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Dienstag, 10.03.2020

Forschung

Besondere Suchtrisiken durch Online-Glücksspiele

Tag und Nacht vom Smartphone aus - Fachverbände kritisieren, dass die Wirksamkeit bisheriger gesetzlicher Maßnahmen nicht wissenschaftlich untersucht wurde

Durch die geplante Neuregulierung des Glücksspielwesens würde die Gefährdung von Glücksspielerinnen und -spielern deutlich ansteigen. Das befürchten die Expertinnen und Experten des Fachbeirats Glücksspielsucht und 19 weiterer Verbände. In einer Stellungnahme, mit der sie sich am 10. März an die Ministerpräsidentinnen und –präsidenten der Bundesländer gewandt haben, fordern sie, die Verabschiedung des neuen Staatsvertrages zunächst auszusetzen. Federführend ist der Fachbeirat Glücksspielsucht, dessen Vorsitz Priv.-Doz. Dr. Hans-Jürgen Rumpf, Leitender Psychologe an der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Lübeck, hat.

Speziell die Öffnung des Marktes für Online-Glücksspiele, so die Stellungnahme, weise besondere Suchtrisiken auf. Die Verführung sei besonders hoch, wenn zu jeder Tages- und Nachtzeit vom Smartphone aus gespielt werden kann. Hochrechnungen legten nahe, dass dadurch die Zahl der problematischen und süchtigen Glücksspieler steigen werde.

Der Versuch, Spielerinnen und Spieler dadurch zu schützen, dass sie online nicht mehr als 1000 Euro pro Monat verspielen dürfen, greift aus Sicht der Suchtexperten zu kurz. Zu berücksichtigen sei, dass viele neben den Online-Angeboten auch noch offline spielen, also in der Spielhalle oder im Wettbüro. Zusammengenommen entstünden sehr schnell hohe Verlustsummen, die die Betroffenen in die Schulden treiben und den Teufelskreislauf der Sucht aufrechterhalten.

Die Experteninnen und Experten fordern auch, auf Werbung für Online-Glücksspiele weitestgehend zu verzichten. Die Risikogruppe der Jugendlichen und jungen Erwachsenen fühle sich dadurch besonders angesprochen. Sie bemängeln, dass die Maßnahmen der vergangenen Glücksspielstaatsverträge nicht wissenschaftlich auf ihre Wirkung hin untersucht wurden. Das müsse diesmal anders sein, aber dafür bräuchte man zunächst eine Erhebung des jetzigen Stands, sonst könne man nicht untersuchen, was sich durch die neuen Regelungen ändert.

Priv.-Doz. Dr. Hans-Jürgen Rumpf