1997 rauschte eine Wissenschaftsnachricht durch den medialen Blätterwald: Ist der Herzinfarkt ansteckend? An der Universität Lübeck schaute der "Spiegel" in seiner Ausgabe vom 21. April einem Mikrobiologen über die Schulter und mit ihm ins Mikroskop
Zwei Wochen zuvor waren auf einem internationalen Internistenkongress in Wiesbaden Ergebnisse vorgestellt worden, die in den Augen der Forscher "einen unglaublichen Verdacht in die Nähe der Gewißheit rücken: Der Herzinfarkt ist eine ansteckende Krankheit."
Matthias Maaß befasste sich am Lübecker Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene bereits seit längerem mit dem Bakterium Chlamydia pneumoniae. Es nistet sich, wie er herausfand, in den weißen Blutkörperchen ein - "kapert also", wie der "Spiegel" schrieb, "genau jene Zellen, die eigentlich bösartige Eindringlinge vernichten sollen."
60 bis 80 Prozent aller Fälle von Arteriosklerose, so ein Frankfurter Infektiologe, seien offenbar durch eine Infektion mit dem Bakterium bedingt. Ein Berliner Gefäßspezialist bezeichnete das mörderische Spiel der Chlamydie als "eine der größten medizinischen Überraschungen des Jahrhunderts".
Heute versteht man die Zusammenhänge differenzierter, grundsätzlich aber sind die damaligen Erkenntnisse bestätigt worden, dass Chlamydia pneumoniae für chronische Entzündungen am Gefäßsystem verantwortlich ist, die zum Herzinfarkt führen können.
1997 ging es zunächst darum, in klinischen Studien mögliche Behandlungsstrategien gegen den Erreger zu prüfen. Der "Spiegel"-Beitrag schloss:
"Diese Untersuchungen sollen vor allem klären, welche Patienten von welcher Antibiotikabehandlung profitieren könnten. Mikrobiologe Maaß, der eine Studie mit ein paar hundert Patienten vorbereitet, verbreitet gedämpften Optimismus: 'Selbst wenn unsere Ergebnisse nur einen kleinen Teil der Kranken beträfen, wäre das sensationell.'"
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