Folge 36
In dieser Folge widmen wir uns einem brandaktuellen Thema: dem Rausch. Ob Work-Flow, Runner's High oder durch illegale Substanzen - es gibt viele Möglichkeiten, sich zu berauschen. Doch welche Risiken und Nebenwirkungen hat dieser körperliche Ausnahmezustand? Fördert ein Rausch tatsächlich unsere Kreativität? Ist die Legalisierung von Cannabis wirklich eine gute Idee? Und welche Wege führen aus der Sucht? Darüber diskutieren ein Suchtexperte, ein Professor für Musizierendengesundheit und eine Musik- und Medienwissenschaftlerin.
Prof. Dr. Daniel Scholz (MHL) erinnert sich im Podcast an rauschhafte Glücksmomente beim Gitarrespielen. In seinem Berufsleben begegnen ihm neben den Volksdrogen Alkohol und Cannabis vor allem Beruhigungsmittel und Betablocker. Bei ihnen sind eher Vermeidungsziele der Konsument*innen entscheidend: Gesucht wird nicht der Rausch, sondern die Unterdrückung unangenehmer körperlicher Reaktionen wie z.B. beim Lampenfieber. In speziellen Seminaren vermittelt er Musikstudierenden, wie sie ihr Lampenfieber auch ohne Substanzen in den Griff bekommen können. Aus seiner Sich wird unter Musiker*innen immer noch zu wenig über Ängste kommuniziert.
Prof. Dr. Hans-Jürgen Rumpf (UzL) ist seit vielen Jahren als Suchtmediziner tätig - vielleicht auch deshalb liegt sein letzter eigener Alkoholrausch schon eine Weile zurück. Im Podcast erklärt er, wie sich verschiedene Substanzen in ihrer Wirkung auf den Körper und die Gefühlslage unterscheiden. Im Gehirn ist der Konsum mit bestimmten Belohnungsmechanismen verbunden, die dem Rausch vorausgehen. Sein Forschungsschwerpunkt sind die Verhaltenssüchte: Glücksspiel, Kaufsucht und vor allem die noch relativ neue Internetnutzungsstörung. Gerade bei den Verhaltenssüchten ist die Behandlung oft schwierig. In der Therapie geht es vor allem darum, welche Bedingungen zur Sucht geführt haben und was die Betroffenen daran ändern können.
Anna Lena Möller (TH ) kennt rauschhafte Erlebnisse vom gemeinsamen Singen im Chor. Aus ihrem Berufsalltag im Instruktionsdesign weiß sie: Auch beim E-Learning gibt es Belohnungsmechanismen, sogenannte Nudging-Effekte, die mit plötzlich auf dem Smartphone erscheinenden Push-Nachrichten verbunden sind und die Nutzer*innen dazu auffordern, sich weiter mit einer Lern-App wie Duolingo oder Babbel zu beschäftigen. Das kann dann schon mal in einen Lernrausch ganz ohne Substanzen führen: Wenn man unbedingt alles verfügbare Wissen zu einem Thema oder einer neuen Fähigkeit anhäufen will und nicht mehr aufhören kann.
Unter der Moderation von Nicole Werner, Mitarbeiterin am Brahms-Institut an der Musikhochschule Lübeck (MHL), beleuchtet der Podcast von Lübeck hoch 3 einmal monatlich Themen der Forschung, Kultur und Gesellschaft. Geladen sind jeweils Vertreter*innen der drei am Projekt beteiligten Hochschulen (Musikhochschule Lübeck, Technische Hochschule Lübeck und Universität zu Lübeck) und je nach Thema ein*e Expert*in als Gast.
Der Podcast steht über die Website www.gedankenspruenge-podcast.de und alle gängigen Plattformen zum Abruf bereit. Die Folgen gehen jeweils mittwochs zur Monatsmitte online.
Wissenstransfer, wechselseitiger Dialog und neue Ideen - dafür steht Lübeck hoch 3. Den eigenen Podcast sehen die Initiatorinnen und Vertreter der drei Hochschulen als wichtigen Baustein, um den Diskurs mit der Gesellschaft über Wissenschaft und Kultur anzuregen.
Die Diskussionsrunde in Folge 36:
Prof. Dr. Daniel Scholz studierte in Marburg Psychologie und in Osnabrück Jazz-Komposition. Er promovierte am Zentrum für systemische Neurowissenschaften in Hannover. Ab 2011 arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Musikphysiologie und Musiker-Medizin (IMMM) an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover (HMTMH), bis er im Wintersemester 2021/22 die neue Professur für Musizierendengesundheit antrat, die Musikhochschule Lübeck (MHL) und Universität zu Lübeck (UL) gemeinsam für Forschung, Lehre und Beratung geschaffen haben.
Anna Lena Möller studierte Musikwissenschaft und Deutsche Sprache und Literatur an der Universität Hamburg und schloss einen Master in Medien- und Musikwissenschaften an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) ab. Bereits im Studium sammelte sie mediale und journalistische Erfahrungen als freie Journalistin und arbeitete unter anderem für die Kieler Nachrichten. Von 2017 bis 2022 beschäftigte sie sich als E-Learning Entwicklerin an der CAU mit den verschiedensten Themen, die sie medial aufbereitete. An der TH Lübeck arbeitet sie seit 2022 als Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Interaktive Systeme (ISy).
Prof. Dr. Hans-Jürgen Rumpf ist leitender Psychologe in der Suchtforschung und arbeitet am Zentrum für Integrative Psychiatrie der Universität zu Lübeck. Seine Arbeits- und Forschungsschwerpunkte liegen in der Sucht sowie in der Suchttherapie. Er ist Experte für eine noch relativ neue Suchterkrankung, die Smartphone- und Internetsucht, und leitet seit 1998 die Forschungsgruppe S:TEP (Substanzbezogene und verwandte Störungen: Therapie, Epidemiologie und Prävention). 2021 wurde ihm eine außerplanmäßige Professur an der Universität zu Lübeck verliehen.
Die Moderatorin Nicole Werner ist seit November 2023 Mitarbeiterin des Brahms-Instituts an der Musikhochschule Lübeck (MHL) und dort als Leitungsassistenz im Bereich Veranstaltungen und Presse- und Öffentlichkeitsarbeit tätig. Sie hat Kulturwissenschaften an der FernUniversität Hagen studiert und absolviert derzeit berufsbegleitend den Masterstudiengang Kulturmanagement an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg. Am Podcast schätzt sie besonders, dass die Gespräche von den Expert*innen der drei Lübecker Hochschulen immer wieder neue Anregungen dazu geben, die eigenen Gedanken zu einem Thema springen zu lassen.
für die Ukraine