Feierliche Verleihung 1965 im Rathaus: Zeichen einer dauerhaften, engen Verbundenheit von Stadt und Universität
Es ist nicht selbstverständlich, und mancher wundert sich vielleicht sogar darüber, dass eine so junge Universität ein so altehrwürdiges Dienstsiegel führt. Wie passt das zusammen? Die Erklärung führt zur zweiten Immatrikulationsfeier der Medizinischen Akademie am 1. Dezember 1965 zurück. Sie fand, noch mit Baretten und Talaren, im Börsensaal des Rathauses statt, und die Lübecker Nachrichten berichteten darüber am nächsten Tag: „Lübecks Medizinische Akademie erhielt ein Dienstsiegel aus dem Jahr 1226“.
Das Siegel wurde dem Dekan der Akademie, Prof. Dr. Rudolf Preuner, von Bürgermeister Max Wartemann im Auftrag des Kultusministers feierlich überreicht. „Lübecks Senat habe sich besonders darüber gefreut, daß das älteste Stadtsiegel Lübecks aus dem Jahr 1226 ausgewählt worden wäre. Das Motiv solle symbolhaft wirken und eine ständige Verbindung zwischen Akademie und Stadt herstellen“, gab der Artikel die Worte des Bürgermeisters wieder.
Prof. Dr. Wolfgang Bargmann, der Rektor der Universität Kiel, verpflichtete die 65 neu immatrikulierten Studentinnen und Studenten in akademischer Tradition. Der Vorteil der jungen Lübecker Akademie sei, dass man es geschafft habe, einen qualitativ hochwertigen Lehrkörper aufzubauen, dass der Lehrbetrieb überschaubar bleibe und dass „der Student ein enges Verhältnis zu seinen Lehrern und den Kranken am Bett eingehen könne.“
Als studentischer Fachschaftsvertreter sprach Dietrich Schröter, der im Jahr zuvor als erster männlicher Student und mit der Matrikelnummer 2 eingeschrieben worden war. Es ist kennzeichnend für seinen ersten Studienjahrgang und die damalige Atmosphäre an der Medizinischen Akademie, dass er sich auch aus heutiger Sicht, nach Abschluss seines eigenen Berufslebens, den Sätzen von Rektor Bargmann vollkommen anschließt: Es sei eine wirklich schöne Studienzeit gewesen!
„Auch in der Improvisation - und vieles damals musste improvisiert werden - wurde hervorragende Medizin patientennah und menschennah vermittelt“, erinnert er sich. „Man kannte jeden, man wurde gekannt: Lehrkörper, Quaestor, Pedell, Büro, Bibliothek.“ Besonders im Gedächtnis ist ihm „der Fackelzug für unseren ersten Dekan Herrn Prof. Dr. v. Massenbach und das ‚Gaudeamus igitur‘ auf dem Rathausmarkt als Anerkennung für seine Verdienste um unsere Akademie.“ Darüber ein andermal mehr an dieser Stelle.
Das alte Siegel ziert auch heute das Logo der Universität. Vielleicht noch mehr als das Turmgebäude, das bauliche Wahrzeichen, werden die beiden abgebildeten mittelalterlichen Seefahrer als wichtiges Identifikationssymbol der Universität empfunden. Als einmal ein Logo-Entwurf ohne die Kogge präsentiert wurde, erhob sich breiter Protest, und die Vorlage musste schnell zurückgezogen werden.
Wer über das Siegel und seine Geschichte ausführlich nachlesen möchte, kann dies übrigens in der 1984 bis 1989 in drei Teilen erschienenen Gründungsgeschichte „Universität – Hanse – Lübeck“ tun. Der Autor ist der oben bereits genannte erste Dekan der Medizinischen Akademie, Rudolf Preuner, zusammen mit seiner Frau Jutta Preuner von Prittwitz. Herausgeber ist die Hochschule mit Unterstützung der Hanseatischen Universitätsstiftung, den Druck besorgten die Graphischen Werkstätten Lübeck.
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