszuprobieren und dann in der Forschungsgruppe nach Bedarf in ihren Gruppen-Meetings oder auf den Retreats der eigenen Arbeitsgruppe einzusetzen.
Das Onboarding neuer Scientific Integrity Scouts wird durch ein Tandem-Prinzip unterstützt, nach dem erfahrene Scouts mit neuen zusammenarbeiten. Im Austausch geht es um Fragen wie: Was hat bei mir im Team funktioniert? Wie kann ich meine Gruppe mit einem Door-Opener für die Bearbeitung eines GWP-Themas öffnen? Wie geht ihr mit „Killerphrasen“ um? Als beliebte Methode hat sich beispielsweise die Analyse und Einordnung anhand der „Lust-Frust-Matrix“ etabliert.
In diesem Jahr sind vier Professorinnen der Universitäten Lübeck und der Hamburg mit ihren Gruppen in das Scout-Projekt eingestiegen. Inzwischen hat der überwiegende Anteil der aktuell 40 Scouts dauerhaft einen Tandem-Partner aus ihren Forschungsgruppen.
für die Ukraine