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Donnerstag, 21.11.2024

Universität

Podcast Gedankensprünge

Folge 43

Wie kommt es, dass wir uns an manche Ereignisse noch nach Jahrzehnten genau erinnern können, aber manchmal vergessen, was wir letzte Woche zu Mittag gegessen haben? In der 43. Folge unseres Podcasts nähern wir uns einem geheimnisvollen Vorgang in unseren Köpfen: dem Erinnern. Warum trügt uns unser Gedächtnis manchmal, warum erinnern sich zwei Menschen völlig unterschiedlich an das gleiche Ereignis, und gibt es vielleicht auch ein Recht auf Vergessen? Darüber sprechen ein Informatiker, ein Psychologe und eine Staatsanwältin miteinander.

Prof. Dr. Nico Bunzeck (UzL) ist ein Wiederholungstäter: Er war bereits in Folge 24, "Vorbilder: Chance oder Risiko?" unser Gast. Auch diese Folge wurde von Theresia Lichtlein moderiert, und so konnten die beiden ihre gemeinsamen Erinnerungen an die damalige Aufnahme direkt abgleichen. Da Emotionen einen verstärkenden Einfluss auf unser Gedächtnis haben, konnten sie sich zwar noch gut an die angenehme Gesprächssituation erinnern, aber nicht mehr an die Farbe von Nicos Pullover. Diese Information hatte es nicht in ihr Langzeitgedächtnis geschafft, das sich vor zu vielen Informationen schützen muss, um bis ins hohe Alter funktionsfähig zu bleiben – im Gegensatz übrigens zu unserem Kurzzeitgedächtnis, das bereits ab Mitte 25 nachlässt.

Im Unterschied zu uns Menschen sind digitale Speichermedien nicht besonders gut im Vergessen. Was einmal auf einem Flash-Speicher gespeichert wurde, lässt sich nie mehr vollständig löschen – Fluch und Segen zugleich. Wie das genau funktioniert und ob es eigentlich eine gute Idee ist, Fotos in sozialen Netzwerken zu posten, erklärt uns Prof. Oliver Stecklina (TH). Dabei erfahren wir von spannenden Parallelen zwischen Mensch und Technik. So funktionieren digitale Langzeitspeicher tatsächlich ähnlich wie unser Langzeitgedächtnis, mit einem wichtigen Unterschied: Zusätzlicher Speicherplatz steht uns Menschen leider nicht zur Verfügung.

Auch Nathalia Behringer muss täglich mit Erinnerungen umgehen: Als Staatsanwältin hat sie viel mit der Vernehmung von Zeugen und Zeuginnen zu tun. Dabei nutzt sie verschiedene Befragungstechniken, um möglichst korrekte Erinnerungsberichte herausarbeiten zu können. Denn es gibt viele Details, die den Befragten vielleicht unwichtig erscheinen, die aber für den Tatbestand relevant sein können. Bei Sexualstrafsachen begegnet sie darüber hinaus emotional stark belasteten Menschen, für die die Bewahrung der eigenen Würde eine große Rolle spielt. Nicht jede*r von ihnen möchte sich überhaupt erinnern, und manche müssen vergessen, um weiterleben zu können.

Unter der Moderation von Theresia Lichtlein, Kommunikationsleiterin der Technischen Hochschule Lübeck, beleuchtet der Podcast von Lübeck hoch 3 einmal monatlich Themen der Forschung, Kultur und Gesellschaft. Geladen sind jeweils Vertreter*innen der drei am Projekt beteiligten Hochschulen (Musikhochschule Lübeck, Technische Hochschule Lübeck und Universität zu Lübeck) und je nach Thema ein*e Expert*in als Gast.

Der Podcast steht über die Website www.gedankenspruenge-podcast.de und alle gängigen Plattformen zum Abruf bereit. Die Folgen gehen jeweils mittwochs zur Monatsmitte online.

Wissenstransfer, wechselseitiger Dialog und neue Ideen – dafür steht Lübeck hoch 3. Den eigenen Podcast sehen die Initiatorinnen und Vertreter der drei Hochschulen als wichtigen Baustein, um den Diskurs mit der Gesellschaft über Wissenschaft und Kultur anzuregen.

Die Diskussionsrunde in Folge 43:

Natalia Behringer, geboren und aufgewachsen in Lübeck, studierte Rechtswissenschaften an der Universität Hamburg und beendete die juristische Ausbildung nach dem Rechtsreferendariat in Lübeck mit dem zweiten Staatsexamen. Seit 2019 ist sie als Staatsanwältin in Lübeck tätig und derzeit mit der Bearbeitung von Sexualstrafsachen und internationaler Rechtshilfe in Strafsachen befasst.

Prof. Dr. rer. nat. Nico Bunzeck (UzL) ist Professor für Lifespan Psychologie an der Universität zu Lübeck und Leiter des Studiengangs Psychologie. Er studierte an den Universitäten Magdeburg und Auckland (New Zealand), war Postdoc am University College London (UCL) und Arbeitsgruppenleiter am UKE in Hamburg. Er beschäftigt sich seit seiner Promotion mit den psychologischen und neuronalen Grundlagen von lebenslangen Lern- und Gedächtnisprozessen des Menschen. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf dem Zusammenhang zwischen Motivation, dopaminerger Neuromodulation, neuronaler Plastizität und altersbedingten kognitiven Veränderungen. 

Prof. Dr. rer. nat. Oliver Stecklina (TH) ist Professor für Eingebettete Systeme an der Technischen Hochschule Lübeck und lehrt dort in den Bereichen Digitaltechnik, Eingebettete Systeme, Hochintegrierte Schaltungen, Computer-Netze, Hardware-Entwurf und IT-Sicherheit. Er studierte und promovierte an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg, war als Team- und Projektleiter in verschiedenen Entwicklungsprojekten in einem IT-Unternehmen tätig und arbeitete am Leibniz-Institut für innovative Mikroelektronik (IHP) auf dem Gebiet der drahtlosen Sensornetzwerke.

Die Moderatorin Theresia Lichtlein ist seit 2016 Kommunikationsleiterin der Technischen Hochschule Lübeck. Neben dem Podcast »Gedankensprünge« moderiert sie on- und offline Veranstaltungen, Workshops und Panels rund um Wissenschaft, Wirtschaft und akademisches Leben. »Der Podcast GEDANKENSPRÜNGE zeigt wie kaum ein anderes Format, welche unterschiedlichen Assoziationen ein Schlagwort bei verschiedenen Menschen auslösen kann«, erläutert sie. »Ich finde es unheimlich faszinierend, wenn diese Blickwinkel aufeinandertreffen und sich unser aller Weltbild erweitert. Unsere Gäste ebenso wie unsere Zuhörer*innen können durch die Sichtweisen der anderen profitieren und Inspiration schöpfen.«