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Samstag, 13.01.2024

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Kein Job, den man auf der halben Pobacke absitzt

Dr. Petra Roßkopf geht – Ein Interview mit der bisherigen Leiterin des Lübecker Hochschulsports darüber, warum Sport wichtig ist, wie man Herausforderungen gemeinsam löst und welche Gefühle am Ende bleiben

Dr. Petra Roßkopf, seit 23 Jahren Leiterin des Lübecker Hochschulsports, geht in den Ruhestand. Sie übergibt die Aufgabe an ihre Nachfolgerin Katrin Bührmann, die bereits seit November an Bord ist.

Frau Dr. Roßkopf, was empfinden Sie mit Blick auf Ihren Abschied in wenigen Wochen, zum 1. Februar?

Roßkopf: Das sind gemischte Gefühle. Natürlich freue ich mich auf die kommende Zeit und auf viele private Projekte, zu denen wir bisher noch nicht genügend gekommen sind; Dinge neu zu entdecken, die wir lange nicht gemacht haben. Es war kein Job, den man auf der halben Pobacke absitzt, aber er war sehr motivierend. Da erleichtert es mir den Abschied und macht sogar Spaß, die Aufgabe mit dem Gefühl weitergeben zu können, dass der Hochschulsport in tolle neue Hände geht und sicher auch neue Facetten hinzu bekommen wird.

Welche Bedeutung hat aus Ihrer Sicht Hochschulsport generell?

Roßkopf: Ich bin überzeugt, dass seine Bedeutung sogar noch wächst. Bewegungserfahrung, soziale Kompetenz, Leute treffen und mit ihnen reden – Hochschulen sind insofern nur ein Spiegelbild unserer Gesellschaft insgesamt, dass diese Fähigkeiten allgemein nachlassen und nicht mehr so intensiv geübt werden. Mir war ein breitensportliches Profil immer wichtig, damit jeder und jede leicht einsteigen kann, auch wenn er oder sie aus einer wenig sport-affinen Familie kommt. Ich sehe heute junge Leute nebeneinander sitzen, die sich Textnachrichten schicken. Dabei ist es so entscheidend, sich auch einmal ganz anders zu betätigen, als man es am Arbeitsplatz oder im Studium ständig tut. Hochschulsport ist ein weicher Faktor für die Studienortwahl und sollte vielleicht noch stärker betont werden. Denn was passiert, wenn die Sportgruppen im Semesterprogramm starten? Die Horizonte rücken sich fächerübergreifend zurecht, es bilden sich Paare, Wohnungen werden vermittelt und neue Freundschaften entstehen.

Erzählen Sie uns, wie Sie zum Hochschulsport und zu der Leitungsstelle in Lübeck gekommen sind.

Roßkopf: Ich habe mein Diplom an der Deutschen Sporthochschule Köln gemacht.

… einer wissenschaftlichen Hochschule im Universitätsstatus mit Promotions- und Habilitationsrecht.

Roßkopf: Ja. Das war ein breit angelegtes Studium. Neben den Lehramtsstudiengängen und allen Sportarten – bei mir waren es über fünfundzwanzig mit einem praktischen Abschluss - reicht das Fächerspektrum von den Erziehungs-, Geistes- und Sozialwissenschaften bis hin zu medizinisch-naturwissenschaftlichen Disziplinen. Trainingslehre, Leistungsdiagnostik, Sportmedizin, Recht, Sportstättenbau, Organisation und Verwaltung, alles war vertreten. Im Anschluss habe ich fünfzehn Jahre in Köln, Paderborn, Chemnitz und Bonn sportwissenschaftlich in den Gebieten Leistungsdiagnostik und Trainingssteuerung sowie Gesundheitsförderung geforscht, bis mit vierzig der Wunsch in den Vordergrund trat, irgendwo sesshaft zu werden. Da kam die Stellenausschreibung der damals noch Medizinischen Universität in Lübeck genau zur richtigen Zeit. Im Vorstellungsgespräch sagte mir der damalige Kanzler: „Ich will vor allem, dass im Hochschulsport etwas passiert.“ „Darauf können Sie sich verlassen“, habe ich geantwortet. Nach den Wissenschaftsjahren war es für mich wie ein „Zurück zu den Wurzeln“ mit einem weiten sportlichen Spektrum, Sportstättenbau, Finanzplanung usw. Ich habe mich enorm gefreut, als ich telefonisch die Zusage aus Lübeck bekam, verbunden mit der Frage, ob ich nicht auch früher, am besten sofort, anfangen könnte.

Was zeichnet für Sie den Lübecker Hochschulsport besonders aus?

Roßkopf: Dass hier eine gemeinsame Zentrale Einrichtung Hochschulsport für alle vier Hochschulen besteht (Uni, Technische Hochschule, Musikhochschule und Fachhochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung, Fachbereich Bundespolizei), die seit dreiundzwanzig Jahren ohne Streit und Querelen hervorragend funktioniert. Die Herausforderung besteht darin, dass man alle Sportstätten und Ausstattung selbst zusammenbringen muss, da es an den Hochschulen keine Sportstudiengänge gibt, auf die man zurückgreifen könnte. Daher auch keine Bund-Länder-Finanzierung für den Sport. Das geht nur zusammen mit der Hansestadt Lübeck und den Vereinen. Unter den Hochschulen entsteht so im Hochschulsport keine Konkurrenz, und es werden keine Angebote mehrfach vorgehalten. Ein regelmäßiger Runder Tisch mit allen ASt’en, Verwaltungen und Sportbeauftragten der Hochschulen schaffte damals die erforderlichen Abstimmungen und tut es heute noch. Mein Vorgänger, Hans-Dieter Hesemeyer, hatte noch den Umzug des Segelsportzentrums von Fischerbuden, wo der Pachtvertrag ausgelaufen war, an die Falkenstraße organisiert. Aber ich war sehr überrascht, als 2003 ein Brief von der Stadt kam, wann die Universität denn dort anfangen würde zu bauen. Das Grundstück gehörte weiterhin dem Bereich Stadtgrün und könnte nur dann weiterhin vom Hochschulsport genutzt werden, wenn dort ein festes Bauwerk entstünde.

Welches waren Ihre persönlichen Highlights in den Jahren Ihrer Tätigkeit?

Roßkopf: Zu allererst, dass es damals durch gemeinsame Anstrengung aller Beteiligten gelang, etwas vorher nicht Realisierbares zu schaffen. Vom Fachbereich Architektur der Fachhochschule, heute Technische Hochschule, bekamen wir sofort Amtshilfe. Im jährlichen Architekturwettbewerb für Studierende wurde diesmal der Entwurf eines Sportzentrums als Aufgabe gestellt. Und was Lübecks wirklich großartige Stiftungen angeht: unsere Bitte um Unterstützung hatte es dadurch leichter, dass sie gleich alle Hochschulen gemeinsam und nicht nur eine allein betraf. Wenn man aus heutiger Sicht so will: damals gab es schon ein „Lübeck hoch 4“! Die erste Zusage, die wir bekamen, erleichterte alle weiteren Anfragen. Amtierende und frühere Rektoren gaben uns nach Kräften Schützenhilfe. Heute sind alle, die sich an den Kosten beteiligt haben, mit einer Tafel an der Fassade des Sportzentrums verewigt. War zuerst meine große Frage gewesen, „Bekommen wir das Geld zusammen?“, so stand in der folgenden Phase die altbekannte Lehre „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“ im Vordergrund. Jeden Morgen und Abend war ich auf dem Hin- und Rückweg zur und von der Arbeit auf der Baustelle. Anders wäre es zum Beispiel nicht gelungen, die Betonmischer rechtzeitig zurückzuhalten, als die Armierung für die Grundplatte falsch gesetzt war, so dass statt der geplanten drei nur zwei Badmintonfelder hätten angelegt werden können.

Gab es auch verzagte Momente oder das Gefühl, dass alle Anstrengung zu keinem erfolgreichen Ende führen wird?

Roßkopf: Nein, dafür war ich entweder zu beschäftigt oder zu müde. Wir haben für alles immer eine Lösung gefunden. Und wo Sie nach den persönlichen Highlights fragen: Jede Feier – Grundsteinlegung, Einweihung und auch das 15-jährige Bestehen des Hochschulsportzentrums im letzten Sommer – gehörte dazu, immer selbst organisiert. Jedes Turnier, jeder studentische Live-Act bei öffentlichen Vorführungen, wo ich nur staunen konnte und mich gefreut habe, mit wieviel spontaner Power und Begeisterung sie das wieder stemmen und welches tolle Bild vom Hochschulsport sie damit abliefern. Auch das gesponserte Auto des Hochschulsports gehört dazu, ein verbindendes und sehr nützliches Moment für ganz viele, die unter anderem dadurch in Kontakt bleiben, von der Teddyklinik bis zur Bigband der Hochschulen, den Salt Peanuts. Und eigentlich war es ebenso jedes Mal zu Semesterbeginn wieder ein Highlight, wenn das neue Programm anlief, die Kurse gut nachgefragt waren und alle zur richtigen Zeit an der richtigen Sportstätte auftauchten. Das ist immer wie ein „inneres Weihnachten“, frei nach John „Hannibal“ Smith: „Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert!“ Aber, das ist mir wichtig: es war immer eine gemeinsame Leistung und wäre ohne alle die Abteilungen und Kolleginnen und Kollegen, die aus dem Hintergrund unterstützt und mitgezogen haben, nie möglich gewesen. Danke an alle!

Wie geht es für Sie im Ruhestand weiter und worauf freuen Sie sich besonders?

Roßkopf: Das ist die Zeit für meine und unsere familiären Projekte, ohne Blick auf Uhr und Kalender. Mein Mann und ich freuen uns auf viele Segeltörns, auch mal spontan und auch mal länger.

Frau Dr. Roßkopf, alles Gute dafür und vielen Dank für dieses Gespräch!

(Fragen: Rüdiger Labahn)

Dr. Petra Roßkopf, hier bei der Feier zum 15-jährigen Bestehen des Hochschulsportzentrums im Sommer vergangenen Jahres (Foto: Guido Kollmeier / Universität zu Lübeck)

Grundsteinlegung für das Sportzentrum am 5. Juli 2007 mit Vertretern der Lübecker Hochschulen, der Stiftungen und dem damaligen Bürgermeister Bernd Saxe (Fotos: Hochschulsport Lübeck)

Segelrevier auf der Wakenitz unmittelbar am Hochschulsportzentrum

Eine Laufgruppe trainiert

Der Hochschulsport Lübeck bietet auch moderne Sportarten wie Jugger an, bei dem die Eigenschaften von Mannschaftssport mit Elementen verschiedener Individualsportarten wie Fechten oder Ringen kombiniert sind